Logo
Aktuell Prozess

Hof auf der Alb durchsucht: Was gefunden wurde

Zweiter Verhandlungstag im Verfahren gegen Landwirt: Polizist, Zollbeamter und Behördenmitarbeiter berichten darüber, was sie bei Durchsuchung vorgefunden haben

Die Ohrmarken sind wie ein Personalausweis: So sind Kühe von Geburt bis Schlachtung identifizierbar.  FOTO: STEFFEN/DPA
Die Ohrmarken sind wie ein Personalausweis: So sind Kühe von Geburt bis Schlachtung identifizierbar. FOTO: STEFFEN/DPA
Die Ohrmarken sind wie ein Personalausweis: So sind Kühe von Geburt bis Schlachtung identifizierbar. FOTO: STEFFEN/DPA

REUTLINGEN. Ein anonym eingegangener Hinweis hat Polizei, Zoll und Veterinäre auf den Plan gerufen und 2023 zur Durchsuchung eines Hofs auf der Alb geführt. Der Landwirt muss sich vor Gericht verantworten (der GEA berichtete). Nun sagten ein Polizei- und Zollbeamter, eine Veterinärin und ein Mitarbeiter des Landratsamtes aus. Zwei weitere Zeugen benötigen einen Dolmetscher und werden an einem weiteren Verhandlungstag gehört.

In dem Verfahren geht es um Umwelt- und Tierschutzgesetzverstöße, Urkundenfälschung und bei Sozialversicherungsträgern nicht angemeldete Mitarbeiter, woraus ein Schaden von mehr als 150.000 Euro entstanden ist.

Kühe ohne Ohrmarken

Zeugen, die bei der Durchsuchung des Hofs im April 2023 dabei waren, sagten nun im Prozess gegen den Betriebsleiter aus. Jede Menge Ohrmarken und viele Rinder, die keine oder nur eine Ohrmarke getragen hätten, habe man gefunden, berichtete der Polizist. Auch solche Ohrmarken, bei denen man sehen würde, das sie manipuliert worden seien. Es gebe eigentlich keinen Grund, warum eine so große Menge an Ohrmarken auf dem Hof herumlägen.

Die Ohrmarken sind quasi wie ein Personalausweis, sie identifizieren die Tiere von der Geburt bis zur Schlachtung und zum Metzgereierzeugnis. Die Nummern werden im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere, der HIT-Datenbank, geführt, in der alle »Rinderbewegungen« erfasst werden. Ein Notizbuch mit Aufzeichnungen hätte Ungereimtheiten ergeben, der Verbleib von mindestens einem Rind sei ungeklärt geblieben.

Insgesamt seien 50 bis 60 Kühe nicht ordnungsgemäß markiert gewesen, sagte der Zeuge. Außerdem seien 50 Prozent der Rinder erkrankt gewesen. Zwei Kälbchen seien in schlechtem Zustand gewesen, die ein Beamter mit seiner Dienstwaffe schließlich erschossen habe. Außerdem seien Überreste von toten Kälbern und Rindern ausgegraben worden.

Die über die Mitarbeiter erfassten Informationen habe die Polizei an den Zoll weitergegeben. Der Beamte sagte aus, dass der Landwirt über Lohnabrechnungen Bescheid gewusst haben müsse, es wurden auch WhatsApp-Nachrichten ausgewertet.

Insgesamt 14 Mitarbeiter seien nicht ordnungsgemäß angemeldet worden, die Buchhaltung hätte eine Verwandte gemacht, aber auch der Landwirt selbst. Einige auf dem Hof untergebrachte Mitarbeiter habe der Angeklagte außerdem nicht nach Mindestlohn bezahlt. »Er kannte seine Arbeitgeberpflicht«, sagte der Beamte. Es sei davon auszugehen, dass der Landwirt seinen Gewinn habe optimieren wollen.

Die Zeugin, die mit der Buchführung betraut war, machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Zwei weitere Zeugen, Mitarbeiter des Landwirts, fühlten sich ohne Dolmetscher nicht in der Lage, vor Gericht auszusagen. Ihre Vernehmung wurde auf einen der nächsten Verhandlungstage verschoben, ein Dolmetscher wird bestellt.

Nachdem am ersten Verhandlungstag bereits zwei Amtsveterinäre aussagten, wurde eine Veterinärin einer weiteren Behörde gehört, die ihre Reutlinger Kollegen am Tag der Durchsuchung unterstützte. Im Jungviehbereich, wo sie zunächst eingesetzt gewesen sei, habe es keine großen Auffälligkeiten gegeben. Danach war sie auch bei Milchviehherde und Kälbern. Bei vielen Tieren sei die Klauengesundheit schlecht gewesen, viele seien auch im Ernährungszustand reduziert gewesen. Ob und wie die erkrankten Kühe behandelt worden seien, dazu konnte sie keine Aussage machen. Die eine oder andere Kuh habe nur eine Ohrmarke getragen, das sei aber ganz normal.

Exkurs in Kennzeichnung von Tieren: Sie erläuterte dem Gericht auch noch einmal, wie die Daten in der HIT-Datenbank erfasst werden, welches Verfahren greift, wenn die Informationen nicht vollständig sind. Und eigentlich sei es im Interesse des Landwirts, ein Tier mit Ohrmarke an Viehhändler, Schlachthof oder Tierkörperbeseitigungsanlage abzugeben. Sie erklärte auch, dass es zuvor Ermittlungen gegen einen Viehhändler gegeben habe, in dem Zusammenhang sei auch der nun angeklagte Landwirt »in Erscheinung getreten«.

Silosaft versickert

Als weiterer Zeuge wurde ein Mitarbeiter des Umweltschutzamtes gehört, der über Verstöße beim Betrieb von Silos aussagen sollte. Vorgeworfen wird dem Landwirt, dass er ein Fahrsilo überfüllt, ein weiteres, dessen Betrieb untersagt war, befüllt habe. Es seien Sickersäfte ausgetreten und in die Versickerungsmulde gelaufen, die zur Aufnahme von Oberflächenwasser bestimmt ist. So sollen wassergefährdende Stoffe in den Boden des dortigen Wasserschutzgebietes gelangt sein. Proben hätten hohe Werte ergeben. Auflage der Behörde war, das unerlaubt befüllte Fahrsilo zu räumen. »Wir sind auf dem Stand, dass das Fahrsilo nicht genutzt wird«, sagte der Zeuge. Weitere Auflage: die Versickerungsmulde zu beräumen und zu ertüchtigen. Das solle im April/Mai in diesem Jahr umgesetzt werden. Weitere Angaben konnte der Zeuge nicht machen.

Der Prozess wird fortgesetzt. (GEA)