ZWIEFALTEN/TÜBINGEN. »Den Bierabsatz von 2019 wollen wir wieder erreichen, wir sind da noch nicht, aber auf einem guten Weg dahin«, sagt Peter Baader, Chef der Zwiefalter Klosterbrauerei im Gespräch mit dem GEA. Er und seine Mitbewerber in der Region Neckar-Alb stemmen sich gegen den bundesweiten Trend, wonach immer weniger Bier durch die Kehlen der Menschen fließt.
Er wisse, dass die Großbrauereien in Deutschland kontinuierlich Marktanteile verlieren würden. »Bei uns ist das anders. Der Absatz bei Zwiefalter ist zuletzt um zweieinhalb Prozent gestiegen«, erklärt der Brauereichef. Dann wirft er einen Blick auf die Gesamtumstände. Die Branche sei hart umkämpft und habe mit vielfältigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Regionale Brauereien wie Zwiefalter haben gegenüber den großen Konkurrenten eine Art Ass im Ärmel - eben die Regionalität. »Die Kunden schätzen uns als regionale Erzeuger. Wir bieten nicht nur Bier, wir haben die passende Gastronomie dazu, sind Partner der Vereine und auf den herausragenden Veranstaltungen in der Region präsent«, stellt er heraus. Als herausragendes Beispiel nennt Baader die mehrtägigen Zwiefalter Festspiele im vergangenen August, die viele hunderte Zuschauer und Besucher nach Zweifalten lockten.
Alkoholfreies Bier immer beliebter
Martin Schimpf, Chef der Brauerei Schimpf in Remmingsheim, ist gleichzeitig Präsident der deutschen Privatbrauereien. Er weiß, wie schwierig und hart umkämpft der Biermarkt in Deutschland ist: »Der Bierabsatz sinkt deutschlandweit bereits seit vielen Jahrzehnten.« Das habe unterschiedliche Gründe, erklärt der Braumeister und Biersommelier: »Bier ist ein Getränk, welches am liebsten in Geselligkeit gemeinsam getrunken wird. Leider müssen wir in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren ja massive Änderungen in der Gesellschaft feststellen. Immer mehr Singlehaushalte, Verlagerung der sozialen Kontakte vom persönlichen Treffen ins Digitale, verändertes Ausgehverhalten generell.« Das trage dazu bei, dass weniger alkoholische Getränke konsumiert würden. In seiner Familienbrauerei hat Schimpf darauf reagiert und mit dem »Höpfle Bio« ein alkoholfreies Bier herausgebracht. In Kürze werde auch alkoholfreies Radler auf den Markt kommen. Der Trend zu alkoholfreiem Bier, das immer beliebter wird, hält auch bundesweit weiter an.
Brauereichef Schimpf zeigt sich überzeugt, dass im Land ein gutes Gefühl vermittelt werden muss, dass es bergauf gehe: »Dann sind sie auch wieder besser drauf, treffen sich wieder mehr mit Freunden, gehen mehr in die Gastronomie.«
Bewussterer Konsum von alkoholischen Getränken
In der Baisinger Biermanufaktur der Familie Teufel reagiert Mitinhaber Paul Teufel auf die aktuellen Zahlen zum Bierabsatz so: »Auch wir bemerken einen Rückgang im Bierabsatz, insbesondere im Handel und in der Gastronomie. Während der direkte Verkauf in unserer Brauerei noch stabil ist, sind die Absatzzahlen insgesamt rückläufig.« Konkrete Zahlen nennt er für sein Unternehmen nicht. Gleichzeitig erkennt er mehrere Ursachen für den weiter rückläufigen Bierkonsum im Land. Es sei ein bewussterer Konsum bemerkbar: »Viele Menschen trinken weniger Alkohol oder greifen vermehrt zu Alternativen wie alkoholfreien Getränken. Schließlich hat sich das Konsumverhalten nach der Pandemie weiter verändert, insbesondere in der Gastronomie.« Wie fast alle Brauer, die der GEA gefragt hat, beklagt Paul Teufel die »gestiegenen Produktions- und Rohstoffkosten«. Das würde sich auf die Preise auswirken. Um Kunden an die regionale Biermarke zu binden, könnten gezielte Aktionen, Veranstaltungen und Verkostungen helfen. Zudem solle die Gastronomie in der Region auch auf regionale Brauereien setzen.
Events als Zugpferd
Ein bekanntes und beliebtes Ziel für Bierliebhaber in der Region ist der Neckarmüller in Tübingen. Im Brauhaus und dem großen Biergarten direkt am Neckar, bietet das Mössinger Brauhaus Fischer seine Bierspezialitäten an. Chefin Petra Ott-Fischer kennt die Situation der Branche und sagt: »Als Biergartenbetreiber sind wir stark vom Wetter abhängig. Besonders der vergangene Juni hat uns mit seinen vielen Regengüssen das Biergartengeschäft vermiest.« Der Trend zu alkoholfreiem Bier sei im Ausschank klar zu erkennen. Besondere Events, wie Konzerte oder das Bieryoga im Neckarmüller, seien Anziehungspunkte, die nicht nur Bierliebhaber anlockten.
Alle befragten Brauereien in der Region Neckar-Alb setzen auf Regionalität und besondere, eigene Veranstaltungen, um ihren Absatz anzukurbeln. Bemängelt wird der allgemein hohe Kostendruck. Dennoch blicken die Brauer hier eher positiv in die Zukunft. (GEA)