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Besonders, aber wenig bekannt: Ausstellung gibt Einblick in Leben von Heinrich Reiser

Bisher war nur wenig über den Lehrer, Komponisten und Schriftsteller Heinrich Reiser bekannt. Eine Ausstellung gibt Einblicke in das Leben des Gammertingers.

Interessierte Besucher schauten sich die neue Ausstellung über einen besonderen, bisher aber weniger berühmten Sohn Gammertingen
Interessierte Besucher schauten sich die neue Ausstellung über einen besonderen, bisher aber weniger berühmten Sohn Gammertingens an: Heinrich Reiser war Lehrer und Musiker. Foto: Hildegard Butscher
Interessierte Besucher schauten sich die neue Ausstellung über einen besonderen, bisher aber weniger berühmten Sohn Gammertingens an: Heinrich Reiser war Lehrer und Musiker.
Foto: Hildegard Butscher

GAMMERTINGEN. Der Arbeitskreis Museum im Alten Oberamt ist äußerst rührig. Seit Jahren engagiert er sich ehrenamtlich um die regionale Geschichte und organisiert Ausstellungen. Die Ideen gehen nicht aus – jüngstes Ergebnis ist die Ausstellung »Mit Heinrich Reiser durch das 19. Jahrhundert«, die jetzt unter Mitwirkung der Chorgemeinschaft eröffnet wurde. Reiser war Lehrer, Musiker, Komponist und Schriftsteller. »Vielen ist gar nicht bewusst, was Gammertingen für Kapazitäten hervorgebracht hat«, so Bürgermeisterstellvertreter Karl-Heinz Hebeisen bei der Vernissage im Rathaussaal.

Eine Kapazität war Reiser wahrlich, ein ganz »besonderer Gammertinger«, wie Claudia Jeschke in ihrer Eröffnungsrede sagte. Heinrich Reiser wurde als Sohn des Gammertinger Sackmachers Johann Baptist Reiser und seiner Frau Antonia geboren. Der Onkel Anton Reiser war Lehrer in Gammertingen und begeisterte den jungen Heinrich für den Lehrerberuf und für die Musik. Nach seiner Ausbildung war Heinrich Lehrer in Kettenacker, Storzingen und Salmendingen, bevor er 1838 an die Volksschule in seinem Geburtsort Gammertingen versetzt wurde, an der er über 30 Jahre tätig war.

Auch im Landtag vertreten

In Gammertingen tat sich Reiser auch als Organist, Mesner und Leiter des Kirchenchors hervor, für den er Lieder und Messgesänge komponierte. Schon 1831 hatte Reiser Ursula Eisele aus Trochtelfingen geheiratet, mit der er acht Kinder bekam. Als Lehrer trieb er den Ausbau der Elementarschulen voran, verfasste und publizierte Unterrichtsmaterialien und war bemüht, das Ansehen des Lehrerberufes und dessen materielle Absicherung zu verbessern.

Doch war er nicht nur berufspolitisch aktiv: 1842 und 1845 wurde er in den Landtag des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen gewählt. Auch im außerordentlichen Landtag von 1848 war Reiser vertreten. In Gammertingen übernahm er im Zuge der 48er-Revolution wichtige Funktionen in den neu gegründeten Vereinen Musikkapelle, Bürgerwehr und Chor. Im Alter von 63 Jahren ließ sich Reiser 1867 wegen Schwerhörigkeit in den Ruhestand versetzen und zog mit seiner Frau zunächst zu Sohn Friedrich Hermann, Organist und Chorleiter in Rheinfelden. Nach dessen Tod ging es nach Kapfenberg in die Steiermark zu Sohn Fridolin Reiser, wo er 1889 starb.

Reiser war Gründer der heutigen Chorgemeinschaft. Die umrahmte denn auch die Vernissage mit besonderem Liedgut: Alle Stücke hatten besonderen Bezug zu Reiser. Zunächst spielte Chorleiter Volker Bals am Flügel eine Romanze von Clara Schumann, mit der Reisers Tochter Emmeline, eine Opernsängerin, befreundet war. Später sang der Chor eine Komposition ihres Gründers, das Sanctus aus der Missa C, am Ende ein Ave Maria, komponiert von Sohn Friedrich Hermann.

Nach den Noten zu den Stücken der Reisers war im Vorfeld der Ausstellung aufwendig recherchiert worden, am Ende wurde Frank Geist, der maßgeblich an der Organisation der Ausstellung beteiligt war, in der Schweiz, Österreich und in Südtirol fündig. Die Stadt Gammertingen kaufte Kopien der Noten. So wurden die Lieder, nachdem sie wie ihr Komponist für die Gammertinger vergessen waren, bei der Ausstellungseröffnung im Rathaussaal nach 175 Jahren zum ersten Mal wieder ans Licht geholt.

Diese Noten, aber auch andere, die im Fundus der Chorgemeinschaft zu finden waren, sind nun in der Ausstellung im Alten Oberamt zu sehen. Daneben finden sich Gemälde, Lehrbücher und Schriftsätze von und über den Gammertinger Musterlehrer Reiser. Die Ausstellung ist bis zum 28. Dezember immer sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. (GEA)