MÜNSINGEN. Füchse sind biologisch Hundeartige, wer mal einen Fuchswelpen aufwachsen sah, kann das bestätigen. Der Autor kam in die Verlegenheit, einen verlassenen Welpen ein paar Monate zu beherbergen und kann das bestätigen. Das stark geschwächte, noch auf Muttermilch angewiesene Jungtier kam buchstäblich innerhalb Stunden versorgt mit Katzenwelpenmilch aus dem Tierhandel wieder zu Kräften und bereicherte dann die Familie.
Nach ein paar Tagen am Fläschchen hatte er jede Scheu verloren. Fuchs, einen anderen Namen hatte er nicht, wir hatten ja nur einen, kam wie ein Hundewelpe aus irgendeinem Winkel an die Tür, wenn Herrchen nach dem harten Redaktionsalltag nach Hause kam. Die schon etwas betagte Jagdhündin Clara wurde widerwillig zum Mutterersatz, das kleine Energiebündel war ihr aber eher lästig.
Bekannt in der Nachbarschaft
Nach einer kurzen Zeit in einer Wachtelvoliere durfte Fuchs seine Freiheit genießen. Wo er sich tagsüber so rumtrieb, weiß keiner so genau. Das ankommende Auto erkannte er aber und kam zur Begrüßung angerauscht wie ein richtiger Hund. Mit ausdrucksvollem Lautspektrum, auch wenn das Quieken, Knurren, Hecheln und Kläffen für Hundefreunde ein bisschen fremd klingen mag. In der Nachbarschaft war Wursters Fuchs bekannt. Wegen seiner Neugier, seinen Scharmützeln mit Nachbars Katzen, und weil er schnell raus hatte, wo die Schälchen mit dem Futter für die Mieze oder für Igel standen – wie die Füchse auf dem Reutlinger Lerchenbuckel bekam er die notwendigen Kalorien schnell zusammen.
Und gedieh dabei prächtig, mit einem tappigen Hundewelpen hat ein junger Fuchs schnell nichts mehr gemein. Wenn ein Hundewelpe noch über seine Schlappohren stolpert, fängt der Fuchs schon eine Schwalbe im Flug, und mausen kann er dann wie eine alte Katze. Jeden Morgen und jeden Abend tauchte er trotzdem vor der Verandatür auf. Dann spielte er eine Weile mit dem Hund, holte sich was zu fressen und verschwand wieder.
So putzig das klingt, die Geschichte ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Der wichtigste Grund: Die Fuchsfähe zieht gern mit der ganzen Familie um. Ein einsamer Jungfuchs ist wahrscheinlich nicht verlassen, sondern ein Nachzügler, der auf seine Mutter wartet. Unser Fuchs war so schwach, dass er zuerst seine Hinterläufe kaum mehr bewegen konnte. Ein paar Stunden und ein bisschen Katzenmilch später konnte er wieder Treppen steigen, er war also schon länger nicht mehr gesäugt worden, seiner Mutter war vielleicht etwas zugestoßen. Außerdem unterliegt der Fuchs dem Jagdrecht, einen Welpen mitzunehmen, ist schlicht Wilderei, und da bewegt man sich immerhin im Strafrecht.
Auf dem Land, anders als auf dem Lerchenberg, tauchen bei allem Wohlwollen der Nachbarn schnell Probleme auf. Mitte April hatte eine Spaziergängerin den Fuchs erst wenige Tage alt gefunden, Ende Juli war er definitiv im Flegelalter und begann ungeniert das Geflügel in der Umgebung zu dezimieren. Es wurde Zeit, ihn dahin zu bringen, wo er hingehört: in den Wald. (wu)