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Auftakt des Projekts »Kirche als Dritter Ort« in Aichstetten

Was wird aus St. Sebastian in Pfronstetten-Aichstetten? Das Gotteshaus will sich der kirchlichen und der weltlichen Gemeinde öffnen, ohne seinen Charakter zu verlieren.

Um die Aichstetter Kirche St. Sebastian soll mehr Leben stattfinden.
Um die Aichstetter Kirche St. Sebastian soll mehr Leben stattfinden. Foto: Steffen Wurster
Um die Aichstetter Kirche St. Sebastian soll mehr Leben stattfinden.
Foto: Steffen Wurster

PFRONSTETTEN-AICHSTETTEN. Die Testwochen sind vorüber und die im Projekt Engagierten ziehen eine positive Bilanz: St. Sebastian soll zum »Dritten Ort« werden. In der schmucken kleinen Kirche im Pfronstetter Teilort Aichstetten wird es immer ruhiger. Gottesdienst für die Gemeinde Aichstetten-Tigerfeld wird nur noch zweimal im Monat gehalten, eine Sanierung wurde bereits zweimal abgelehnt und für laufende Maßnahmen stehen immer weniger Mittel zur Verfügung. Die katholische Kirchengemeinde ist aber durchaus lebendig, wie sich in den vergangenen Wochen gezeigt hat, und auch die protestantischen Nachbarn und die weltliche Gemeinde hängen am Kirchlein.

Letzter Austausch beim Workshop.
Letzter Austausch beim Workshop. Foto: Steffen Wurster
Letzter Austausch beim Workshop.
Foto: Steffen Wurster

Was also tun? Die Idee kam auf, die Kirche in einen »Dritten Ort« zu verwandeln, in dem neben den traditionellen religiösen Feiern Raum für mehr ist. Aichstetten ist kein Einzelfall, die Kirchen kämpfen überall mit weniger Gläubigen, weniger Seelsorgern und knappen Kassen. Die Kirchen suchen nach Lösungen, eines ist das Projekt »Kirchliche Räume zu Dritten Orten weiten« in Baden-Württemberg. Aichstetten ist eine von nur vier Testgemeinden im Land, das Projekt zieht daher überregional Aufmerksamkeit auf sich. Begleitet wird es vom Architekturbüro Prinzmetal mit Sitz in Köln und Berlin, das auch an anderen »Dritten Orten« mitarbeitet, und der Hochschule Heilbronn. Die Architekten legen ihren Schwerpunkt auf den Raum, die Hochschule hat soziologisch fundierte Befragungen in Aichstetten durchgeführt. »Auf die Ergebnisse sind wir gespannt«, sagt Kirchengemeinderat Wolfgang Zürn.

Erfolgreiche Veranstaltungen

Eine Veranstaltungsreihe startete Anfang August (der GEA berichtete), jetzt wurde in einem Workshop in der Kirche ein erstes Fazit gezogen und weitere Ideen gesammelt, wie es mit dem Projekt weitergehen kann. Ob und wie wird voraussichtlich im Januar entschieden, sagt Zürn. Den Auftakt der Testphase »Dritter Ort« machte ein Eröffnungsfest am 3. August. »Die Kirche war voll«, erzählt Zürn. Wichtiger für ihn: Nach dem anschließenden gemeinsamen Mittagessen um und vor allem auch in der Kirche - Dritter Ort! - blieben die Gäste noch lange sitzen und tauschten sich aus. Dabei kam auch gleich die Idee eines Filmabends im Kirchlein auf, der dann noch im September umgesetzt wurde. Mit dem Überraschungsfilm »Beckenrand-Sheriff«, in dem es um die drohende Schließung eines Freibads geht - das habe vom Thema her gut gepasst, schmunzelt Zürn.

Dass St. Sebastian unproblematisch zum Kino werden kann, hat mit der Arbeit von Prinzmetal zu tun. Ein Teil der fest installierten Bänke wurde ausgebaut - sie sind aber noch da und können wieder eingesetzt werden -, um Raum zu schaffen, für einen Chor, für ein Bewegungsevent oder eben fürs Kino. Außerdem können Teile des Kirchenraums mit Tüchern abgehängt werden, um Besprechungsräume oder Ähnliches zu schaffen. Vor der Kirche gibt es Sitzgelegenheiten für spontane und geplante Begegnungen und die Aussegnungshalle kann mit mobiler Küche zur Bewirtung genutzt werden. Daran haben die Erbauer sicher nicht gedacht.

Workshops und Befragungen

Höhepunkt war am 4. August der »Church Summer«. Eingeladen waren Kinder, Jugendliche und Interessierte, über 100 Kinder aus der ganzen Seelsorgeeinheit waren angemeldet und hatten den ganzen Tag ihren Spaß bei Spielen und Basteln. »Die Befürchtungen, dass sie aus Langeweile anfangen, im Chor Fußball zu spielen, haben sich nicht erfüllt«, kommentiert Zürn. Gemeindereferentin Patricia Engling, die das Großereignis zusammen mit dem Jugendreferat Reutlingen nach Aichstetten geholt hatte, sei heute noch selig. Nicht für die Öffentlichkeit - aber weggeschickt wurde keiner, so Zürn -, war die Jugendseelsorgekonferenz der Dekanate Reutlingen-Zwiefalten und Rottenburg, die recht kurzfristig nach Aichstetten kam: St. Sebastian kam erst als Nachrücker im Mai ins »Dritte Orte-Programm«. Dass die Konferenz in St. Sebastian tagte, empfinden die Aichstetter und Tigerfelder als Zeichen der Unterstützung der Kirche.

Was gab es sonst in der Testphase? Einen Gottesdienst plus Frühschoppen mit dem Theologen Bernd Hillebrand von der Universität Graz und einen Vortrag vom eigenen Pfarrer Sigmund Schänzle zum Thema kirchliche Räume. Beide Male war die Kirche voll besetzt, berichtet Zürn. Ebenso die Eucharistiefeier mit dem Kinder-Musical »Himmel und Erde«, mit dreißig aktiven Kindern.

Im Workshop sind jetzt weiter Ideen und Meinungen gesammelt worden, bis Sonntag, 12. Oktober, können die Aichstetter und Tigerfelder noch in einem Fragebogen ihre Ansichten kundtun. Anonym könnten so auch Kritiker sich äußern, glaubt Zürn, die das vielleicht persönlich nicht tun wollten. (GEA)