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Günther Weber veröffentlicht Buch mit Kurzgeschichten

Kariertes Hemd, kräftige Statur, weißer Bart, Hosenträger: So sieht der Prototyp eines Bäckers aus. So sieht Günther Weber aus, so kennt man den Holzofenbäcker vom Loretto-Hof. Noch etwas besser kann man ihn als Mensch kennenlernen in seinem neuen Buch »Brösel«.

Das Leben vor und nach dem Holzofen: Günther Weber vom Loretto-Hof hat ein Buch mit Kurzgeschichten veröffentlicht.
Das Leben vor und nach dem Holzofen: Günther Weber vom Loretto-Hof hat ein Buch mit Kurzgeschichten veröffentlicht. Foto: Cordula Fischer
Das Leben vor und nach dem Holzofen: Günther Weber vom Loretto-Hof hat ein Buch mit Kurzgeschichten veröffentlicht.
Foto: Cordula Fischer

ZWIEFALTEN-LORETTO. Wie viele Tonnen Teig seine Hände geknetet und zu Brotlaiben geformt haben? Das lässt sich nicht beziffern. Bekannt geworden ist Günther Weber als der Holzofenbäcker vom Loretto-Hof, nachdem sein erstes Buch »Gut Brot will Weile haben« erschienen ist. Mittlerweile hat er seine Bäckermütze an den Nagel gehängt, Mehl mit Tinte, Ofen mit Papier und Brotschieber mit Stift getauscht und widmet sich dem Schreiben. Günther Weber hat mit »Brösel« sein drittes Buch veröffentlicht, das eine andere Seite des Mannes vom Loretto-Hof zeigt.

Das Schreiben ist Günther Weber nicht fremd. Er wollte sogar mal Journalist werden, aber der berufliche Werdegang führte in die Backstube. Geschrieben hat er trotzdem, immer mal wieder. Und auf dem Loretto-Hof hat er die Kundenzeitschrift »Die Holzofenbäckerblume« verfasst - tut es seit 2002 auch noch heute immer in der Winterpause der Bäckerei, die Günther Weber und seine Frau vor vier Jahren an Stefan Mai und seine Frau, Konditorin Swetlana Mai, übergeben haben. Immer im Frühjahr erscheint »Die Holzofenbäckerblume« - unser Lebenszeichen, dass wir immer noch da sind -, darin seine Gedanken, Wissenswertes, persönliche G’schichtle und ein selbst ausgetüfteltes Kreuzworträtsel. Fast zeitgleich ist nun auch »Brösel« auf dem Markt.

Der (Elektro-)Ofen bleibt kalt

Brösel: Günther Weber schaut verschmitzt hinter seinen Brillengläsern hervor. »Ich habe lange über einen passenden Titel nachgedacht.« Er sollte schon etwas mit dem Bäckerthema zu tun haben, aber auch darüber hinausgehen und auf mehreren Ebenen deutbar sein. »Brösel« ist auch eine der Kurzgeschichten überschrieben. Dazu kommt der Untertitel »Ein Leben vor und nach dem Holzofen«. Denn, was Günther Weber nicht wollte, war, ein neues Backbuch zu verfassen. Das gibt's ja schon, mittlerweile in der siebten Auflage. Wobei er es schaffte, auch in sein Erstlingswerk zwei seiner Geschichten einzuschmuggeln. Also Backbuch: nein. »Ich backe ja auch nicht mehr«, sagt er. »Nur noch ganz selten.« Für Familienfeiern. Sonst bleibt der (Elektro-)Ofen kalt. Zwar gibt er noch dann und wann Backseminare wie in diesem Winter in seiner alten Heimat im Remstal. Aber sein Leben hat sich verändert. Alles hat seine Zeit.

