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Aktuell Wahlkampf

Bürgermeisterwahl in Sonnenbühl: Vorstellungsmarathon für Kandidaten

Circa 20 Kilometer haben die Kandidaten ums Sonnenbühler Bürgermeisteramt zurückgelegt. In jeden Ortsteil tingelten sie, um sich bei der Kandidatenvorstellung der Gemeinde zu präsentieren.

Wie hier in Erpfingen waren in allen Hallen in den Sonnenbühler Ortsteilen nur wenige reservierte Plätze freigeblieben, die Sonn
Wie hier in Erpfingen waren in allen Hallen in den Sonnenbühler Ortsteilen nur wenige reservierte Plätze freigeblieben, die Sonnenbühler Bürger zeigten großes Interesse, ihre Bürgermeisterkandidaten kennenzulernen. Foto: Cordula Fischer
Wie hier in Erpfingen waren in allen Hallen in den Sonnenbühler Ortsteilen nur wenige reservierte Plätze freigeblieben, die Sonnenbühler Bürger zeigten großes Interesse, ihre Bürgermeisterkandidaten kennenzulernen.
Foto: Cordula Fischer

SONNENBÜHL. Ihre Reden haben sie fast punktgenau austariert, keiner der Kandidaten hat die 15 Minuten Redezeit überschritten. Bei den Fragen aus den Zuschauerreihen sah es einige Male anders aus. Mancher Kandidat musste im Sprint die letzte Frage beantworten, weil die Rote Karte wegen des angekratzten Zeitlimits gehoben wurde, bei wieder anderen reichten den Sonnenbühlern maximal zehn der vorgegebenen 15 Minuten, um den Kandidaten zu löchern. Insgesamt konnten sie sich bei der penibel durchgetakteten Kandidatenvorstellung ein gutes Bild von den Anwärtern aufs Bürgermeisteramt machen, welche Sach- und Fachkenntnis sie haben, wie sie auch menschlich rüberkommen. Motivation kann man keinem der vier Kandidaten absprechen. Alle wollen Bürgermeister von Sonnenbühl werden. Das haben sie in ihren Statements deutlich gemacht. Der GEA war in Erpfingen mit dabei, wo sich Gerrit Elser, Nadine Carle, Michael Schmidt und Alexander Gräff nacheinander die Klinke in die Hand gaben.

GEA-Wahlpodium

Noch einmal die Kandidaten aus einer anderen Perspektive erleben: Das können die Sonnenbühler beim GEA-Wahlpodium am Mittwoch, 29. Oktober. Es findet, nicht wie bisher angekündigt, in der Steinbühlhalle, sondern in der Sporthalle Sonnenbühl in Genkingen statt. Es bleibt bei der Anfangszeit von 19 Uhr, Hallenöffnung ist um 18.30 Uhr, der FC Sonnenbühl bewirtet. Beim Wahlpodium wird es keine vorgefertigten und vorgetragenen Statements der Kandidaten geben, nach einem lockeren Warm-up geht es in zwei lokalpolitischen Themenrunden um Sonnenbühler Baustellen, auch die Sonnenbühler haben im Anschluss Gelegenheit, Fragen zu stellen. Durch den Abend führt GEA-Redakteurin Cordula Fischer. (GEA)

Klar, alle vier hatten ihre Reden vorbereitet, mal mehr, mal weniger ausgefeilt. Ihre Positionen, Ideen und Visionen, das, wofür sie stehen, haben sie in ihren Wahlprogrammen veröffentlicht, in Interviews darüber geredet, bei Terminen in Sonnenbühl mit den Menschen gesprochen, bei Veranstaltungen und in sozialen Medien informiert. Im Wahlkampf befanden sich bis dahin nur drei - Michael Schmidt als erster Bewerber, Nadine Carle und Gerrit Elser. Alexander Gräff ist in Sonnenbühl live sonst noch nicht in Erscheinung getreten. Spannend ist es bei den Kandidatenvorstellungen immer, wenn die Bewerber ihre Komfortzone verlassen und auf Fragen aus dem Publikum antworten müssen.

