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Aktuell Tourismus

Führer in die Sonnenbühler Unterwelt

Wer Besucher ins Innere der Schwäbischen Alb führen will, darf keine Angst vor Höhlenbewohnern haben

Führen durch die Bärenhöhle (von links): Marina Dreher, Ernst Cyprianus, Corinna Dreher, Alfred Benz und Bryan Wingsch. Foto: Ge
Führen durch die Bärenhöhle (von links): Marina Dreher, Ernst Cyprianus, Corinna Dreher, Alfred Benz und Bryan Wingsch. Foto: Geiger
Führen durch die Bärenhöhle (von links): Marina Dreher, Ernst Cyprianus, Corinna Dreher, Alfred Benz und Bryan Wingsch. Foto: Geiger

SONNENBÜHL-ERPFINGEN. Bei Schietwetter haben die Höhlenführer Hochkonjunktur. »Schloss, Museum, Höhle«, zählt Ernst Cyprianus als Ausflugsziele auf, die bei Familien dann hoch im Kurs stehen, wenn es draußen zu ungemütlich ist. Cyprianus ist einer von 15 Führern, die Touristen durch die Erpfingen Bärenhöhle begleiten, sie mit der Entdeckungsgeschichte und der Geologie dieser einzigartigen Tropfsteinhöhle bekannt machen und zuweilen auch nicht mit Sagenhaftem hinter dem Berg halten.

Wie man Höhlenführer wird? Bei Ernst Cyprianus, dem mit vierzig Höhlenjahren dienstältesten Guide im Team, gab es wohl kein Vertun. »Mein Vater war schon Höhlenführer, also ist das an mir hängen geblieben«, erklärt er schmunzelnd und setzt nach: »Ich kann ohne die Höhle einfach nicht leben.« Auf andere Weise sind Alfred Benz, der im Kassenhäuschen sitzt, Tickets und Informationsbroschüren verkauft, Fragen beantwortet und die Statistiken führt, Bryan Wingsch, der demnächst mit dem Chinesisch- und Computertechnologiestudium beginnen wird, Corinna Dreher, die Jura studiert, und Marina Dreher, die Schülerin am Friedrich-Schiller-Gymnasium ist, zum Job gekommen. Sie hat Erpfingens Ortsvorsteher Willi Herrmann quasi von der Straße weg engagiert. Das heißt, Herrmann, der seine Erpfinger aus dem Effeff kennt, hat sie persönlich angesprochen, ihnen die ehrenvolle Aufgabe im Dienst für den Erpfinger Tourismus schmackhaft gemacht und für das faszinierende Ausflugsziel und ein engagiertes Höhlenführerteam begeistert.Fasziniert sind die fünf Vertreter des Teams je länger, je mehr. Marina Dreher ist im ersten Jahr dabei, Corinna Dreher im Zweiten und Bryan Wingsch, der mit 16 Jahren angefangen hat, ist seit drei Jahren Guide, der zudem Gruppen in englischer und französischer Sprache durch die Hallen führt. Und auch Kassenmann Alfred Benz, der vom Ortsvorsteher eigentlich nur übergangsweise angeheuert worden war, ist seit 2014 dabei und kann nicht mehr ohne.

Ort mit Suchtpotenzial

Die Bärenhöhle, in die es im Gegensatz zu ihrer Nachbarin, der Nebelhöhle, ebenerdig reingeht, scheint süchtig zu machen. Vielleicht liegt es am das ganze Jahr über gleichbleibenden Höhlenklima mit seinen etwas weniger als zehn Grad Celsius mit 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. »Die ideale Abkühlung im Sommer«, findet Cyprianus. »Das ist besser als Freibad.« Was sich allerdings nicht so recht rumgesprochen zu haben scheint. In diesem Supersommer seien die Leute wohl eher in die Freibäder als in die Höhle geströmt.

Verzeichnet Alfred Benz Statistik für das vergangene Jahr 73 000 Besucher plus der 3 600 Schaulustigen, die während der Zeit der Illumination gezählt wurden, sollen es heuer etwas weniger sein. Immerhin wurden an den Spitzentagen zu Ferienende täglich annähernd 600 Besucher eingelassen. Noch ist Gelegenheit sich diese schöne Unterwelt anzuschauen, in den Wintermonaten von Dezember bis Februar wird die Pforte geschlossen. Dann beziehen dort Fledermäuse und Siebenschläfer ihr Winterquartier.

Angst sollten Höhlenführer vor den Tierchen nicht haben, zumal es immer mal wieder zu Begegnungen kommt. Ernst Cyprianus erinnert sich an eine Führung, da habe es noch die alten Neonlampen mit Blechschirmen gegeben, die vor zwei Jahren gegen LEDs ausgetauscht worden sind. An einen solchen Reflektor sei eine Frau aus Versehen gestoßen, worauf ihr ein Siebenschläfer auf den Arm gesprungen sei. »Beide haben einen Heidenschreck bekommen«, erzählt Cyprianus. Zuweilen müssen die Höhlenführer auch Fledermäusen, die sich verflogen haben und hyperventilierend liegen bleiben, Erste Hilfe leisten.

Wegen des Geldes macht keiner den Job. Eher wegen des Lebenslaufs, in dem sich so ein Engagement gut mache, betont Bryan Wingsch. Corinna Dreher und Marina Dreher macht es einfach Spaß, mit Neugierigen unterwegs zu sein, ihnen ihre Erpfinger Attraktion zu präsentieren. Gelernt hätten sie alle eine Menge über die bereits 1834 entdeckte Karlshöhle und die 1949 entdeckte Bärenhöhle, die es zusammen auf 271 begehbare Meter bringen. »Und die damit die einzige Höhle ist, in die auch Menschen im Rollstuhl fahren können«, betont Ortsvorsteher Willi Herrmann. Allerdings sei auch die Ebersbacher Höhle rollstuhlfahrertauglich, schränkt er ein.

Eine Prüfung müsse keiner ablegen, der Höhlenführer werden will. »Wir lernen von den erfahrenen Höhlenführern«, erklärt Corinna Dreher und Marina Dreher ergänzt: »Später entwickelt jeder seine eigene Führung.« Zudem profitieren die Bärenhöhlenbegleiter vom enormen Wissensfundus ihres Teamkollegen Hans-Martin Luz, der Mitglied im Verein Höhle und Karst ist und die Bärenhöhle auch vermessen hat. Des Weiteren wird jährlich eine Höhlenweiterbildung angeboten, die  das  Interesse an diesen spektakulären Hohlräumen  noch wachsen lässt.

Tropfstein kehrt zurück

Souvenirjägern, die sich an den Tropfsteinen vergreifen, müssen die Bärenhöhlenbegleiter inzwischen nicht mehr auf die Finger hauen. »Das war früher schlimm und hat die Höhle verändert«, hat Ernst Cyprianus mit angesehen. Inzwischen sind die die Fantasie beflügelnden Tropfsteinformationen eingezäunt. Einer wurde zurückgegeben. Es sei vor drei Jahren gewesen, da sei ein junger Mann mit einem Rucksack sitzend auf einer Bank beim Höhleneingang gesehen worden. Als der Mann gegangen war, saß auf der Bank ein Tropfstein. (GEA)