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Aktuell Bauplanung

Für zwei Bauprojekte: Trochtelfingen muss auf Ökokonto zurückgreifen

Ausgleichsmaßnahmen für ein neues Wohngebiet und die Erweiterung von des Schuppengebiets kosten die Stadt Trochtelfingen Punkte auf dem Ökokonto.

Rund um Steinhilben wie im Bild und auf der Gemarkung von Trochtelfingen gibt es für die Alb typische Wiesen. Die Naturschönheit
Rund um Steinhilben wie im Bild und auf der Gemarkung von Trochtelfingen gibt es für die Alb typische Wiesen. Die Naturschönheiten gilt es zu erhalten. FOTO: FISCHER
Rund um Steinhilben wie im Bild und auf der Gemarkung von Trochtelfingen gibt es für die Alb typische Wiesen. Die Naturschönheiten gilt es zu erhalten. FOTO: FISCHER

TROCHTELFINGEN. Die Stadt muss sparen. Geld sowieso, aber auch auf dem Ökokonto muss sie Punkte ansparen. Denn die braucht sie, um neue Schuppen für Nebenerwerbslandwirte zu bauen und ein neues Wohngebiet zu entwickeln. Sie dienen als Vorrat an Ausgleichsmaßnahmen, wenn Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden müssen – was bei zwei Projekten der Fall ist.

160.000 Ökopunkte bekommt die Stadt auf ihrem Ökokonto gutgeschrieben – vier pro Quadratmeter, wenn sie ein vier Hektar großes Waldstück stilllegt und es zu einem Waldrefugium macht. Waldrefugium bedeutet: Hier bleibt die Natur sich selbst überlassen, der Wald altert auf natürliche Art, wird nicht mehr bewirtschaftet, und Alt- und Totholz bewohnende Arten wie Käfer oder Spechte finden hier Schutz und Lebensraum. Erst wenn der Gemeinderat beschließt, das Waldrefugium im Gewann Banholz zu schaffen, kommen die Punkte aufs Konto.

150 Jahre alte Buchen

Es handelt sich um ein städtisches Waldstück mit buchendominiertem Baumbestand, der 150 bis 170 Jahre alt und somit für einen »Urwald von morgen« bestens geeignet ist. Der Ertrag aus dem Holzerlös liege bedeutend unter dem Wert, den die Stadt mit der Stilllegung des Waldes generiert und später mit dem, was dafür entwickelt werden soll, wie Norbert Menz vom Büro Menz umweltplanung auf kritische Nachfragen aus dem Gemeinderat erläuterte. Stadtrat und Förster Martin Tschöpe warnte aber da-vor, inflationär Wirtschaftswald aus der Nutzung herauszunehmen, denn schließlich beteiligt sich die Stadt auch schon am Klimaangepassten Waldmanagement. Dafür allerdings fließt auch Geld in die Kasse.

Feldlerchen leben in offenen Agrarflächen und Wiesen.
Feldlerchen leben in offenen Agrarflächen und Wiesen. Foto: Günter Künkele
Feldlerchen leben in offenen Agrarflächen und Wiesen.
Foto: Günter Künkele

Die Ökopunkte aus der Schaffung des Waldrefugiums benötigt die Stadt, weil sie zwei Projekte nicht nur mit Ausgleichsmaßnahmen realisieren kann, sondern eben aufs Öko-Sparkonto zurückgreifen muss, das aufgefüllt werden soll. Das eigentlich schon seit 2019, seitdem die Maßnahme entwickelt wurde. Umgesetzt allerdings wurde sie nicht. Das soll nun nachgeholt werden und ist höchste Zeit.

Ebenfalls seit geraumer Zeit läuft das Bebauungsplanverfahren für ein Areal in Steinhilben, auf dem schon Schuppen stehen, auf dem aber weitere entstehen sollen. Den Aufstellungsbeschluss hat der Gemeinderat bereits vor knapp zwei Jahren gefasst. Obwohl es in einem FFH-Gebiet liegt, ist das möglich. Dort, wo sich bis jetzt noch ein Waldstück befindet. Eine angrenzende artenreiche FFH-Wiese ist als solche und schützenswert, dort dürfen auch keine Streuobstbäume gepflanzt werden. Der Wald muss für die neuen Schuppen weichen und wird an anderer Stelle wieder aufgeforstet. Auch ein Regenrückhaltebecken ist geplant. Es sind also weitere Ausgleichsmaßnahmen nötig und der Rückgriff aufs Konto. Wichtig sei die Schaffung von Schuppen, weil viele Scheunen innerorts in Wohnraum verwandelt wurden, wie Ortsvorsteher Alwin Ott unterstrich.

 

Nicht nur Nebenerwerbslandwirte in Steinhilben, die Platz zum Lagern ihrer Geräte und Material brauchen, können ihren neuen »Domizilen« hoffnungsvoll entgegensehen. Auch, wer auf einen Bauplatz in Steinhilben hofft, kann sich vielleicht schon bald um einen bewerben. Bereits 2020 hatte die Stadt mit der Planung des Baugebiets »Hubäcker« am südwestlichen Siedlungsrand von Steinhilben mit Wohn- und Mischbauflächen mit aus kleinen, mittleren und großen Grundstücken begonnen. 33 Bauplätze sollen entstehen, auch für kleine Einzelhäuser und Tiny Houses. »Somit soll die Entwicklungsmöglichkeit der Stadt Trochtelfingen gesichert werden, indem eine Abwanderung junger Familien vermieden und notwendige gewerbliche Flächen für die örtlichen Betriebe zur Verfügung gestellt werden«, heißt es in der Begründung.

Liebt Körner und Früchte: der Bluthänfling mit rot leuchtender Brust.  FOTOS: KÜNKELE
Liebt Körner und Früchte: der Bluthänfling mit rot leuchtender Brust. FOTOS: KÜNKELE
Liebt Körner und Früchte: der Bluthänfling mit rot leuchtender Brust. FOTOS: KÜNKELE

Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb des Plangebiets sind geplant. Und das sind nicht wenige. »Was ist da so schützenswert?«, wollte es Gemeinderat Jürgen Hölz genau wissen, der die Ergebnisse des Umweltberichts anzweifelte. Die Antwort: Es gibt dort magere Flachlandmähwiesen, die schützenswerte Biotope sind. Auch Ackerrandstreifen sind für manche Tier- und Pflanzenarten bedeutsam. So hat in dem Gebiet der Bluthänfling seinen Lebensraum.

Gefährdete Vogelarten

Die Vögel fühlen sich im offenen Gelände mit Busch- und Strauchbestand wohl und sind gefährdet, weil immer mehr Ackerränder und Feldraine zerstört werden, dichte Hecken im Offenland verschwinden. Und außerdem haben die Mitarbeiter des Umweltplanungsbüros die Feldlerche dort ausgemacht, die in offenen Agrarflächen und Wiesen ihr Domizil hat und ebenfalls gefährdet ist. Hölz zog die Existenz der Feldlerche dort in Zweifel, weil sie dort nicht in Ruhe brüten könne, da die betreffende Fläche beweidet würde. Was soll man da machen? Sechsmal waren die Umweltplaner vor Ort und haben den in seinem Bestand bedrohten Piepmatz eben dort ausgemacht.

Es nützt alles nichts: Das Ökokonto muss aufgefüllt werden. Der Gemeinderat hat das Waldrefugium bei zwei Enthaltungen abgesegnet. Einstimmig fiel der Entwurfsbeschluss für das Sondergebiet Schuppen, der Entwurfsbeschluss für den Bebauungsplan »Hubäcker« wurde bei einer Enthaltung gefasst. (GEA)