In Erpfingen interessierten natürlich Erpfinger Themen: Wie sieht's mit der Ortsmitte aus? Wie mit dem Baugebiet Filz II? Und natürlich ging's auch ums große Ganze: Was bedeutet eine »moderne Verwaltung«? Welche Idee hat der Kandidat oder die Kandidatin, um Menschen fürs Ehrenamt zu motivieren beziehungsweise es zu honorieren? Wie würden sie Ihren Führungsstil beschreiben? Wie will er oder sie Sonnenbühler Interessen im Landkreis voranbringen? Wie stehen die Kandidaten zu Umweltschutz, Landwirtschaft, erneuerbaren Energien? Und zum Gefühl, die Erpfinger fühlten sich benachteiligt, ob ein paritätisch besetzter Gemeinderat nicht gut wäre? Wobei nicht alle Kandidaten jede Frage gestellt bekamen.

Elser präsentierte sich als Routinier. Er sprach über organisatorische und finanzielle Unterstützung fürs Ehrenamt. Über Digitalisierung als Vehikel für eine moderne Verwaltung, in der Menschen auch nach ihrer Arbeitszeit einen Ansprechpartner finden, das Rathaus als Dienstleister. An der Bauleitplanung müsse man hartnäckig dranbleiben - in allen Ortsteilen, auch beim Baugebiet Filz. Der Ex-Bürgermeister habe sich immer persönlich dafür eingesetzt, dass sich kein Ortsteil abgehängt fühlt, er stehe für eine Gemeinde, die sich um alle kümmere.

»Außer Sonnenbühl wird es für mich und meine Frau nichts anderes mehr geben«

Sein Lebenslauf zeuge nicht von großer Beständigkeit, musste sich Gerrit Elser aber auch sagen lassen. Ob er Sonnenbühl wieder verlassen würde, wenn sich ein vermeintlich besseres Angebot auftun würde, wollte eine Erpfingerin wissen: Elser hatte sich zweieinhalb Jahre nach seiner Wiederwahl 2007 aus dem Sonnenbühler Bürgermeisteramt um den Oberbürgermeisterposten in Giengen an der Brenz beworben und dort den Wahlsieg errungen. Elser parierte routiniert: »Außer Sonnenbühl wird es für mich und meine Frau nichts anderes mehr geben.« Im Gegenteil: Er könne sich vorstellen, auch über die ersten acht Jahre hinaus Sonnenbühler Bürgermeister zu sein. Auch interessierte sein Lebenslauf - was kam denn nach 2017? Er zählte auf: Geschäftsführer der Sowitec Group, Pandemiebeauftragter des Landkreises von 2021 bis 2022. Danach hatte er sich ums Oberbürgermeisteramt in Weingarten beworben, ein Unfall, den er und seine Frau hatten, machte diesen Plan zunichte, sie hätten sich davon erholen müssen, in dieser Zeit habe er nicht gearbeitet.

»Vetterleswirtschaft - nicht mit mir, ich bin nur Ihnen verpflichtet«

Digitale Möglichkeiten nutzen, nach Stärken schauen, interkommunal arbeiten, antwortete Nadine Carle auf die Frage nach der Verwaltung. Für die Ortsmitte von Erpfingen gebe es einen Gemeinderatsbeschluss von 2021, dass die Tourist-Info nach Erpfingen verlegt werden soll. »Wir reden schon viel zu lang« über die Planungen, wie es mit der Feuerwehr in Erpfingen weitergehe. Man dürfe ihr nicht die Wurzeln ausreißen, man müsse alle zusammen an einen Tisch bringen, Lösungen finden. Ein Ehrenamtstag sei längst beschlossen, aber nicht umgesetzt. »Ich bin kooperativ, will auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern umgehen, einen Teamspirit schaffen«, sagte sie über sich in einer Führungsposition. »Agil reagieren«, digitale Möglichkeiten für jüngere Leute nutzen, Online-Dienste anbieten, per Telefon Termine vereinbaren müsste aber ebenso möglich sein, auch die Senioren müsse man mitnehmen, so sehe sie eine moderne Verwaltung.

Um Sonnenbühl im Landkreis zu vertreten, wolle sie interkommunale Kräfte bündeln, Engstingen, Trochtelfingen, Hohenstein seien mit dem Gewerbepark schon weiter: "Wir können da noch was besser machen." Beim Thema Biosphärengebiet müsse man einen besseren Austausch hinbekommen, die Menschen mehr in Entscheidungen einbeziehen, "schauen, wie wir Förderungen auch für die Landwirtschaft generieren können". »Vetterleswirtschaft - nicht mit mir, ich bin nur Ihnen verpflichtet«, versicherte sie den Bürgern.

