TROCHTELFINGEN-HAID. Sie ist ein außergewöhnliches Schmuckstück, sie steht direkt an der Bundesstraße 313 und ist, obwohl nicht besonders groß, doch gut zu entdecken: Die im Jahr 1474 eingeweihte gotische Marienkapelle St. Anna, in der Bevölkerung nur »Haidkapelle« benannt.
Scheinbar wirkt sie einsam und verlassen. Dass dem aber nicht so ist, beweisen die monatlich stattfindenden Gottesdienste, die alljährliche Messe an Himmelfahrt, die stets zahlreiche Besucher lockt. Und in neuerer Zeit finden dort auch wieder Taufen statt, wie Pfarrer Wolfgang Drescher anmerkt.
Fest am 1. Mai
Weil die Haidkapelle nun stolze 550 Jahre besteht, wird das Jubiläum nicht nur heute, Dienstag, 30. April, um 19 Uhr beim Maibaumaufstellen und einem Hock gefeiert, sondern zudem am 1. Mai um 10.30 Uhr mit einem Festgottesdienst mit den beiden Pfarrern Drescher aus Trochtelfingen und Wolfgang Jäger aus Engstingen. Beim anschließenden Fest sorgt die Trochtelfinger Bürgerwehr für das Mittagessen, bei Kaffee und Kuchen kann im extra aufgestellten, kleinen Festzelt gemütlich verweilt werden.
Das genau an der Grenze zwischen Württemberg und Hohenzollern um das Jahr 1470 erbaute Kirchlein war von den Werdenbergern einst als kleine gotische Marienkapelle gedacht. An der östlichen Außenwand des Chors ist das Sandstein-Wappen der Grafen von Werdenberg aus dem Jahr 1475 eingelassen. Das kleine Glöckchen im offenen Glockenbock auf dem Westgiebel kam später und trägt die Aufschrift »Wolfgang Neidhardt in Ulm gos mich 1594«.
Der marmorierte und teilweise vergoldete Holzaltar, der dem Besucher unmittelbar ins Auge sticht, ist um 1680 entstanden und beinhaltet mit der Muttergottes, die auf dem linken Arm ihr Kind trägt, mit Johannes dem Evangelisten und Jakobus dem Älteren, drei wertvolle Altarfiguren. Alle stammen aus der Werkstatt des Ulmer Bildhauers Niklaus Weckmann. Aus dem 18. Jahrhundert stammen die bemalten Figuren der Heiligen Anna und des Joachim. Und wie es bei einem so ehrwürdigen alten Gemäuer eben ist, muss es ab und zu restauriert werden. Das geschah zuletzt von 1963 bis 1965. Über die Bezahlung oder die Spenden sagte die damalige Mesnerin, Frau Moser: »Des muss i saga, d’Haidbewohner waret do besonders großzügig, katholische wie protestantische, älle haut g’stiftet!« In den Jahren 1970/1971 bekam die Kapelle anstelle des alten Harmoniums eine elektronische Orgel.
Bauförderverein kümmert sich
Und immer wieder standen Sanierungen an. So wurden in der Vergangenheit die Leitungen unter Putz gelegt, neue Lampen angebracht, das Dach teilweise erneuert und der Außenputz renoviert. Für die Koordination dieser Arbeiten wurde 2011 extra ein Bauförderverein gegründet, der sich bis heute für die Erhaltung des Gebäudes einsetzt. »Die Kosten wurden zu großen Teilen von den Haidbewohnern, durch Spenden von Leuten, denen die Kapelle am Herzen liegt, oder durch Erlöse etwa von Haidhocketen finanziert«, erklärt Dagmar Hesse, die vergangenes Jahr den Job als Hausmeisterin von ihren Eltern Isolde und Hans Decker übernommen hat. Die beiden hatten das kleine Gotteshaus mehr als 20 Jahre lang betreut. »Oiner muass des doch macha«, lacht Isolde Decker auf die Frage, warum sie diese ehrenamtliche Tätigkeit so lange durchgeführt haben.
»Die Haidkapelle ist für die Haidbewohner einfach ein wichtiges Kleinod«, stellt Pfarrer Drescher anerkennend fest. Er freut sich auf den Festgottesdienst am 1. Mai und den Austausch mit den Gläubigen. (GEA)