SONNENBÜHL. Dass Alexander Gräff es aus gesundheitlichen Gründen nicht aufs GEA-Wahlpodium geschafft hat, tat der Stimmung in der Sonnenbühler Sporthalle in Genkingen keinen Abbruch. So blieb auf dem Podium mehr Platz und mehr Redezeit für Nadine Carle, Gerrit Elser und Michael Schmidt sowie GEA-Redakteurin und Moderatorin Cordula Fischer. Cordula Fischer betreut für die GEA-Alb-Redaktion Sonnenbühl, ist also gut im Stoff - was man ihren Fragen anmerkte. Für die Wähler war entscheidend, ob ihre Kandidaten sich in der Gemeinde genauso gut auskannten.
Nach der kurzen Vorstellung der Bewerber - Nadine Carle ist Gemeinde- und Ortschaftsräten in Sonnenbühl, Gerrit Elser saß bereits von 1999 bis 2009 auf dem Bürgermeisterstuhl, Michael Schmidt arbeitet in der Zentralstelle des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes, die Kandidaten wurden im GEA bereits ausführlich vorgestellt - ging es in die Aufwärmrunde. Mit vier lockeren Fragen fernab der Politik: Fischer wollte wissen, wie gut sich die drei an ihrem künftigen Arbeitsplatz auskennen. Und setzte sie dazu auf den Stuhl von Amtsinhaber Uwe Morgenstern, alle fühlten sich nach eigenem Bekunden wohl in dem schwarzledernen Stück.
Seit wann ist Erpfingen Luftkurort? Seit 1978, erinnerte Michael Schmidt. Wie wird in Sonnenbühl gewählt? Mittels der unechten Teilortswahl, wusste Gemeinderätin Nadine Carle. Welches exotische Luxusgewürz wird hier angebaut? Der Safran, antwortete Feinschmecker Gerrit Elser. Der auch gern seinen Wettbewerbern auf die Sprünge half, in Sachen Ortskenntnis war der Alt-Bürgermeister nicht zu toppen. Bei der Frage, wer auf dem Brunnen vorm Rathaus dargestellt wurde, musste allerdings nicht nur Schmidt passen, auch der Publikumsjoker stach nicht. Tatsächlich stehen die vier Figuren für die vier Teilorte.
Dann wurde es konkreter und auf den Podiumsstühlen unbequemer als auf dem Bürgermeistersessel. Welche Themen die Sonnenbühler umtreiben, hatte Redakteurin Cordula Fischer in vielen Gesprächen ausgelotet. So ist etwa Wohnraum knapp. Gerrit Elser will die laufenden Planungen für die zwei Baugebiete im Werden, Filz II und Asch, möglichst schnell konkretisieren, darüber hinaus aber auch die Brachen und Leerstände in den Ortszentren bewohnbar machen. Dabei müsse die Gemeinde sich Gedanken machen, wie sie den Eigentümern unter die Arme greifen könnten, ergänzte Nadine Carle, etwa durch Hilfestellung bei der Auswahl geeigneter Programme oder bei der Beantragung von Fördermitteln. Michael Schmidt ist kein Freund der Grundsteuer C - eine erhöhte Steuer auf unbebaute Grundstücke als Bebauungsdruck zu setzen. Der Spielraum im Einzelfall werde genommen, außerdem sei zu dem Thema noch einiges auf dem Klageweg. Auf die Eigentümer zugehen, auch mal »penetrant und nervig sein«, hält er für den besseren Weg.
»Wirtschaft ist Chefsache und Sonnenbühl braucht Jungunternehmer, Start-ups und Hightec «
Reden will Schmidt auch mit Unternehmen, Wirtschaft sei Chefsache, es gehe um bessere Vernetzung. Der Fachmann aus dem Ministerium will Jungunternehmer, Start-ups, Hightec-Arbeitsplätze auf die Alb locken. Zurzeit gibt es praktisch keine freien Gewerbeflächen im Ort, weiß Carle. Deshalb gehe es darum, schnell mit Grundstücksbesitzern in Kontakt zu treten, Möglichkeiten auszuloten und neue Planungen im Gemeinderat voranzubringen. Agieren, nicht reagieren, will Elser. Aktiv Grund erwerben und die Verwaltung als Dienstleister der Wirtschaft zur Verfügung stellen, Firmen begleiten, darauf setzt der Altbürgermeister. Und es gehe nicht nur um die Gewerbesteuer, Arbeitsplätze seien letztlich wichtiger für eine blühende Kommune, da war sich das Trio einig.