»Der Bürgermeister muss Mitglied im Kreistag sein«

Michael Schmidt schwebt vor, eine Ehrenamtskarte als Gutscheinbuch mit Vergünstigungen für Engagierte einzuführen, er wolle ansprechbar sein, flexiblere Möglichkeiten finden, damit Vereine auch im Notfall an eine Förderung kommen. Erneuerbare Energien: Der Hohfleck sei durchdiskutiert, Flächen für Solarfelder müsse man an entsprechend geeigneten Stellen erschließen. »Es ist gut, wenn wir uns als Sonnenbühl autark versorgen können.« Thema Umweltschutz: Mit dem Beitritt zum Biosphärengebiet werde ein Beitrag geleistet, Flächenverbrauch werde es dennoch geben, wenn sich Sonnenbühl weiter entwickeln soll.

Eine eindeutige Antwort zur paritätischen Besetzung im Gemeinderat werde er nicht geben. Er könne das Anliegen aus Erpfinger Sicht verstehen. Aber: »Wir müssen gucken, was vordringlich ist.« Aber »bestenfalls gelingt es einfach, dass sich keiner zurückgesetzt fühlt«. Er werde immer für alle Ansprechpartner sein. Und ja, Filz II müsse Priorität haben, da müsse es schnell gehen, Bauplätze müssten schnell zur Verfügung stehen. Beim Thema Ortsmitte tickte die Uhr runter, kaum zwei Sätze konnte Schmidt dazu sagen. Aber auch hier müsse man schnell sein, die Feuerwehr mitnehmen und auch auf die Wohnungsbaugesellschaft zugehen, wenn man dort Wohnungen entwickeln wolle. Außerdem müsse der Bürgermeister Mitglied im Kreistag sein, er werde dafür kandidieren. Er werde außerdem sein Netzwerk nutzen, um die Sonnenbühler Interessen im Kreis zu vertreten und auch mit den Nachbarkommunen eine starke Front für Themen von der Alb bilden wollen.

»Der Bürgermeister muss Bier trinken und einen Bauch haben. Das hab ich geschafft«

Als Letzter betrat Alexander Gräff die Bühne, sprach lang über den ehemaligen Engstinger Bürgermeister Klaus-Peter Kleiner. Was ihn von ihm unterscheide, worin er ihm gleiche, wurde gefragt. »Ich bin eher der Praktiker.« Und Kleiner sei ebenfalls ein großer Auto- und Motorsportfan gewesen. Warum er seine Bewerbung recht kurzfristig eingereicht habe? Ja, »auf die letzte Minute, wie im Film. Ich habe hin- und herüberlegt. Es ist nicht einfach, man steht in der Öffentlichkeit. Ich bin 56, wenn ich's jetzt nicht versuche, dann gar nicht mehr.« Er sei Mitglied in der Partei AfD, sagte er auf Nachfrage aus dem Publikum, die »Bürgermeisterkandidatur ist aber meine Sache«. Konkrete Ideen gab's weder in seiner Vorstellung, noch bei seinen Antworten, dafür viele Plattitüden: »Der Bürgermeister muss Bier trinken und einen Bauch haben. Das hab ich geschafft.« Gefragt zum Thema Jugendförderung sagte er: Man müsse Anreize schaffen, dass sie im Verein aktiv sein können, »auch finanziell machen, was man tun kann«. Eine moderne Verwaltung sieht er so: Digitalisierung sei wichtig, Bürokratie abbauen, »dass man nicht jedes Ding genehmigen muss«. »Auf der Alb, in Deutschland allgemein ist es so, dass man mit der Digitalisierung hintendran ist.« Zum Punkt Landwirtschaft sagte er: »Es wird immer weniger, die Großen werden mehr, es wäre schön, wenn wir mehr kleinere Bauern hätten. Aber das lohnt sich wohl nicht mehr.« Biogasanlagen seien ein Punkt, den man in die Betrachtung nehmen könne, »aber die Förderung streicht man«.

An dieser Stelle kam kein Zuhörer mehr ans Mikrofon. Moderator Holger Dreher meinte, es seien wohl alle Fragen gestellt. »Oder sie erübrigen sich«, sagte deutlich vernehmbar eine Frau aus dem Publikum. Und dann kam doch noch eine Frage zur Benachteiligung Erpfingens vor allem beim Thema Ortsmitte, worauf Gräff zugab, dass er »als Außenstehender nicht im Thema drin« sei. »Aber einen Bauwagen habt ihr schon.« Raunen und Lachen im Saal. Und somit verabschiedete er sich: »Ihr könnt raten, was ich jetzt mach: a scheens Bierle trinken.« Das habe man auch mit Klaus-Peter Kleiner gekonnt, hatte er eingangs erzählt. (GEA)