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Bauernkrieg erreichte 1525 auch Münsingen - Vortrag von Dr. Eberhard Fritz

Historiker Dr. Eberhard Fritz berichtete in der Münsinger Zehntscheuer über den Bauernkrieg von 1525 und seine Auswirkungen auf der Schwäbischen Alb.

Dr. Eberhard Fritz berichtete am Donnerstagabend in der Zehntscheuer über den Bauernkrieg von 1525, der auch in Münsingen und Zw
Dr. Eberhard Fritz berichtete am Donnerstagabend in der Zehntscheuer über den Bauernkrieg von 1525, der auch in Münsingen und Zwiefalten um sich gegriffen hatte. Foto: Norbert Leister
Dr. Eberhard Fritz berichtete am Donnerstagabend in der Zehntscheuer über den Bauernkrieg von 1525, der auch in Münsingen und Zwiefalten um sich gegriffen hatte.
Foto: Norbert Leister

MÜNSINGEN. Das Thema des Bauernkriegs im Jahr 1525 ist nach den Worten von Münsingens Stadtarchivar und Kulturamtsleiter Yannik Krebs 500 Jahre später »mehr als omnipräsent«. Am Donnerstagabend nun also auch in Münsingen: Das Reutlinger Kreisarchiv hatte sich mit dem Münsinger Geschichtsverein zusammengetan und den Vortrag des Metzinger Historikers Dr. Eberhard Fritz organisiert. Das Angebot traf auf erstaunlich großes Interesse – rund 100 Personen waren in die Münsinger Zehntscheuer gekommen.

Krebs hatte betont, dass der Aufstand der Bauern 1525 nicht isoliert zu betrachten sei, »das war der Höhepunkt unruhiger Zeiten«. In diesem Sinne erläuterte auch Eberhard Fritz das Ereignis: Die gravierenden Unterschiede im Amt Urach zwischen dem Ermstal und der Albhochfläche hätten eine bedeutende Rolle gespielt: Unten im Tal ließ sich mit Weinbau und Getreide Geld verdienen, auf der Alb gab es vor allem Wald. Zuständig war der Forstmeister des Klosters Zwiefalten, »der hatte eine wichtige Stellung«, so Fritz. Forstmeister galten jedoch als arrogant, sie bekamen immer mehr Rechte, die Bauern fühlten sich unterdrückt. Zumal die Jagd ein Vorrecht des Adels war, die Bauern hingegen litten laut Fritz unter den Wildschäden, die ihre Ernten noch mehr beeinträchtigten.

Generell habe sich die Landwirtschaft zu Beginn des 16. Jahrhunderts »in einer Umbruchphase« befunden: Die Ressourcen wurden knapper, landwirtschaftliche Erträge mussten steigen, weil die Bevölkerung stark zunahm. In den Dörfern kam es laut Fritz zwischen den Bewohnern immer öfter zu lokalen Konflikten, mit der Folge, dass ein Ortsvorsteher eingesetzt und eine Gerichtsbarkeit eingeführt wurde. »Das Selbstbewusstsein der bäuerlichen Gemeinden ist in jenen Zeiten deutlich gestiegen.«

Hinzu kam die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg im 15. Jahrhundert: Millionen Flugblätter seien damals in ganz Europa verteilt worden. Darunter eben auch die zwölf Artikel der Bauern, die sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts organisiert hatten. Das sei übrigens eine geniale Meisterleistung der Anführer gewesen, in jenen Zeiten, in den weit verstreuten Dörfern und Höfen die Bauern zum Aufstand zu motivieren, betonte der Historiker.

Der Bauernkrieg tobte laut Eberhard Fritz vor 500 Jahren auf der Münsinger Alb nicht so gewaltig wie in anderen Regionen des Süd
Der Bauernkrieg tobte laut Eberhard Fritz vor 500 Jahren auf der Münsinger Alb nicht so gewaltig wie in anderen Regionen des Südwestens. Foto: Norbert Leister
Der Bauernkrieg tobte laut Eberhard Fritz vor 500 Jahren auf der Münsinger Alb nicht so gewaltig wie in anderen Regionen des Südwestens.
Foto: Norbert Leister

Ein weiterer Aspekt, der damals zu den Aufständen führte: Herzog Ulrich hatte aufgrund hoher Schulden und eines ausufernden Lebensstils zusätzliche Steuern eingeführt – die vor allem die Armen trafen. Schon 1514 kam es deshalb zum Aufstand des Armen Konrad, der aber niedergeschlagen wurde.

Auch auf der Schwäbischen Alb, in der Gegend von Münsingen, schlossen sich nach den Worten von Eberhard Fritz 1524 und 1525 Bauern den Aufständen an – wenn die hauptsächliche Musik damals aber andernorts spielte. Aber: Im Frühjahr 1525 folgten in Münsingen und Ehingen Bauern den Aufständischen. Doch der Schwäbische Bund, ein Zusammenschluss der Reichsstädte, hielt dagegen, wollte 500 Soldaten nach Münsingen schicken.

Der 1519 verbannte Herzog Ulrich versuchte, sich die Unruhen unter den Bauern zunutze zu machen. Mit Söldnern aus der Schweiz zog er bis nach Stuttgart. Doch vergeblich. Er wurde erneut vertrieben. Die Bauern in der Region hatten Münsingen eingenommen und dem damaligen Schultheißen damit gedroht, ihn totzuschlagen. Die Klöster Zwiefalten, Obermarchtal und Mariaberg wurden geplündert, die Äbte und Mönche waren größtenteils nach Hohengundelfingen geflohen. Die Archive der Klöster (mit all den Urkunden, die all die Verpflichtungen der Bauern gegenüber den Klöstern enthielten) wurden zerstört. Bei Tigerfeld soll es zu einer Schlacht zwischen dem Schwäbischen Bund und den Bauern gekommen sein – Schriftliches habe es dazu aber nicht gegeben, sagte Fritz.

Die Forderungen der Bauern, die in zwölf Artikeln festgehalten wurden, richteten sich vor allem gegen Leibeigenschaft und Frondienste, für die freie Wahl des Gemeindepfarrers und für die Erlaubnis, Wild, Geflügel und Fische zu jagen.

Der Aufstand der Bauern im Jahr 1525 wurde vom Schwäbischen Bund schlussendlich niedergeschlagen. Es folgten Hinrichtungen und andere schwere Strafen für die Rädelsführer. »Sind die Bauern danach aber als rechtlose Masse versunken?«, fragte Eberhard Fritz in der Zehntscheuer. Nein, lautete die Antwort. In Münsingen etwa sei es zu keinen drakonischen Strafen gekommen, »das Verhältnis zwischen den Herrschern und den Bauern wurde danach zum Teil neu geklärt«. (GEA)