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Aktuell Brauchtum

Häsabstauben in der Region: Noch acht Wochen bis zur Fastenzeit

In den meisten Narrenzünften sind an Dreikönig die Häser und Masken aus den Schränken geholt und die Neulinge getauft worden

Abendliche Narrenpolonaise bei den Lichtensteiner Krautscheißern und Kochhafen. FOTO: MEYER
Abendliche Narrenpolonaise bei den Lichtensteiner Krautscheißern und Kochhafen. FOTO: MEYER
Abendliche Narrenpolonaise bei den Lichtensteiner Krautscheißern und Kochhafen. FOTO: MEYER

LICHTENSTEIN/SONNENBÜHL. Vor lauter Fasnetsgedöns geht leicht der Hintergrund verloren, was sich da gestern eigentlich landauf landab abgespielt hat – oder haben sollte: Epiphanias, Tag der Erscheinung, das zweitälteste Fest der Christen – am Montag wurde es zeitgleich mit dem orthodoxen Weihnachtsfest begangen. Der Dreikönigstag erinnert an den Besuch der Weisen aus dem Morgenland bei Jesus an der Krippe – und damit an das Erscheinen Gottes in der Welt. Gestern endete nach 56 Tagen die adventliche erste Fastenzeit, die am Martinstag begann, weswegen am 11.11. in Karnevalshochburgen nochmal ordentlich gefeiert wird. Gefastet wird heute kaum noch, eher Innegehalten.

Im schwäbisch-alemannischen Raum hat sich das Fastenende am 6.1. mit dem Häsabstauben jedenfalls als vielgestaltiger Brauch über die Jahrhunderte erhalten: dem symbolischen Säubern der eingemotteten Narrenkleider nebst Masken – und der rituellen Aufnahme von Neumitgliedern in die Narrenzünfte.

Mit Musik geht alles besser: Undinger Bärafezzer eröffnen die fünfte Jahreszeit. FOTO: MEYER
Mit Musik geht alles besser: Undinger Bärafezzer eröffnen die fünfte Jahreszeit. FOTO: MEYER
Mit Musik geht alles besser: Undinger Bärafezzer eröffnen die fünfte Jahreszeit. FOTO: MEYER

Mit dem kirchlichen Hintergrund, dem fixen Beginn der Fasnetszeit, die bis zur nächsten, vorösterlichen Fastenzeit dauert, nehmen es viele neuere Narrengruppen allerdings nicht immer genau. Schon gar nicht in Landstrichen, die seit bald vierhundert Jahren evangelisch sind und wo man klargestellt hat, dass nirgend in der Bibel vom verpflichtenden Fasten die Rede sei. Trotzdem sollte das Häsabstauben nicht bereits am Vortag dafür herhalten, angeblich den gerade erst begonnenen Winter zu vertreiben. Ganz abgesehen davon, dass man im Land der Skilifte, Loipen und Schlittenbuckel froh sein müsste, schneereiche Wochen zu haben.

Die Krautscheißer brachten 1988 das zarte Pflänzchen der Fasnet von der Hayinger Alb hinab ins protestantisch, von jeglicher Narretei entwurzelte Unterhausen. Absolut traditionsbewusst ist die »Häsentstaubung« (mit Regenhilfe) an der Uhlandschule über die Freilicht-Bühne der Grundschule gegangen.

Gehört auch zur Fasnet: Szenisches Fastnachstspiel bei den Krautscheißern in Lichtenstein. FOTO: MEYER
Gehört auch zur Fasnet: Szenisches Fastnachstspiel bei den Krautscheißern in Lichtenstein. FOTO: MEYER
Gehört auch zur Fasnet: Szenisches Fastnachstspiel bei den Krautscheißern in Lichtenstein. FOTO: MEYER

Gefühlt ganz Lichtenstein kam zum aufwändig mit kostümierten Narrenspielszenen geschilderten Erwecken der Figuren. Neben Kochhafen und Schalmeienkapelle reihten sich in der einstündigen Sause auch Gäste ein: Die Wurz’lsepp-Buben und Schlosswölfe mit Showtänzen, die Burgstoi-Hexa mit Akrobatik. Der Auftakt hatte alles, was Fasnet ausmacht.

Sich an der Fasnet zum Affen respektive zum Narren machen lassen – derartige Demütigungen müssen allerorts die angehenden Hästräger über sich ergehen lassen. Das ist auch bei der Sonnenbühler Karnevalsgesellschaft nicht anderes. Auch deren Häsgruppen-Ableger haben sich den Ortsnecknamen als Vorlage ihrer Fasnetsfiguren-Geschichte erwählt. Die wird schnell erzählt: Ein ehemaliger Bach, der durch den Ort floss und zufror, wurde aufgetaut, indem die Bewohner brennendes Stroh auf das Eis legten. So erhielten die Undinger ihren Spottnamen Bach a’Brenner.

Sich zum Narren machen lassen: In Undingen werden die neuen Strohweiber getauft. FOTO: MEYER
Sich zum Narren machen lassen: In Undingen werden die neuen Strohweiber getauft. FOTO: MEYER
Sich zum Narren machen lassen: In Undingen werden die neuen Strohweiber getauft. FOTO: MEYER

Jedenfalls hat die Undinger Maske flammende Augenbrauen und Wassertropfen auf dem Gesicht. Die »Strohweiber«, die 2012 als Gruppe hinzukamen und Teil der Dorflegende sind, setzen sich naturgemäß aus Frauen zusammen. Vier rücken nun nach, dazu acht männliche Bach a’Brenner. In Undingen werden die Hästrager-Anwärter »Frischlinge« genannt. Sie kommen aus fasnetsarmen Flecken wie Willmandingen, Erpfingen oder gar Holzelfingen.Lustiges AufnahmeritualUnd da galt es am Sonntagabend unter dem noch leuchtenden Weihnachtsbaum einige gar lustige Sauereien über sich ergehen zu lassen. Das Aufnahmeritual für den volljährig gewordenen Nachwuchs bestand aus kurzweiligen Trink-, Ess- und Singspielen. Zur Erheiterung eines 120-köpfigen Publikums auf dem Rathausplatz machte auch die Guggamusik Bärafezzer ihrem Namen alle Ehre.

Mit lustigen Trink- und Singspielen werden in Undingen die Frischlinge aufgenommen. FOTO: MEYER
Mit lustigen Trink- und Singspielen werden in Undingen die Frischlinge aufgenommen. FOTO: MEYER
Mit lustigen Trink- und Singspielen werden in Undingen die Frischlinge aufgenommen. FOTO: MEYER

Und das wird nun die nächsten acht Wochen, bis Aschermittwoch so weitergehen, wo bekanntlich für 40 Tage wieder alles vorbei sein wird. Für Leute, die Festen mit kirchlich-religiösem Hintergrund nicht viel abgewinnen können, beginnen schwere Wochenenden. (GEA)