LICHTENSTEIN-HONAU. »Oh Mann, do könntescht doch – noi, i derf’s et saga«, schimpfte Vorsitzender Klaus Beck am Samstagnachmittag, als just zur Eröffnung der Hockete des Fördervereins Honauer Bahnhof ein schier sintflutartiger Wolkenbruch über dem 1892 im Schweizer Chaletstil erbauten Kulturdenkmal am Ortsrand von Honau niederging. Seine Laune bessert sich aber schon ein paar Stunden später, als sich die Regenwolken verzogen hatten und doch viele Gäste zum Bahnhofsareal kamen.
Schon zum 20. Mal richtete der 2002 gegründete, rührige Verein seine gemütliche Hockete aus, um zum Erhalt des historischen Gebäudes beizutragen. Er hätte sein Fest verkleinert und den Bauernmarkt gestrichen, erklärte Klaus Beck. Es sei ziemlich schwierig, Marktbeschicker zu finden, seit der Coronapandemie sei es fast unmöglich. So solle es einfach eine gemütliche Hockete sein. Gut 30 Helfer sorgten dafür, dass es den Besuchern an nichts fehlte. Von der Roten Wurst über gegrillte Steaks bis zu Kaffee und Kuchen konnten die Gäste verschmausen. Während Samstag abends Ingrid und Günne für musikalische Unterhaltung sorgten, spielten zum Frühschoppen am Sonntag Gebhard Alber und seine Enkel auf.
Lagerleben wie im Mittelalter
Weil es den Markt nicht gab, hatten sich die Verantwortlichen einen besonderen Clou einfallen lassen. Die Söldnerrotte Fraternitas Libertatis, eine Bruderschaft der Freiheit aus dem 13. Jahrhundert, hatte sich in einem Heerlager niedergelassen. Mehrere Zelte, eines davon mit einer Schlafstatt eingerichtet, eine von einem Wind- und Sonnenschutzsegel umrahmte Kochstelle, ein riesiger Tisch samt Bank sowie ein imposanter Waffenbock und allerlei bizarres Zubehör deuteten auf eine andere Zeit hin. Genauso speziell waren diese Menschen gewandet: Lederschuhe, die es heute in keinem normalen Schuhgeschäft zu kaufen gibt, unter einem Paar Hosen, ein Beinkleid, das nicht nach der üblichen Jeans aussah.
»Wir wollen den Menschen einfach mal das Lagerleben im Mittelalter zeigen«, sagte Hauptmann Ortwin von der Hainburg alias Maik Hartmann. Und gleichzeitig einfach auch mit bestimmten Klischees aufräumen. So verbänden viele Menschen das Mittelalter mit Hexenverfolgung, Inquisition, Folter und ganz vielen Kerzen auf der Burg. »Das hat's zu unserer Zeit alles noch gar nicht gegeben, das war ein paar Jahrhunderte später.« Solch »fahrendes Volk«, wie sie darstellten, sei damals verpönt gewesen, dabei hätte man dieses »zwar nicht zur Bewachung, aber als Reisebegleitung gebraucht«. So seien etwa Händler aus Byzanz, die Seidentücher verkaufen wollten, oder Händler aus Italien, die exotische Gewürze hierher brachten, begleitet worden. »Die kannten ja die Sprache oder die Zufahrtswege nicht.« Nach Honau hatte die Rotte den »Grafen von Eppan« und dessen Ritter mitgebracht.
An beiden Tagen zeigte Alwin Tritschler den Bau eines Jagdbogens aus Eibenholz oder wie Kettenhemde oder die »Bekleidung« eines Ritters hergestellt wurden. Katja Hartmann ließ sich beim Kochen in ihre Feuer-Herdstelle und die Töpfe schauen oder erklärte Interessierten, welche speziellen Gewürze in damaliger Zeit für den Geschmack sorgten oder auch gegen welche Krankheiten sie verwendet wurden. Dieses Söldnerleben bringe unheimliche Ruhe in ihr Leben, meinte Hartmann abschließend. »Handys und Uhren weg, Fernsehen oder Radio gibt’s ja nicht, dann gibt’s auch nichts mehr zum Aufregen.« (GEA)