GRANHEIM. In der heutigen Gesellschaft sind Hosen für Frauen ein selbstverständlicher Teil der Garderobe. Doch der Weg zu diesem alltäglichen Bild war lang und steinig. In der Geschichte der Beinkleidung geht es also nicht nur darum, wie Frauen vor noch gar nicht allzu langer Zeit in die Hosen kamen und um die Entwicklung der Mode, sondern auch um den Kampf um Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz. Gabriele Bauer-Feigel weiß viel darüber zu erzählen. »Junge Leute können sich heute nicht vorstellen, dass Frauen in Hosen noch vor 70 Jahren eher selten waren.«
Bis ins 19. Jahrhundert waren Frauen in Hosen ein Tabu. Hosen wurden als Kleidungsstück für Männer betrachtet, das mit Stärke, Macht und Freiheit assoziiert wurde. Frauen hingegen trugen lange Röcke und Kleider, die oft die Bewegungsfreiheit einschränkten und eine passive Rolle in der Gesellschaft symbolisierten. In vielen Kulturen waren Hosen sogar ein Zeichen der Unanständigkeit. Frauen, die sich entschieden, Hosen zu tragen, wurden häufig sozial geächtet oder als unweiblich betrachtet. Selbst die sogenannten »Stehbrunzhosen« mit offenem Schritt, die die bis dahin getragene Nacktheit unter den Röcken ablöste, wurde als unziemlich betrachtet. Bauer-Feigel spricht von der »Unaussprechlichen«, die nach der Wäsche vom Dienstpersonal nur hinter große Leinentücher auf der Wäscheleine aufgehängt werden durfte.
Ein Wendepunkt in der Geschichte der Frauenmode kam mit der Suffragettenbewegung in den frühen 1900er Jahren. Engagierte Frauen kämpften für das Wahlrecht, aber auch für die Freiheit, sich so zu kleiden, wie sie es wünschten. Bis es jedoch so weit war, mussten sie lange ausharren. Mutige Frauen begannen, Hosen zu tragen und sich von strengen Konventionen zu befreien. Der Einfluss von Sport und einer aktiveren Lebensweise, die Gesundheitsbewegung und die arbeitenden Frauen während und nach dem Ersten Weltkrieg trugen schließlich immer mehr dazu bei, dass Hosen als praktisches Kleidungsstück angesehen wurden. Dennoch blieben sie für Frauen in vielen Bereichen, insbesondere im Berufsleben, ein umstrittenes Thema.
Gesellschaftliche Normen schränkten die Freiheit ein, sich in Hosen zu kleiden. »Mädchen um 1900 wurden Hosen oft nicht gestattet. Vielmehr hieß es, dass Bewegungen, die nicht im Rock möglich wären, von sich aus unanständig sind«, berichtet Bauer-Feigel. Sie hat von einer Frau Jahrgang 1934 erfahren, dass diese sich um 1950 eine Hose anzog, um Traktor fahren zu können. »Ordensfrauen aus dem Ort kamen zu ihr nach Hause und wollten dieser Unzucht ein Ende bereiten.« Letztendlich hatte sich die Frau trotzdem durchgesetzt. Eine Kinderkrankenschwester hat ihr erzählt, wie sie 1966 in Hosenbekleidung an ihrem freien Tag die Kantine besuchte, aber deshalb hinausgeworfen wurde.
Zwar begann sich in den 1960er und 1970er Jahren die Wahrnehmung von Frauen in Hosen zu verändern, auch weil Mode-Ikonen Hosen trugen, diese die Akzeptanz in der Gesellschaft förderten und die Modeindustrie schließlich auf den Wandel reagierte. Dennoch ist die SPD-Abgeordnete Lenelotte von Bothmer ein gutes Beispiel dafür, dass sich vor allem Männer mit der wandelnden Modeerscheinung schwer taten. Ihr Erscheinen im Bonner Parlament im Hosenanzug sorgte sogar am Abend für einen Tagesschaubericht. In bösen Briefen wurde sie als »Schwein« betitelt, das dem »armen Deutschland« schade. »In den 1990er Jahren haben wir schließlich getragen, was immer wir wollten«, erzählt Bauer-Feigel.
Ausdruck von Professionalität und Selbstbewusstsein
Dies auch, weil die Akzeptanz von Frauen in Hosen in den 1980er Jahren einen neuen Höhepunkt erreichte. Hosen wurden nicht mehr als unweiblich angesehen, sondern als Ausdruck von Professionalität und Selbstbewusstsein. Im Granheimer Modemuseum sind unterschiedliche Hosen zu sehen: ein Skianzug aus den 1930er Jahren von einer Geschäftstochter aus Ehingen, die damals schon emanzipiert, mutig und ungewöhnlich unterwegs war; Skihosen aus den 1960er Jahren mit Steg; dreiteilige Anzüge mit kurzer Hose, Oberteil und Jacke, oder mit einem Rock darüber; ein schicker Hosenanzug aus den 1950er Jahren aus St. Tropez; ein bunter Jumpsuit mit Neckholder; schicke Zweiteiler in türkis-silber, in orange-gold und lila. Neben diesen besonderen Exponaten können auch Erzählungen, Geschichten und Fotos in der Ausstellung bestaunt werden.
Dieser Ausflug in die Vergangenheit zeigt, dass der Weg von Frauen in Hosen ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Veränderungen war. Von den strengen Konventionen des 19. Jahrhunderts bis hin zur Selbstverständlichkeit von Hosen in der heutigen Mode ist es ein faszinierender Prozess, der nicht nur die Mode, sondern auch die Rolle der Frau in der Gesellschaft nachhaltig geprägt hat. Die Geschichte der Frauen in Hosen ist also auch eine Geschichte des Wandels, des Kampfes und der Hoffnung auf Gleichheit.
Öffnungszeiten
Öffnungszeiten des Modemuseums in der Von-Speth-Schülzburg-Straße 38 in Ehingen-Granheim sind: Sonntag, 27. April, 11 bis 16 Uhr. Samstag, 17. Mai und Sonntag, 18. Mai, Samstag, 21. Juni und Sonntag, 22. Juni, Samstag, 12. Juli und Sonntag, 13. Juli jeweils von 13 bis 16 Uhr.