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Ex-Bundespräsident Gauck kommt nach Münsingen

Sein Buch handelt von den»Erschütterungen« der Demokratie. Am Mittwoch, 26. März, spricht der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck darüber mit Bürgermeister Mike Münzing vor Zuhörern in Münsingen.

Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck kommt nicht nur nach Münsingen, um aus seinem Buch vorzulesen. Sondern vor allem, um im Dialog mit Bürgermeister Mike Münzing aktuelle Fragestellungen und politische Entwicklungen zu beleuchten. Foto: Stefan Sauer/dpa
Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck kommt nicht nur nach Münsingen, um aus seinem Buch vorzulesen. Sondern vor allem, um im Dialog mit Bürgermeister Mike Münzing aktuelle Fragestellungen und politische Entwicklungen zu beleuchten.
Foto: Stefan Sauer/dpa

MÜNSINGEN. »Erschütterungen«. Der Titel des Buchs des 2023 erschienen, unter den Eindrücken des beginnenden Ukraine-Kriegs verfassten Buchs verheißt nichts Gutes. Joachim Gauck analysiert darin die äußeren, aber auch die inneren Bedrohungen der Demokratie. Am Mittwoch, 26. März, ist der ehemalige Bundespräsident zu Gast in Münsingen. Weniger, wie die Organisatoren von der Stadt Münsingen versprechen, um daraus vorzulesen. Sondern vor allem, um im Dialog mit Bürgermeister Mike Münzing aktuelle Fragestellungen und politische Entwicklungen zu beleuchten, die Ursache und Folgen dieser »Erschütterungen« sind. Im Anschluss an das moderierte Gespräch soll außerdem noch genügend Zeit für Fragen der Zuhörer sein.

Zwei, drei große Lesungen organisieren Stadtbücherei, Kulturamt und Volkshochschule im Jahr miteinander. Im vergangenen Jahr wurden der 125. Geburtstag und der 50. Todestag des Literaten Erich Kästner gewürdigt. Außerdem wurde Sachbuchautor Andreas Geiger eingeladen, der sich mit Streuobst beschäftigt hat. Die Zeichen der Zeit sind Ursache und Anlass dafür, dass die Reihe der diesjährigen Lesungen mit einem sehr aktuellen, ernsthaften Thema beginnt. Im Hintergrund steht auch die Wahl. »Es wird spannend, ob wir bis dahin überhaupt schon eine Bundesregierung haben«, sagt Kulturamtsleiter Yannik Krebs. Judith Steinhardt von der VHS sieht »die Demokratie heute von verschiedenen Seiten gefährdet«. Umso wichtiger sei es, auch die jüngere Zielgruppe anzusprechen: Für Schulen im Biosphärengebiet gelten deshalb Sonderkonditionen - sowohl für einzelne Schüler, die kommen wollen, als auch für ganze Klassenverbände.

Bürgermeister Mike Münzing (links); Bücherei-Leiterin Ulla Krämer, Kulturamtsleiter Yannik Krebs und Judith Steinhardt von der
Bürgermeister Mike Münzing (links); Bücherei-Leiterin Ulla Krämer, Kulturamtsleiter Yannik Krebs und Judith Steinhardt von der Biosphärenvolkshochschule. Foto: Marion Schrade
Bürgermeister Mike Münzing (links); Bücherei-Leiterin Ulla Krämer, Kulturamtsleiter Yannik Krebs und Judith Steinhardt von der Biosphärenvolkshochschule.
Foto: Marion Schrade

»Nach den Ergebnissen der zurückliegenden Kommunal- und Europawahlen dürfen wir keine Möglichkeit auslassen, Demokratiebildung zu platzieren«, ist Bürgermeister Mike Münzing überzeugt. Sowohl beim Neujahrsempfang als auch bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Dritten Reichs in Buttenhausen machte der Bürgermeister klar, dass Extremismus in Münsingen keinen Platz hat. Gaucks Besuch soll deshalb nicht isoliert für sich stehen, sondern sich in eine Reihe von Veranstaltungen einfügen. Vorher schon, am 8. Februar, organisiert das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte eine Podiumsdiskussion mit Kandidaten für die Bundestagswahl. Am 20. und 21. September wird der 150. Geburtstag von Matthias Erzberger mit einem Demokratiefest gefeiert. Weitere Termine sollen folgen, Münzing denkt an »eine Reihe, die sich gesellschaftspolitischen Fragestellungen widmet«.

