MÜNSINGEN. »Das erste Klezmer-Festival in Münsingen im vergangenen Jahr war ein Versuch – einer, der großen Anklang gefunden hat«, sagt Yannik Krebs, der als Kulturamtschef auch die Münsinger Museen leitet. Die Idee, an eines davon, nämlich das Jüdische Museum in der ehemaligen Bernheimerschen Realschule in Buttenhausen, mit einem ganz konkreten, sinnlich wahrnehmbaren Programm anzuknüpfen, kam so gut an, dass sie nun eine Fortsetzung findet. Von 29. Juni bis 2. Juli sind in der Münsinger Zehntscheuer und in Buttenhausen wieder mehrere Musikgruppen und Künstler zu Gast. Sie werden die jüdische Kultur hör- und sichtbar machen und damit auch Buttenhausens Vergangenheit ein Stück weit in die Gegenwart holen. Neben Konzerten sind auch Führungen, Vorträge und Workshops geplant.
Die Musiknächte im Schweizerhof sind legendär, an sie knüpft das Festival mit seinem hochklassigen Programm an. Eröffnet wird es am Donnerstag, 29. Juni, um 19 Uhr in der Zehntscheuer von der Gruppe Jontef, deren Repertoire die ganze Welt osteuropäischer Klezmer-Musik umfasst – von virtuosen Instrumentalstücken bis hin zu humorvollen oder melancholischen Liedern. Das Klezmer-Quartett wurde 1988, damals noch als Trio, in Tübingen gegründet. Der Name ist Programm: Jontef bedeutet Festtag, es wird musikalisch gefeiert, geliebt, gelitten und versöhnt im jiddischen Schtetl der Vergangenheit.
TICKETS
Tickets für die Konzerte kosten einzeln zehn Euro. Für die Veranstaltungen am Samstag und Sonntag können jeweils auch Tageskarten für 20 Euro erworben werden. Wer an beiden Tagen alle oder mehrere Veranstaltungen besuchen möchte, kann das für 30 Euro unbegrenzt tun. Karten und ausführliche Programme gibt es bei der Touristik-Information in Münsingen. (ma) touristinfo@muensingen.de 07381 182145
Am Freitag, 30. Juni, ist – ebenfalls in der Zehntscheuer – ab 20 Uhr die Band Mesinke zu Gast. Sie spielt modern für Klarinette, Akkordeon, Gitarre, Bass und Schlagzeug arrangierte Klezmer-Stücke und jiddische Songs aus drei Jahrzehnten. Ein Teil des Programms ist komplett neu, es dreht sich um Hedwig Lachmann. Sie wuchs als Tochter des Kantors der jüdischen Gemeinde Krumbach auf, der Heimatstadt von Mesinke. Sie schrieb Gedichte und übersetzte englische Literatur ins Deutsche.
Hinter dem Namen Kapellye Schlosser Hans verbergen sich fünf Musiker aus Reutlingen und Tübingen, die seit 2004 zusammen in typischer Klezmer-Besetzung musizieren. Am Samstag, 1. Juli, spielen sie ab 20 Uhr in der Zehntscheuer traditionelle Stücke, dazu gibt es jiddische Anekdoten, bei denen der legendäre Humor nicht zu kurz kommt.
Vom Schtetl in die USA
Am Sonntag, 2. Juli, wird dann der Bürgersaal in der Bernheimerschen Realschule in Buttenhausen zum Konzertsaal: Das Trio Stella’s Morgenstern gibt dort ab 10.30 Uhr ein Matinee-Konzert. Die Gruppe spielt »new & old jewish folk« und mischt jiddische Musik mit Folk, Country, Blues, Latin, Chansons und Swing. In der Pause sowie auch im Anschluss an das Konzert bewirten Buttenhäuser Vereine im Park der Schule. Den Abschluss der Konzertreihe macht die Gruppe Colours of Life mit einer Reise ins osteuropäische Schtetl, aber auch nach Amerika, das neue Zuhause. Zu dieser Welt gehören auch Lieder aus der Zeit der Verfolgung im »Dritten Reich«. »Tiefe Klage und überschäumende Lebensfreude: Beide haben ihren Ort«, schreibt die Band in ihrer Ankündigung.
Am Samstag und Sonntag sind neben den Konzerten weitere Veranstaltungen rund um die jüdische Kultur zu erleben. Am Samstag führt Bernd Requardt durchs jüdische Museum in der Bernheimerschen Realschule, Treffpunkt ist um 11 Uhr. Um 13.30 Uhr gibt Matthias Schiebe einen Jiddisch-Kurs in der Münsinger Zehntscheuer, wo um 17 Uhr ein Vortrag mit Musik folgt: Professor Jascha Nemtsov, Pianist und Musikwissenschaftler, wird in Wort und Klang aufzeigen, wie traditionelle Klezmer-Musik klassische Komponisten des 20. Jahrhunderts beeinflusst hat.
Im Living Museum Alb in Buttenhausen, einem Begegnungsort für Kunst freunde mit und ohne Behinderung, eröffnet Tobias Christ am Sonntag um 16 Uhr eine Sonderausstellung: Der jüdische Künstler hat mit Künstlern des inklusiven Ateliers in einem Workshop »Zeichen und Symbole« geschaffen, außerdem werden ebenfalls in diesem Kontext entstandene Texte vorgetragen. Die Ausstellung ist bis 29. September zu sehen. Bereits ab 12 Uhr lädt Christ Interessierte zum Kalligrafie-Workshop im Living Museum ein: Teilnehmer haben die Möglichkeit, die 22 Zeichen der hebräischen Schrift mit Tusche und Feder zu schreiben. Ebenfalls am Sonntag, 13.15 Uhr, führt Eberhard Zacher durchs jüdische Museum und gibt auf dem jüdischen Friedhof Einblicke in die jüdische Bestattungskultur. (GEA)