Die Alte Schmiede, in der Paare bald nicht nur ihre Hochzeit feiern, sondern ihre Ringe selbst herstellen dürfen, ist eins der Projekte, die derzeit Gestalt annehmen. Ihre Eröffnung ist - wie auch die des regulären Hotelbetriebs im Albgut - für Frühjahr geplant. Schon einen Schritt weiter und bereit für die Pilotphase ist die Schauproduktion der Firma Hoeschele. Der Familienbetrieb aus Neufra fertigt Kleidung aus Merinowolle und hat sich in den vergangenen Tagen im »BT 23« eingerichtet. Aus der Soldatenunterkunft - die Abkürzung »BT« stand zu französischer Besatzungszeit für »bâtiment de troupe« - ist ein apartes Nähatelier samt Boutique geworden, für die Designer in Großstädten ein Vermögen ausgeben würden.
»Alles vom Schaf ist so fantastisch. Wolle ist Hightech aus der Natur«Den großen Raum hat Susanne Hoeschele nicht nur mit den passenden Möbeln - sie stammen aus Carmen Münzings Laden in Münsingen und damit ebenfalls aus nächster Nähe - sondern auch mit ein paar Maschinen bestückt. Weitere »Oldtimer« werden nach und nach hinzukommen, Mitarbeiter werden Besuchern in der gläsernen Produktion zeigen, wie in den 1950er- und 60er-Jahren gestrickt und genäht wurde. Erste Ein- und Ausblicke gibt's am Wochenende: Die »Schnuppertage« sind ein Schaufenster in die nahe Zukunft, denn ab Frühjahr soll regelmäßig geöffnet sein. Etwa zwei Tage pro Woche dürfen Besucher dann in den Manufakturen - Annegret Tress ist guten Mutes, dass bis dahin auch weitere Akteure startklar sind - zusehen, wie regionale Produkte entstehen: Essen und Trinken, Mode und Lifestyle, handgemacht, nachhaltig und regional.
Eine zentrale Rolle soll die Wolle spielen, die derzeit eine Renaissance erlebt. Das Schaf ist in den vergangenen Jahren wieder zum inoffiziellen Wappentier der Alb geworden. Als Landschaftspfleger sind die Tiere auch auf dem rund 100 Hektar großen Albgut-Areal unterwegs. Was man aus ihren Pelzen alles machen kann, will eine Gruppe von Frauen in einigen Monaten im »Wollwerk« zeigen. Die Vision: Sämtliche Arbeitsschritte von Waschen bis Weben sollen dort zu beobachten sein. Denn diese sind inzwischen fast vollständig ins Ausland abgewandert, auch Susanne und Andreas Hoeschele müssen ihren Rohstoff deshalb auf eine lange Reise durch Europa schicken, bevor daraus feine Strickwaren werden können. Verarbeitet wird bei Hoeschele zumindest derzeit noch Wolle aus Australien. Zum einen, weil die Schafe dort im Gegensatz zu ihren Kollegen auf der rauen Alb ganzjährig gemäßigtes Klima genießen dürfen und deshalb mit feinerem Haar auskommen. Der Familienbetrieb, der nach Angaben von Susanne Hoeschele deutscher Marktführer im Bereich Berufsbekleidung für Behörden ist, braucht zum einen die Qualität, zum anderen auch eine entsprechend große Menge, die die Alb-Schäfer (noch) nicht liefern können.
Polizisten, Justizangestellte und Feuerwehrleute tragen im Job Pullis aus Neufra. 2014 stieg das 1931 gegründete Unternehmen zusätzlich wieder in den Modesektor ein, aus dem es sich in den 1990ern zurückgezogen hatte. In den letzten Monaten ist eine weitere Produktlinie hinzugekommen: Mit Wollstoffen, die im Mägerkinger Betrieb Mader gewalkt und bei Hoeschele in der neu eingerichteten Mini-Manufaktur auf alten Maschinen zu Jacken, Röcken und Taschen verarbeitet werden, geht Susanne Hoeschele 60, 70 Jahre »back to the Roots«. Warum Wolle überhaupt je aus der Mode gekommen ist, kann die Unternehmerin nicht verstehen. »In den 1970ern wollten die Leute nur noch Kunstfasern«, berichtet sie kopfschüttelnd und zeigt entsprechende Hoeschele-Kataloge aus jener Ära. »Dabei ist alles vom Schaf so fantastisch«, schwärmt sie. »Wolle ist Hightech aus der Natur. Sie ist wie eine Klimaanlage auf der Haut: wärme- und feuchtigkeitsregulierend und geruchsneutralisierend.« (GEA)