MÜNSINGEN. Eine Halle im Münsinger Industriegebiet verwandelt sich im Februar für drei Wochen in einen Indoor Bike Park. Nach der Eröffnung am 2. Februar steht die mit diversen Hindernissen ausgestattete, rund 400 Quadratmeter große Halle verschiedenen Zielgruppen offen. Neben Schulklassen und Jugendgruppen, die Termine vereinbaren können, gibt es viele Zeitfenster, in denen jeder kommen kann - Familien genauso wie ambitionierte Biker.
Das Gesicht hinter dem Projekt ist Samuel Löffler. Er ist nicht nur Bezirksjugendreferent im Evangelischen Jugendwerk (EJW) Bad Urach-Münsingen, sondern auch passionierter Mountainbiker mit Trainerlizenz. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Um junge Leute nicht nur für die Kirche zu begeistern, sondern überhaupt erst einmal in Kontakt damit zu bringen, gehen Löffler und seine Kollegen ungewöhnliche Wege. »Es geht darum, Kirche in anderen Lebenswelten zu verankern«, sagt Löffler, stellt aber auch klar: »Niemand bekommt hier einen Bibelkurs reingedrückt.«
Von 2. bis 22. Februar geöffnet
Der Pop-up Indoor Bike Park in der Dottinger Straße 57 in Münsingen wird am Sonntag, 2. Februar, um 11.30 Uhr mit einem Gottesdienst eröffnet. Die Predigt hält Pfarrer Philipp Geißler, der als landeskirchlicher Sportbeauftragter den Auftrag hat, die Vernetzung zwischen Kirche und Sport im Land zu intensivieren. Danach gibt es Mittagessen, bis 20 Uhr besteht Gelegenheit, den Parcours auszuprobieren. Danach hat der Bike Park bis 22. Februar zu bestimmten Zeiten geöffnet, die auf der Homepage erfahrbar.info zu finden sind. Wer möchte, darf gerne sein eigenes Mountainbike mitbringen, alternativ stehen die Leih-Bikes des EJW zur Verfügung. Eventuell kann es zu Wartezeiten kommen. Es besteht Helmpflicht, außerdem dürfen Kinder unter 12 Jahren nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten auf die Strecke. Grundsätzlich ist der Parcours für alle Altersklassen und Niveaus geeignet, ein kleinerer Abschnitt ist auch mit dem Laufrad machbar. Zum Chillen und Fachsimpeln ist die »erfahrBAR« da: Sie ist gemütlich mit Sofas und Sesseln eingerichtet, außerdem gibt es dort Snacks und Getränke. (ma)
Sein Kollege und Chef Thomas Traub, der als leitender Jugendreferent hinter dem Projekt steht, betont: »Kirche wird und muss sich verändern, und die Jugendarbeit muss sich der Zeit anpassen.« Seit über 60 Jahren macht das EJW jungen Menschen Angebote. Tischtennis- und Indiaca-Turniere, Zeltlager mit Liederbuch und Gitarre am Feuer, Jugendkreis, Jungschar, Casino-Abend, Konzert: Manches ist als vorübergehende Erscheinung wieder verschwunden, manches hat sich zum Klassiker entwickelt und ist geblieben.
»Kirche wird und muss sich verändern, und die Jugendarbeit muss sich der Zeit anpassen«
Das Bike-Projekt »erfahrbar« liegt irgendwo zwischendrin. Angefangen hat alles im April 2021. Damals ist Samuel Löffler, ausgestattet mit 30 Mountainbikes auf einem Anhänger, zum ersten Mal losgezogen und hat Schulklassen besucht. »Das Trendsportgerät pädagogisch nutzen«: Dieser Plan ist aufgegangen. 450 Jugendliche hat er an insgesamt rund 30 Projekttagen inzwischen erreicht, wobei vor allem die Klassen fünf bis sieben an Real- und Gemeinschaftsschulen angesprochen werden sollen. »An den Gymnasien gibt es in der Regel schon sehr viele Förderangebote«, sagt Löffler.
Mit den Mädchen und Jungen will er über den Eisbrecher Bike in Kontakt kommen. Es geht darum, mit erlebnispädagogischen Elementen sowohl das Gemeinschaftsgefühl als auch die einzelne Persönlichkeit zu stärken. »Im Mittelpunkt steht die Frage: Warum ist die Gruppe mehr als die Summe ihrer Teile?« Aus seiner eigenen Überzeugung und dem kirchlichen Hintergrund seines Jobs macht er keinen Hehl: »Wir verleugnen nicht, dass es die Liebe Gottes ist, die uns antreibt. Aber: Das Angebot ist kein verstecktes Missionieren«, betont er. Wer will, darf mit Samuel Löffler und seinen Kollegen über Gott und die Welt reden, muss es aber nicht - das gilt auch im Pop-up Bike Park in Münsingen, der jedem unabhängig von Bekenntnis und Konfession offen steht.
»Im modularen System können wir unterschiedliche Streckendesigns in verschiedenen Schwierigkeitsgraden realisieren«
So gut das Schulprojekt in den warmen Monaten lief und läuft: Im Winter war unfreiwillig Pause. Um das zu ändern, begann Löffler, die Idee zum Indoor-Bike-Park zu entwickeln. »Wir möchten auch in den Wintermonaten ein verlässlicher Partner für die Schulen in der Region sein«, betont er. Idealerweise gibt's das Angebot jedes Jahr - gerne an wechselnden Orten im Kirchenbezirk. Die Münsinger Halle ist nur gemietet, genauso könnte es auch in anderen Gemeinden künftig sein - vorausgesetzt, das Projekt findet eine dauerhafte Fortsetzung. »Bisher wurde es von der evangelischen Landeskirche über ein Programm für innovative Initiativen gefördert«, erklärt Thomas Traub. »Im Frühjahr 2026 läuft das Programm aus, dann müssen wir andere Wege gehen.«
Die Fahrtechnik-Elemente, mit denen der Parcours ausgestattet ist, können frei auf- und abgebaut werden und funktionieren überall. Entworfen haben die Wellen und Rampen zwei ehrenamtlich Engagierte, die in ihrer Freizeit selbst gerne auf dem Rad sitzen und beruflich als Konstrukteure arbeiten. »Die Elemente werden nach ihren Entwürfen von einer Fachfirma hergestellt, um die Endmontage kümmern wir uns dann wieder selbst«, berichtet der Jugendreferent. »Im modularen System können wir unterschiedliche Streckendesigns in verschiedenen Schwierigkeitsgraden realisieren.«
Allein 25.000 Euro hat das EJW in die Ausstattung der Parcours investiert, die Miete ist da noch nicht dabei. Ohne ehrenamtliche Helfer könnte das EJW den Indoor-Bike-Park auch gar nicht betreiben: Samuel Löffler und ein »Bufdi« werden während der Kernöffnungszeiten von einem Team aus rund zehn freiwilligen Helfern unterstützt, die sich abwechseln. »Das Ehrenamt ist unsere DNA, unser Kern«. Mit im Boot ist auch die Radsportabteilung der TSG Münsingen, sodass sich Löffler auf einen Kreis von rund 25 Unterstützern verlassen kann. (GEA)