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Aktuell Tradition

Bei Münsingen mit Pferden auf Zeitreise ins 19. Jahrhundert

Vom Alten Lager bis nach Marbach – am Wochenende waren Reiter in historischen Uniformen unterwegs.

Foto: Joachim Lenk
Foto: Joachim Lenk

MÜNSINGEN. Der 24. Oktober 1895 sollte das Leben in und um Münsingen entscheidend verändern. An diesem Tag fand das erste Scharfschießen auf dem 3.700 Hektar großen Gefechtsschießplatz auf dem Münsinger Hardt statt. Zwei Jahre später wurde das angrenzende Barackenlager für die übenden Truppen des XIII. Königlich Württembergischen Armeekorps eingeweiht.

Zwischen Eröffnung Schießplatz und Ende des Ersten Weltkrieges waren, außer den Soldaten, zeitweise bis zu 1.500 Pferde im Alten Lager untergebracht. Den Militärs standen mehr als zwei Dutzend Stallbaracken zur Verfügung. Zudem gab es eine Isolierstation für verwundete Tiere, einen Krankenstall sowie ein sogenanntes Pferdebad.

Der Deutsche Kavallerieverband deckt das breite Spektrum der Reiterei von 1500 bis 1918 ab.  FOTO: LENK
Der Deutsche Kavallerieverband deckt das breite Spektrum der Reiterei von 1500 bis 1918 ab. FOTO: LENK
Der Deutsche Kavallerieverband deckt das breite Spektrum der Reiterei von 1500 bis 1918 ab. FOTO: LENK

Nicht ganz so viele Trakehner, Freiberger, Andalusier und Murgesen – italienische Barockpferde –, waren am Wochenende zu Gast in der ehemaligen Soldatensiedlung Altes Lager. Der Deutsche Kavallerieverband, der in Weißenhorn (Bayern) seinen Sitz hat, hatte zu seinem viertägigen Frühlingsmanöver auf historischem Grund und Boden geladen. Zahlreiche reitende Gruppen, Regimenter und Verbände gehören dem 160 Mitglieder zählenden Verein an.

Trakehner, Andalusier, Murgesen

30 Reiter und zahlreiche Helfende kamen mit ihren Huftieren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Biwak ins heutige Albgut. Die Teilnehmenden hatten originalgetreue Uniformen, Kopfbedeckungen und Waffen von damals mit dabei. So zum Beispiel die vom einstigen Ulanen-Regiment König Wilhelm I., das in Ulm stationiert war und regelmäßig zum Üben nach Münsingen kam. Die Reiter präsentierten den Zuschauern morgens und nachmittags öffentliche Trainings und Formationsritte. Der Deutsche Kavallerieverband ist auf keine geschichtliche Epoche festgelegt und deckt das breite Spektrum der Kavallerie von 1500 bis 1918 ab, informierte hoch zu Ross Hans Pecovnik, der aus Bad Urach kommt.

Patrouille mit Karte und Kompass

Er betonte, dass der Kavallerieverband eine unpolitische Interessengemeinschaft sei. Für Intoleranz und radikale Ansichten sei bei seinem Hobby, der Geschichtsdarstellung der militärischen Reiterei verschiedenster Epochen, kein Platz. Für Pecovnik und seine Mitstreiter gehe es um die traditionsreiche Reiterei und nicht darum, den Krieg zu verherrlichen. Man biete den Zuschauern vielmehr »Geschichte zum Anfassen«.

Das Frühlingsmanöver erstreckte sich am Wochenende nicht nur auf das Albgut. Mit Karte und Kompass unternahmen die Hobbysoldaten Patrouillenritte ins Haupt- und Landgestüt Marbach, wo sie die Gestütsleiterin begrüßte. Danach standen die Prüfungen der Ulanen und Dragoner auf dem Manöverplan: Dressur und Galopp reiten, springen, in Formation durch unwegsames Gelände sowie Waffenreiten mit Säbel und Lanze. Als historische Grundlage dient die Heeresdienstvorschrift 12 von 1918, nach der die Pferde ausgebildet werden.

Am »Tag des offenen Denkmals« im September kommen knapp ein Dutzend Reiter des Vereins wieder in die ehemalige Soldatensiedlung, um sich einem breiten Publikum zu präsentieren. Pecovnik plant, dort eines Tages die Deutsche Meisterschaft ausrichten zu können. Gespräche mit dem Albgut-Eigentümer seien bereits geführt worden. (GEA)