»Demokratie lebt vom Mitmachen, nicht vom reinen Konsum«

»Demokratie lebt vom Mitmachen, nicht vom reinen Konsum«, betont Münzing. Die Grundrechte werden oft als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, seien aber alles andere als das: »Das merkt man oft erst dann, wenn sie erschüttert oder beschnitten werden.« Die Aussicht auf das Gespräch mit Gauck, so der Bürgermeister, sei unheimlich spannend. Eine »gewisse Anspannung« verhehlt er nicht, Gauck ist schließlich nicht irgendwer. Von 2012 bis 2017 war er Bundespräsident. Nicht nur das höchste Amt in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch die Jahre 1990 und 2000, die eng mit seiner Herkunft und seiner Biografie verwoben sind, dürften prägend gewesen sein für sein Demokratieverständnis: Gauck war Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (Stasi) der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und damit für die Verwaltung und Erforschung der Akten und Dokumente der Stasi zu verwalten und zu erforschen. 1940 in Rostock geboren, engagierte sich der studierte Theologe schon viele Jahre zuvor im kirchlichen und öffentlichen Widerstand gegen die SED-Diktatur.

Tickets

»Erschütterungen. Was unsere Demokratie von außen und innen bedroht.« So lautet der Titel eines Buchs von Joachim Gauck, und so ist auch die Veranstaltung am Mittwoch, 26. März, in der Alenberghalle in Münsingen überschrieben. Gauck wird dort im Dialog mit dem Münsinger Bürgermeister Mike Münzing auf aktuelle Fragestellungen zur Demokratie eingehen. Beginn ist um 18.30 Uhr, Einlass ab 17.45 Uhr. Es gibt 500 Tickets, die im Vorverkauf für 20 Euro bei der Touristik Information, bei der Stadtbücherei und bei der Volkshochschule in Münsingen erhältlich sind. Sollte es Restkarten geben, werden diese an der Abendkasse für 25 Euro angeboten. Möglich ist es auch, Karten bei den Vorverkaufsstellen telefonisch zu reservieren und am Veranstaltungstag abzuholen. Grundsätzlich gilt: Für Kunden der Kreissparkasse gibt es zwei Euro Rabatt. Für Schüler haben die Veranstalter einen Sonderpreis von fünf Euro vereinbart. Die Buchhandlung Finkeria ist mit einem Büchertisch dabei, im Anschluss an das moderierte Gespräch wird Joachim Gauck Bücher signieren und für Gespräche zur Verfügung stehen. (ma)

Nicht nur die frühere und aktuelle Ost- und Außenpolitik, sondern auch die (parteipolitischen) Entwicklungen in der BRD will Mike Münzing im Gespräch mit Gauck in den Blick nehmen. Gibt es doch vieles, was beunruhigt und verunsichert. Dazu gehört die tödliche Messerattacke von Aschaffenburg, die die Debatten um den Umgang mit Migration mitten im Wahlkampf verschärft hat. Aber auch der Umgang mit Nachrichten und Informationen ist für den Bürgermeister etwas, das die Demokratie stützen kann - und im Umkehrschluss genauso gefährden.

Er hat ein aktuelles Beispiel: Über soziale Medien und auf der Straße zog das Gerücht, beim Münsinger Fasnetsumzug seien Mädchen mit K.O.-Tropfen betäubt worden, rasend schnell weite Kreise. Wie unreflektiert die »Nachricht« überwiegend aufgenommen und für wahr befunden wurde, ohne dass sie hinterfragt oder überprüft wurde, hat ihn bestürzt. Denn Münzings eigene Nachfrage bei der Polizei ergab sehr schnell: An der Information ist nichts dran. »Was passiert, wenn Falschmeldungen kein Korrektiv mehr haben, weil immer weniger Menschen klassische Medien konsumieren?«, fragt Münzing.