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Frust um abgebauten Bankautomat in Kohlstetten

Dass der Bankautomat in Kohlstetten abgebaut wurde, sorgte im Teilort von Engstingen für Ärger. Der Regionalvorstand der Volksbank Reutlingen, Holger Hummel, erklärte im Ortschaftsrat die Hintergründe.

Der Bankautomat am Kohlstetter Bahnhof ist Geschichte.
Der Bankautomat am Kohlstetter Bahnhof ist Geschichte. Foto: Cordula Fischer
Der Bankautomat am Kohlstetter Bahnhof ist Geschichte.
Foto: Cordula Fischer

ENGSTINGEN-KOHLSTETTEN. Es ging schnell im August, ein paar Schilder wiesen auf Baumaßnahmen hin. Am nächsten Tag hing der begehbare Safe schon »am Galgen«, wie es ein Engstinger beschrieb, der sich im Kohlstetter Ortschaftsrat eingefunden hatte, um mehr über die Aktion zu erfahren.

Ganz so hätte es nicht laufen sollen, entschuldigte sich Holger Hummel, Regionalvorstand der Volksbank Reutlingen, der sich seinen Kunden stellte. Der Abbau hätte erst jetzt im Oktober erfolgen sollen, die beauftragte Firma hatte aber im Sommer Kapazitäten frei und schritt zur Tat. Hummel war kurzfristig nicht zu erreichen und konnte sich erst im Nachgang bemühen, die Scherben aufzukehren. Der Vorstand entschuldigte sich bei den Kohlstettern für die »nicht gute Kommunikation. Das war unser Fehler.« Hinter der Entscheidung, auf den Automaten zu verzichten, stehe er aber.

Abbau zwei Jahre vorgezogen

Die Volksbank sei eine Genossenschaftsbank, betonte Hummel, und dem Wohl der Kunden und Genossen verpflichtet. Die betriebswirtschaftlichen Zwänge dürften aber nicht außer Acht gelassen werden, gerade auch wegen der Erfolgsbeteiligung der Genossen. Der Automat in Kohlstetten sei nie richtig gut gelaufen, blickte Hummel auf die Vorgeschichte. Am Standort neben der Gaststätte am Bahnhof und an der Durchgangsstraße habe man sich mehr erwartet. Als dann die Gaststätte schloss, ging die Zahl der Transaktionen weiter in den Keller. Es wurde nur noch etwa ein Viertel der Vorgänge erreicht, die für einen wirtschaftlichen Betrieb nötig gewesen wären. Auch weil sich die Art der Geldgeschäfte während der Corona-Zeit geändert hat, weg vom Besuch am Automat oder in der Filiale hin zu Online-Banking und Zahlen per Karte. Die Volksbank dünnt ihr Netz überall aus, habe aber im Vergleich zur Konkurrenz immer noch eine sehr hohe Versorgungsdichte, so Hummel.

Ein Bankautomat funktioniert etwa zehn Jahre lang gut, dann muss er auf den neuesten Stand gebracht werden. 2016 aufgestellt, wäre das kritische Datum 2026 erreicht worden, so lange sollten die Kohlstetter noch versorgt werden. Dann kamen die Panzerknacker. Der Automat im Industriegebiet West in Reutlingen wurde gesprengt, Ohmenhausen war ohne Versorgung. Ein Ersatz wurde gesucht, der Kohlstetter Automat hatte sich angeboten. Er ist funkgesteuert und leicht zu versetzen, das hat für Ohmenhausen gepasst.

Standortentscheidungen würden nicht nur betriebswirtschaftlich entschieden, erklärte Hummel, ein anderer Punkt sind zum Beispiel erreichbare Versorgungspunkte in der Umgebung. Mit Automaten in Klein- und Großengstingen seien die Kohlstetter besser dran als die Ohmenhausener, die nach Betzingen oder Gomaringen hätten fahren müssen. Und das bei deutlich mehr Transaktionen. Ein anderer Punkt sind die Panzerknacker: Einsam stehende Automaten sind ein beliebtes Ziel der wenig zimperlichen Ganoven.

Bargeld im Kohlstetter Lädle?

Für die Kohlstetter ist die Entscheidung so erklärt zwar verständlich, glücklich sind sie damit trotzdem nicht, es wurde im Dorfgemeinschaftshaus über Alternativen nachgedacht. Hummel versprach, zu prüfen, ob im Kohlstetter Lädle künftig Bargeld ausgezahlt werden kann. Für 50 Euro einkaufen und noch 100 Euro Bares mitnehmen - in Supermärkten funktioniert das. Nicht weil Aldi und Lidl »uns so lieben«, sagte Hummel, sie sparten sich den Cash-Transport zur Bank, wenn die Kunden das teure Bargeld gleich mitnähmen. Ob das im Lädle funktioniert, müsse aber sorgfältig betrachtet werden, sagte Hummel. Es müssten ja schließlich größere Summen vorgehalten werden, und Geldverkehr sei immer auch eine Sicherheitsfrage. »Den Gedanken nehme ich mit, Sie bekommen Antwort von mir«, versprach er. Die Volksbank bietet einen weiteren Service an: Für 10 Euro im Monat kommt ein Bankangestellter zweimal im Monat mit Scheinen zu den Kunden. Das Angebot werde aber nur selten angenommen, musste Hummel erfahren.

Die Kohlstetter im Dorfgemeinschaftshaus bekamen die Möglichkeit, sich auszusprechen. Der Abbau wurde nicht rechtzeitig kommuniziert, aber auch mit dem direkten Kontakt mit der Bank im Nachgang hatten die Volksbank-Kunden ihre Schwierigkeiten. Lange Zeiten in der Warteschleife, wenig sach- beziehungsweise ortskundige Antworten: Nach Pfullingen oder gar Ohmenhausen dem vertrauten Automaten hinterher wollten sie sich ja nicht schicken lassen. Holger Hummel nahm die konstruktive Kritik gerne an: »Hier bekomme ich ehrliche und wichtige Antworten.«

Eine weitere Information brachte Hummel noch mit. Auch beim Automat in Kleinengstingen stehen Änderungen an. Den bisherigen Platz muss die Volksbank aufgeben, ihr wurde vom Grundstücksbesitzer gekündigt. Man sei aber dabei - und zuversichtlich - gemeinsam mit Bürgermeister Mario Storz nach einer Lösung zu suchen. »Wir wollen den Standort nicht aufgeben«, sagte Hummel. (GEA)