»Wichtig ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, darauf müssen sich die Familien verlassen können«
Wo es Arbeit gibt, braucht es Kinderbetreuung, für die Einrichtungen Mittel und Fachkräfte. Um die zu gewinnen und zu halten, seien weiche Faktoren wichtig, so Schmidt. Das Entgelt sei überall gleich, und die Erzieherinnen »können es sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen«, schlug Elser in dieselbe Kerbe. Wichtig sei die Vereinbarung von Familie und Beruf. Das habe man noch nicht geschafft, weiß Carle, die Richtung sei mit der 2026 kommenden verpflichtenden Ganztagsbetreuung zwar vorgegeben. Aber die Familien müssten sich darauf verlassen können, dass sie Entlastung bekommen, »auch für die Geschwisterkinder«.
Tourismus hat in Sonnenbühl einen hohen Stellenwert. Das sollte nicht nur im Luftkurort Erpfingen so sein, meinte Elser. Wo das Ostereimuseum steht und nicht so genutzt wird, wie es Carle gern sehen würde. Was machen wir damit, vielleicht könne man sich auch von Gebäuden trennen. Schmidt schlug die Brücke zum Biosphärenbeitritt. Hier sieht er Chancen etwa im Marketing oder für diverse Fördermittel: »Aber nicht mit der Gießkanne rangehen«, ohne Eigenmittel gehe ja nichts, ein Gesamtkonzept müsse her, dazu brauche es auch keine teuren Gutachten.
»Wer die Regionalstadtbahn mitfinanziert, sollte auch etwas zurückbekommen«
Redakteurin Fischer hat ihr Ohr an den Bürgern, deren Ohren sind verkehrslärmgeplagt. Was kann man tun? Tempo 40 - Tempo 30 wolle keiner, glaubt Elser, Geschwindigkeitsbegrenzungen seien das Einzige, was schnell hilft, so Schmid - einführen, bei Sanierungen auf Flüsterasphalt setzen. Eine Umgehungsstraße werde nicht kommen, weiß der Ministeriale Schmidt. Einig waren sich die drei darin, dass bei der Zusammenarbeit etwa mit dem Landratsamt sich die Räder zu langsam drehen. Ähnlich sieht es beim ÖPNV aus, »seit 15 Jahren keine Änderung«, sagte Carle. Wenn man die Regionalstadtbahn über die Kreisumlage mitfinanziere, dürfe man auch was zurückbekommen, so Elser.
Auf alle Fragen kann hier nicht eingegangen werden. Die kommunalen Finanzen waren ein weiteres Thema, Bürgernähe und Erreichbarkeit der Verwaltung als Dienstleister nicht nur fürs Gewerbe - siehe oben - sondern vor allem für die Bürger. Und das Ehrenamt stand auf dem Programm. In der Bürgerfragerunde ging es um Gesundheitsvorsorge, Defizite im Energiesystem oder Carsharing. Mehr Bürgerbeteiligung wurde angesprochen nebst Einbindung der Jugend oder auch das Thema Funklöcher.
Die letzte Frage lautete: »Wie sieht Ihre Vision aus, wie soll Sonnenbühl nach Ihren acht Jahren Amtszeit aussehen?« Michael Schmidt wünscht sich, dass man im Jahr 2034 sagt: In den Ortsteilen hat sich was getan. Das Tourismuskonzept kann sich sehen lassen, für Besucher und die Sonnenbühler. Und »du kannst deine Kinder jederzeit in die Kigas bringen.« Nadine Carle will eine familienfreundliche Gemeinde mit verlässlicher Kinderbetreuung auch in den Ferienzeiten. Dass in Sonnenbühl Familien gerne Urlaub machen. Und mehr Beteiligung der Bürgerschaft. Sonnenbühl soll Wohlfühlgemeinde bleiben, wünscht sich Gerrit Elser, in der alle Bürger gute Ansprechpartner haben. Dass die Gemeinde bei Zukunftsthemen agiere, nicht reagiere, und er will das Ehrenamt und Bürgerbeteiligung auf den richtigen Weg bringen.
Alles in allem haben sich die drei Kandidaten auf dem Podium gut geschlagen, Antworten zu GEA- und Bürgerfragen blieb keiner schuldig. Die drei haben unterschiedliche Hintergründe, unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Ansätze. Jetzt ist es an den Wählern zu entscheiden, wem sie die besseren Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zutrauen. (GEA)