Was er auf Reisen in fremde Länder und in der Einöde auf der Alb erlebt hat, hat er bereits in seinem zweiten Buch »Zopfbrot mit Blaulicht« erzählt, zu dem sein 17 Jahre jüngerer Bruder Rainer Zeichnungen beigesteuert hat, garniert wurde das alles noch mit Rezepten. Und vieles hatte dann doch mit dem Backhandwerk zu tun. Aber Weber, der sich in Schreibwerkstätten das Handwerkszeug für seine literarischen Werke angeeignet hat, fühlte die Berufung, die Sammlung seiner Geschichten zu vergrößern und sie einem breiteren Publikum als nur den Lesern seiner »Holzofenbäckerblume« zum Schmökern anzuempfehlen. Denn er hat noch so viel mehr zu erzählen, als über seine Jahre als »Kultbäcker«, wie er oft genannt wird. »Das höre ich nicht so gern«, sagt er, »man hat ja als Mensch auch noch andere Seiten als seinen Beruf.« Einen Beruf, den er gleichwohl mit großer Hingabe ausgefüllt hat.

Webers Ausrüstung: Papier, Bleistift, Radiergummi

Viele Geschichten hat Günther Weber in der Schublade liegen. Viele hat er während der vergangenen drei bis vier Jahre niedergeschrieben, erlebt hat er sie meist viel früher. Manchmal - es bedarf nur des Zurufs eines Worts, vielleicht auch eines Geruchs, eines Geräuschs, eines Namens oder einer Situation - treten Erinnerungen vor sein geistiges Auge, und dann muss er sich hinsetzen und das Erlebte, seine Erinnerung notieren. Papier, Bleistift und ein Radiergummi auf dem Tisch. Na gut, auch den Computer nutzt er dann und wann. »Es ist manchmal verblüffend, wie detailliert ich dann alles erinnere.« Kurzgeschichten - das sind nicht die Renner auf dem Buchmarkt. »Regio-Krimis hätte ich bei drei Verlagen veröffentlichen können, da ist der Markt unersättlich«, sagt der Autor. Ein Glücksfall, dass er mit dem noch jungen Verlag Molino aus Sindelfingen einen Partner gefunden hat, der diesen Weg mit ihm gegangen ist. »Er schreibt mit neugierigen Augen, einem Gespür für das überraschende Detail, bisweilen auch mit stöbernder Fantasie und oft mit einem Augenzwinkern, was ihm in seinem Leben auf der gewundenen Nebenstrecke so alles aufgefallen und eingefallen ist«, informiert der Verlag. Er schöpfe aus der großen Fülle dessen, »was ich erlebt habe und wie ich daraus hervorgegangen bin«, sagt Günther Weber.

Das Cover des dritten Buchs von Günther Weber. »Brösel - Ein Leben vor und nach dem Holzofen« von Günther Weber ist im Molino Ve
Das Cover des dritten Buchs von Günther Weber. »Brösel - Ein Leben vor und nach dem Holzofen« von Günther Weber ist im Molino Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich: ISBN 978-3-948696-92-4. Auch auf dem Loretto-Hof ist es käuflich zu erwerben - auf Wunsch vom Autor signiert. Foto: Verlag
Das Cover des dritten Buchs von Günther Weber. »Brösel - Ein Leben vor und nach dem Holzofen« von Günther Weber ist im Molino Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich: ISBN 978-3-948696-92-4. Auch auf dem Loretto-Hof ist es käuflich zu erwerben - auf Wunsch vom Autor signiert.
Foto: Verlag

Natürlich geht es um seine Jahre als Bäcker in der Kollektiv-Bäckerei in Winnenden, des ehemaligen Betriebs seines Vaters, den Aufbruch zu etwas Neuem, natürlich auch um die Zeit auf Loretto, wo er, seine Frau und seine Schwägerin 1997 Wurzeln geschlagen haben. Aber eben noch um so vieles mehr. Seine »Wanderjahre« beziehungsweise die Reisen durch Afrika und Südamerika, um seine »bewegte« Jugend Ende der 1960er-Jahre, die Schulzeit, die Schreibwerkstätten, den Ruhestand und noch so vieles mehr. Eben alles, was zu dem Mann, der der Loretto-Bäcker war, gehört. Fast eine Biografie, könnte man meinen, beginnend mit seiner Geburt im Jahr 1954. Alles auf jeden Fall zu 100 Prozent Günther Weber. Wahr - nicht alles. »Aber was heißt schon wahr? Es ist so, wie es durch meine Erinnerung hindurchgesickert ist.« Manche Brösel bleiben eben im Sieb hängen, durch das das Mehl geschüttelt wird. Und aus manchen Brot-Bröseln wird durch Zugabe von ein paar Zutaten ja auch etwas Neues.

