GOMADINGEN. Horst Köhler ist tot. Der ehemalige Bundespräsident ist am Samstag im Alter von 81 Jahren gestorben. Von 2004 bis 2010 war er Deutschlands Staatsoberhaupt. In dieser Zeit besuchte er unter anderem Marbach, Trochtelfingen und Reutlingen. Anfang der 1960er-Jahre war er Soldat im Neuen Lager in der späteren Herzog-Albrecht-Kaserne in Münsingen.
Horst Köhler wurde als 20-Jähriger gleich nach dem Abitur im April 1963 zur Ausbildungskompanie 13/10 einberufen, wo er seine Grundausbildung absolvierte. Der junge Mann aus Ludwigsburg hatte sich für zwei Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Zu dieser Zeit gab es in der Kompanie pro Quartal das »Hinterälblerische Tagblatt«, das die Rekruten mit Pauspapier vervielfältigten und in den Stuben verteilten. Auch Panzerschütze Köhler veröffentlichte damals eine »Verlustmeldung« mit folgendem Wortlaut: »Wer hat meinen Glauben an die Gerechtigkeit gefunden, den ich am 20. Mai 1963 auf dem Beutenlay verloren habe?« Was damals vorgefallen war, ist nicht überliefert.
Dass der ehemalige Bundespräsident ein lustiger Zeitgenosse war, bewies er in einer weiteren »Anzeige« in der Rekrutenpostille: »Wer möchte den neuen Modetanz Fuzzinova schnell und gründlich lernen? Grundregel: Krumme Haltung, Zeitlupentempo, schief grinsen, blinzeln und regelmäßig furzen.« Nach drei Monaten Grundausbildung wurde Köhler Ende Juni 1963 zum Panzergrenadierbataillon 302 nach Ellwangen versetzt.
Besuch im Gestüt
46 Jahre später kam der Leutnant a. D. wieder auf die Alb, dieses Mal als Staatsoberhaupt. Mitte April 2009 besuchte er morgens in Reutlingen das Spendhaus und die Fachhochschule. Nachmittags kam er, zusammen mit Ehefrau Eva Luise, nach Marbach ins Haupt- und Landgestüt.
»Jetzt weiß ich, warum ich Bundespräsident werden wollte. Sonst hätte ich nie in dieser Kutsche mitfahren dürfen«, sagte er damals schmunzelnd, als er in die »Marbacher Staatskarosse« (Altwürttemberger und Württemberger Warmblut im Sechsspänner vor dem historischen Landauer) einstieg. Zusammen mit der Gestütsleiterin Astrid von Velsen-Zwerweck und Landwirtschaftsminister Peter Hauk fuhren Horst und Eva-Luise Köhlers in die Arena ein, wo ihnen mehr als 2.000 Menschen zujubelten.
Zu Ehren des hohen Gastes gab es im Anschluss 30 Minuten lang Ausschnitte aus der Marbacher Hengstparade. Danach ließ es sich Köhler nicht nehmen, übers Mikrofon die Menschen zu begrüßen: »Wenn wir in unserem Heimatland sind, ist das für uns immer etwas Besonderes.« Danach zeigte er weniger das Gesicht eines Politikers, sondern vielmehr das Gesicht des Menschen Horst Köhler. Während seines kurzen Spaziergangs von der Arena zur Fohlenweide stoppte er immer wieder und nahm sich Zeit, mit den wartenden Zaungästen zu reden.
Ehefrau tauft Araberfohlen
Ihren großen Auftritt hat Eva Luise Köhler auf der Fohlenweide, wo sie ein 23 Tage altes, braunes Vollblutaraber-Stutfohlen auf den Namen Merhaba taufte, zu Deutsch »Guten Tag«. Ihr Mann versuchte indes, mit gelben Rüben das Vertrauen des Tieres zu gewinnen. Vergeblich. Es wendete trotzig den Kopf vom höchsten Mann im Staate ab. Der lachte übers ganze Gesicht und gesellte sich der Mutter zu, die die Möhren mit Genuss verspeiste. Als Nachtisch zog Köhler noch ein paar Zuckerwürfel aus der Tasche und streckte sie Memduha ox zu.
Gegen 15.40 Uhr, eine Stunde später als geplant, verabschiedeten sich die Köhlers Richtung Trochtelfingen, wo sie die Firma Alb-Gold Teigwaren besuchten. Mit dem Versprechen, eines Tages wieder nach Marbach zu kommen.
Dazu kam es nicht mehr. Köhler reiste zwar im März 2010 noch einmal in den Landkreis, jedoch nicht ins Haupt- und Landgestüt, sondern nach Reutlingen, wo er bei der Firma Bosch eine neue Halbleiterfabrik einweihte. (GEA)