ST. JOHANN-WÜRTINGEN. Aus sechs eigenständigen Gemeinden wurde vor 50 Jahren eine Kommune, schon damals gab es in den Albdörfern eine rege Kunstszene. 1976 schlossen sich die Künstler zum Kreis der Kulturschaffenden St. Johann zusammen und sind bis heute unter dem Dach des Kulturforums aktiv. Da lag es nahe, im Rahmen des 50-jährige Bestehens der Gemeinde auch eine Kunstausstellung zu organisieren. Am Donnerstag wurde sie eröffnet und zahlreiche Gäste waren vor das Rathaus gekommen, um bei Musik, launigen Texten und kurzen Reden die Kunst zu feiern.
Die Tatsache, dass in St. Johann zahlreiche kreative Menschen leben, ist nach Angaben von Bürgermeister Florian Bauer nicht unbekannt. Und dennoch habe man im Vorfeld einen Aufruf im »Blättle« gestartet, sich bei einer Ausstellung einzubringen: »Es gab erfreuliche Rückläufe.« Am meisten überrascht habe jedoch die Existenz von Kurt Holder aus Gächingen, den er aus Anlass seines 90. Geburtstages besucht und sich über die zahlreichen Aquarelle gewundert habe. Ja, die seien von ihm, habe der Senior bestätigt und nun ist er quasi als Spätstarter bei der Ausstellung mit dabei, erstmals sind in St. Johann Bilder Von Kurt Holder zu sehen.
53 Kunstwerke von Inge Dieterich, Clemens Fischer, Jorunn Hamer, Paul Jäger, Wolfgang Jäger, Irene Lindegaard-Hoerner, Horst Reuther, Susanne Wahl und eben Kurt Holder verteilen sich bis 31. Oktober im Rathaus, alle haben mit der Schwäbischen Alb oder St. Johann zu tun – auf den ersten Blick oder erst über Umwege. Der Bürgermeister spricht von einer gelungenen Ausstellung, bei deren Umsetzung vor allem Susanne Wahl federführend beteiligt war. Das Lob könne er durchaus aussprechen, auch wenn er von Kunst eigentlich wenig Ahnung habe: »Ich schaue mir gerne Bilder an«, erklärte Bauer. »Ich werde mir aber nie ein Urteil erlauben.«
Kreativ seien die Menschen aus dem jetzigen St. Johann schon immer gewesen und vor nunmehr fast 50 Jahren schlossen sie sich zur Gruppe der Kulturschaffenden zusammen. »St. Johann wird zur Künstlergemeinde« titelte damals der GEA, daran hat sich laut Freya Fischer bis heute nichts geändert – sie ist es geblieben. Schon immer sei Kunst ein Brückenbauer gewesen, wie sie in ihrer Rede ausführte, und das habe auch die Politik erkannt: Trotz klammer Kassen seien die Künstler von allen bisherigen St. Johanner Bürgermeistern unterstützt worden.
Die Verbundenheit zur Kunst bestätigten die ehemaligen Bürgermeister Raimund Speidel und Eberhard Wolf mit ihrer Anwesenheit bei der Vernissage, was den derzeitigen Amtsinhaber Florian Bauer sehr freute. Das unterstreiche ein Verständnis von Miteinander, das so nicht unbedingt üblich sei. »Ich habe ein angenehmes und kollegiales Verhältnis zu meinen Vorgängern«, betonte Bauer.
»Eigen, garstig – karstig«, seien die Älbler auf den ersten Blick. So hat sie jedenfalls Susanne Wahl in ihrem Text »Albblick« beschrieben, veröffentlicht in ihrem Büchlein »Hirnschreiberei«. Mit ihrem liebevoll-kritischen Blick auf die Älbler brachte die Lonsingerin die Gäste zum Schmunzeln. Freya Fischer forderte sie dazu auf, die Bilder der Ausstellung ganz genau zu betrachten: »Sie werden die Alb neu entdecken, aber auch sich selbst.« Denn: »Bilder und Musik haben ihren eigenen Klang. Sie beleben unsere Seelen seit Urzeiten immer wieder neu.« Für die musikalische Unterhaltung an diesem lauen Sommerabend sorgte Alex Resch mit seinen Klangspielen. (GEA)
Mehr Kunst in St. Johann
Bereits am Samstag, 19. Juli, um 18 Uhr, findet im Turmatelier in Bleichstetten eine Vernissage des Kulturforums mit Werken der erst in diesem Jahr verstorbenen Künstlerin Inge Dieterich statt. Am Freitag, 1. August, organisiert das Kulturforum das joffel25-Festival, das erstmals am Skilift Beiwald stattfinden wird. Ab 18 Uhr dürfen sich die Besucher auf zwölf musikalische Acts freuen. (oech)