Post vom Ehemaligen Bäcker an sich selbst

Als nun also der fertige Neuling druckfrisch vom Postboten gebracht wurde, »war das ein Kreißsaalgefühl«, sagt Günther Weber augenzwinkernd. Diesem Moment fieberte er entgegen, so heiß darauf wie der angefeuerte Holzofen, das Taschenbuch »mein Buch« in Händen zu halten. Jedes der sechs Kapitel mit insgesamt 67 Kurzgeschichten - mal dramatisch, mal lustig, mal emotional, mal ironisch, mal ernst, mal berührend, mal skurril - beginnt mit einem »Brief an mich selbst«: zur ersten Lebenswoche, zum 18., 27., 43. und 67. Geburtstag, Daten, die neue Lebensabschnitte markieren. Darin tritt Günther Weber sich selbst gegenüber. Zum 67. Geburtstag schreibt er sich: »Und die neuen Knie werden dich über die 50 Wege tragen, die dir jetzt immer noch offen stehen. Dreiundvierzig davon haben mit Schreiben und Lesen zu tun, die anderen sieben sind: Enkel Emil tätscheln, Kochen, Malen, Fußball gucken und drei, die ich auch noch nicht kenne.«

Sommerliches Kulturprogramm unter der Loretto-Linde

Drei Veranstaltungen hat Günther Weber unter der Loretto-Linde geplant. Los geht das Kulturprogramm am Samstag, 21. Juni um 15 Uhr. Dann liest Günther Weber aus seinem neuen Buch »Brösel«. Die Rottumtaler Alphornbläser gestalten den passenden musikalischen Rahmen dazu. Der Eintritt kostet 13 Euro. Der Erlös kommt einem Projekt zur Förderung der jugendlichen Lesensfreude in der Stadtbücherei Riedlingen zugute. Am Samstag, 19. Juli, 15 Uhr, geben Wolfram Karrer und Michael Stoll das Konzert »Reisen im Wind«. Sie spielen eigene Lieder, inspiriert von Musik der ganzen Welt, mit Ziehharmonika, Kontrabass, Flöten, Bassklarinette und Gesang. Der Eintritt kostet 18 Euro, Schüler, Stundenten und Rentner zahlen 16 Euro. Und am Samstag, 13. September, um 15 Uhr geht es auf eine kleine Zeitreise. Die Nachtschwärmer - Gerhard Ehrlich (Klarinette, Böhmischer Bock), Andrea Ehrlich (Harfe, Böhmischer Bock), Waltraut Fabry (Klarinette) und Ulrike Seidler (Fagott) spielen nach überlieferten Noten Wirtshaus- und Tanzmusik, die die Menschen im 19. Jahrhundert in Süddeutschland und Böhmen erfreut hat. Eine Lesung literarischer Texte von Heine, Hebel, Morgenstern und anderen ergänzt das Musikprogramm. Eintritt: 15 Euro, ermäßigt: 13 Euro. Bei schlechtem Wetter finden die Veranstaltungen im Gastraum statt. Mehr Infos im Internet: www.loretto-zwiefalten.de

Es gibt Pläne, Ziele. Vielleicht eine Reise nach Irland oder Portugal? Aber auch hier auf Loretto lebt es sich gut, sagt Günther Weber, der aus dem Haus mit der Backstube ins Haus Nummer fünf gezogen ist. »Ich bin zufrieden. Liebe die Natur hier.« Und da sind ja auch noch die Kulturveranstaltungen unter der Loretto-Linde, die er jeden Sommer - auch in diesem - organisiert (siehe Box). »Ich schreibe so viel, wie nie zuvor«, sagt der 71-Jährige. Die biografische Kurzgeschichten-Sammlung wird nicht sein letztes Werk sein. Da darf man also gespannt sein, was noch zu hören und lesen sein wird vom »Kult-Holzofenbäcker« von Loretto.

Das Buch: »Brösel - Ein Leben vor und nach dem Holzofen« von Günther Weber ist im Molino Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich: ISBN 978-3-948696-92-4. Auch auf dem Loretto-Hof ist es käuflich zu erwerben - auf Wunsch vom Autor signiert. (GEA)