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Aktuell Prozess

Geld aus Vereinskasse veruntreut: Mann in Münsingen verurteilt

Münsinger Amtsrichterin verurteilt 61-Jährigen zu einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung

Ein ehemaliger Kassierer eines DRK-Ortsvereins hat mit Geld vom Vereinskonto Lotto gespielt, angeblich um mit dem Gewinn ein neu
Ein ehemaliger Kassierer eines DRK-Ortsvereins hat mit Geld vom Vereinskonto Lotto gespielt, angeblich um mit dem Gewinn ein neues Vereinsheim zu finanzieren. FOTO: LENK
Ein ehemaliger Kassierer eines DRK-Ortsvereins hat mit Geld vom Vereinskonto Lotto gespielt, angeblich um mit dem Gewinn ein neues Vereinsheim zu finanzieren. FOTO: LENK

MÜNSINGEN. Staatsanwältin Schmid war richtig sauer. »Wenn man so einen Scheiß macht, dann macht man alles zunichte, das Vertrauen ist weg.« Harte, aber zutreffende Worte Richtung des Angeklagten vor dem Amtsgericht Münsingen, der als Kassier eines der 18 DRK-Ortsvereine im Landkreis Reutlingen Gelder veruntreut hat. Der Imageschaden sei enorm, fügte die Vertreterin der Anklage hinzu. Man müsse sich nicht wundern, wenn die Spendenbereitschaft für diese »wichtige Hilfsorganisation« jetzt nachlasse. Das sei sehr schade, »wir sind auf diese ehrenamtlich arbeitenden Menschen angewiesen«.

Mehr als drei Jahrzehnte lang hatte sich der heute 61-Jährige in einem Ortsverein auf der Albhochfläche um die Finanzen gekümmert. Zuerst 20 Jahre als Kassenprüfer, anschließend elf Jahre lang als Kassier. Laut Anklage hat er zwischen 2019 und 2023 rund 14.500 Euro in 40 Fällen veruntreut. Das bestätigte der Abteilungsleiter Finanzen beim DRK-Kreisverband Reutlingen, der »Ungereimtheiten« in den Büchern ansprach, die bei einer Überprüfung ans Tageslicht gekommen waren. So konnten zum Beispiel Bargeldabhebungen vom Vereinskonto nicht nachvollzogen werden. Der Präsident habe deshalb Anzeige erstattet.

10.000 Euro fürs Lottospielen

Von insgesamt 40 Fällen räumte der Angeklagte sieben mit einer Gesamtsumme von knapp 10.200 Euro ein. Das Geld stammte vom Girokonto und den Bareinnahmen von Festen, die der Verein veranstaltet hatte. Die restlichen 4.300 Euro habe er im Lauf der Jahre in erster Linie in Baumärkten für Werkzeuge, Material, Schrauben und sonstige Gegenstände ausgegeben, die er für die Instandhaltung des Vereinsheims und für Reparaturen benötigt habe. »Ich habe nebenher als eine Art Hausmeister im Verein gearbeitet«, gab er zu Protokoll.

Warum er alle diese Gegenstände im privaten Keller gelagert habe, wurde nachgefragt. »Weil im DRK-Heim kein Platz mehr war«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Dass anscheinend Belege fehlten, wollte er indes nicht gelten lassen. »Die liegen irgendwo zu Hause.«

Rund 10.000 Euro habe er fürs Lottospielen verwendet, räumte der Angeklagte im Prozess ein. »Nein, ich bin kein Spieler, auch kein Zocker«, beteuerte der 61-Jährige, der seit drei Jahren von Bürgergeld und einem Minijob lebt. »Ich hoffte auf einen großen Gewinn, den ich dann für ein neues Vereinsheim und ein neues DRK-Fahrzeug verwendet hätte. Ich wollte mich selbst nie bereichern«. Ob er das der Vereinsführung mitgeteilte habe, fragte Richterin Julia Felbinger nach. »Nein«, antwortete der ehemalige Kassier, »das sollte eine Überraschung werden«. Die entsprechenden Baupläne für den Neubau hatte er bereits angefertigt und zeigte sie dem Gericht.

Die Chance, einen Sechser mit Superzahl im Lotto zu haben, beträgt 1:139.000.000, gab die Staatsanwältin zu bedenken. »Ich habe es gut gemeint«, sagte der Älbler mit gesenktem Kopf. Das sei auch der Grund gewesen, weshalb er nur das Girokonto und die Kasse mit dem Bargeld angezapft habe. »Vom Spendenkonto habe ich die Finger gelassen.«

Eigentlich wollte der Vereinsvorsitzende die ganze Angelegenheit außergerichtlich regeln. »Aber das wollte der Kassier nicht«, sagte der örtliche DRK-Chef aus. Er räumte ein, dem langjährigen Mitglied vertraut zu haben, auch die Kassenprüfer, die sich viele Jahre lang nur die Kassenbücher, nicht aber die Belege, zeigen ließen. »Das war unser Fehler«, gab der Vorsitzende zu. Er habe daraus gelernt. Vom Nachfolger des inzwischen aus dem Verein geworfenen Kassiers lasse man sich jetzt jeden Beleg und jede Buchung zeigen.

Termine bei Schuldnerberatung

Auch wenn der 61-jährige Übeltäter bis heute 6.300 Euro durch den Verkauf des eigenen Autos und einen Überziehungskredit zurückbezahlt hat, könne der DRK-Ortsverband »keine großen Sprünge machen«, so der Vorsitzende. »In unserer Kasse klafft ein großes Loch.«

»Aus prozessökonomischen Gründen« beschränkte sich die Vertreterin der Anklage in ihrem Plädoyer auf die sieben vom Kassier zugegebenen Vorwürfe der Untreue mit einem Schaden in Höhe von 10.200 Euro. Das Lottospielen tat sie als »absurde Schutzbehauptungen« ab und sprach vielmehr von »gewerbsmäßiger Untreue«, da der Angeklagte, »der in einer Traumwelt lebte«, immer knapp bei Kasse gewesen sei.

So sah es auch Richterin Felbinger. Sie verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. Außerdem muss er die restlichen 3.900 Euro, die noch zur Schadenswiedergutmachung fehlen, zurückbezahlen, 120 Stunden unentgeltliche gemeinnützige Arbeit ableisten und sich drei Termine bei der Schuldnerberatung geben lassen. (GEA)

IM GERICHTSSAAL

Richterin: Julia Felbinger Staatsanwältin: Frau Schmid Pflichtverteidiger: Harald Lorenz