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Aktuell Landwirtschaft

Bauern vor einer ungewissen Zukunft

Kritische Töne beim Erntedankfest des Kreisbauernverbands in Würtingen

Erntedankfest des Kreisbauernverbands in Würtingen.foto: bloching
Erntedankfest des Kreisbauernverbands in Würtingen.foto: bloching Foto: Maria Bloching
Erntedankfest des Kreisbauernverbands in Würtingen.foto: bloching
Foto: Maria Bloching

ST. JOHANN/REUTLINGEN. Ist Erntedank noch zeitgemäß? Dieser Frage wurde beim Kreiserntedankfest in Würtingen nachgegangen. Juliane Vees, Präsidentin des Landfrauenverbands Württemberg-Hohenzollern, hielt die Festansprache und sprach über landwirtschaftliche Betriebe zwischen Markt, Mut und Mainstream.

Landwirte stehen unter Druck: »Sie werden von der Saat bis zur Ernte und von der Geburt eines Kalbes bis hin zum fertigen Käse auf den Prüfstand gestellt«, sagte Gebhard Aierstock, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes. Die Sorgen sind groß angesichts einer ungewissen Zukunft, der Serie schwieriger Wetterjahre und der Angriffe von außen. Hinzu kommen noch Preise, »die wenig Impulse nach oben zeigen«. Da falle es doch schwer, dankbar zu sein.

Immer strengere Vorschriften der Politik sowie Einmischungen und »gute Ratschläge« von allen Seiten stellten eine Zumutung dar und brächten nichts als Enttäuschung und Ohnmacht. »Wir fühlen uns missverstanden, abgehängt und vorverurteilt«, so Aierstock, der die konkrete Forderung des Volksbegehrens »Rettet die Bienen« scharf kritisierte, bedrohe es doch bäuerliche Existenzen und zerstöre Kulturlandschaften. So sah es auch Norbert Lins, EU-Abgeordneter der CDU und Vorsitzender des Agrarausschusses in der EU. In Deutschland und in Baden-Württemberg werde über immer neue Vorschriften diskutiert und mit diesen würde die Landwirtschaft immer stärker eingeschränkt. Dass jetzt Landwirte mit einem eigenen Antrag auf ein Volksbegehren unter die Leute gingen, sei der richtige Weg und werde von der CDU unterstützt.

»Landwirte sind die ersten Opfer des Klimawandels und es liegt in ihrem eigenen größten Interesse, dass es nicht so kommt, wie befürchtet.« Lins sagte seine Unterstützung der Landwirtschaft auf europäischer Ebene zu.

Wie notwendig diese ist, machte Juliane Vees deutlich. Denn die Landwirtschaft sei »diesem enormen Druck nicht mehr gewachsen« und sitze zwischen allen Stühlen. Bäuerliche Familien stünden am Pranger, obwohl Landwirtschaft mehr sei als die Sicherheit für das tägliche Brot. Den Spagat zwischen noch mehr Naturschutz, »Rettet die Bienen« und Weltmarkt wollten und könnten viele Betriebe nicht mehr schaffen. Dabei trage der Verbraucher mit seinem Einkaufsverhalten zur Problematik bei: »Immer billiger, immer frischer, immer unzeitgemäßer – die Wertschätzung der Mittel zum Leben ist zu gering.« Bei ihrem täglichen Einkauf könnten Menschen ein Zeichen setzen für regionale, gesunde Produkte und damit auch für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft vor Ort. »Die Akzeptanz für unsere Betriebe zu erhalten, ist heute eine dringende Notwendigkeit, um die wir nicht herumkommen.«

Martina Lauterbach, stellvertretende Bürgermeisterin in St. Johann, hob die Bedeutung von Erntedank hervor: »Wer dankt, denkt nach und erinnert sich.« Nahrung sei nicht nur ein Agrarprodukt, sondern eine Gabe Gottes. Pfarrer Sebastian Roos gab zu bedenken, dass der Mensch viel gestalten könne: »Wachsen lassen kann er aber nicht.« Die Kreisvorsitzende der Landfrauen Pia Münch sprach das Schlusswort, musikalisch umrahmt wurde das Kreiserntedankfest von den »64ern vom Musikverein Upfingen« und vom Landfrauenchor. Das Kabarettduo »Flegga-Rätscha« sorgte für die komödiantische Unterhaltung. (in)