MÜNSINGEN. Eine Rendite von bis zu 60 Prozent. Das verspricht zumindest die angebliche Allianz Invest, mit Sitz in Spanien. Klar, dass bei einem solch lukrativen Zinsangebot den Anlegern die Dollarzeichen in den Augen aufleuchten. So auch bei einem 81-jährigen Älbler, der ein entsprechendes Angebot im Internet vorfand, knapp 2.000 Euro investierte und anschließend sprichwörtlich auf die Schnauze fiel.
Nicht nur, weil das Geld futsch ist, sondern weil sich der Rentner in dieser Angelegenheit wegen leichtfertiger Geldwäsche vor dem Amtsgericht Münsingen verantworten musste. Der Ruheständler wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt, zudem muss er die Gerichtskosten und die Auslagen für seinen Rechtsbeistand übernehmen.
Schon einmal war der 81-Jährige, wie er berichtete, von Anlagebetrügern im Netz reingelegt worden. Deshalb habe er dieses Mal auf den guten Namen Allianz gesetzt und sich im Internet über die Seriosität des international tätigen Finanzdienstleisters erkundigt. Daher überwies er innerhalb eines Jahres gutgläubig rund 2.000 Euro auf sein Invest-Handelskonto. Um schneller an die Zinsgewinne zu kommen, ließ er sich auf den Deal seines vermeintlichen Allianz-Anlageberaters ein, 10.000 Euro, die er von einem Fremden auf sein Konto als »Bonuszahlungen« überwiesen bekam, auf ein ausländisches Anlagekonto zu transferieren.
Bank verständigte die Kripo
Da das besagte Kreditinstitut in Litauen nach Auskunft seiner Hausbank keinen guten Ruf hat, wurde die Überweisung nicht getätigt. Das teilte der Rentner seinem Anlageberater mit, der ihm daraufhin weitere 15.000 Euro von einem anderen Fremden auf das Konto überweisen ließ. Dieses Mal mit der Bitte, das Geld in kleineren Beträgen auf andere Konten zu überweisen.
Inzwischen hatte die Bank die Kripo verständigt, die den Älber zu Hause aufsuchte und versuchte, ihm die Augen zu öffnen. 60 Prozent Rendite, bei nur sieben Prozent Provision für den Anlageberater, rechnete der Polizeibeamte dem Rentner vor. Der ließ sich nicht beirren, glaubte weiterhin an das Gute im Menschen.
IDENTITÄTSMISSBRAUCH
Die Finanzaufsicht BaFin warnt seit Februar 2024 vor Angeboten der angeblichen Allianz Invest. Es besteht der Verdacht, dass die bisher unbekannten Täter ohne Erlaubnis Bankgeschäfte sowie Finanz- und Wertpapierdienstleistungen anbieten. Sie täuschen den Abschluss von Festgeldverträgen vor und die Möglichkeit, Gelder in Krypto-Werten oder Aktien anzulegen. Dabei erwecken sie den Eindruck, es handele sich um die von der BaFin beaufsichtigte Allianz Global Investors GmbH, Frankfurt am Main. »Das ist falsch. Hier liegt ein Identitätsmissbrauch vor«, informiert die Finanzaufsicht auf ihrer Homepage. (lejo)
Er zeigte dem Kripobeamten den Kontostand im Internet, der märchenhafte 21.000 Euro anzeigte, obwohl er erst knapp 2.000 Euro einbezahlt hatte. Das seien mehr als 1.000 Prozent Rendite, rechnete der Kripomann dem Älbler vor, der sich immer noch nicht belehren ließ, die Finger davon zu lassen. Die anschließenden Überweisungen wurden ebenfalls von der Bank zurückgehalten, da man nun von Geldwäsche ausging.
Die Anklage warf dem Rentner vor, im Wissen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn lief, weiterhin versucht zu haben, Geld, das ihm nicht gehörte, »auf fünf bis sechs dubiose Konten im Ausland« zu transferieren. Auch sei er nicht stutzig geworden, dass die vermeintlichen Allianz-Mitarbeiter nur per WhatsApp und einer »Gmail.com«-E-Mail-Adresse mit ihm korrespondierten und dem Älbler ein vorgegebenes, nicht zu änderndes Passwort fürs Onlinekonto übermittelt hatten. »Spätestens jetzt hätten die Alarmglocken bei ihnen schrillen müssen.« Deshalb warf die Staatsanwältin dem Rentner grobe Fahrlässigkeit beziehungsweise Gleichgültigkeit an der Verschleierung und Weiterleitung von aus Straftaten stammenden Vermögenswerten vor.
Sein Mandant habe sich blenden lassen und sei naiv gewesen, von leichtfertiger Geldwäsche könne also keine Rede sein, argumentierte der Rechtsbeistand des Rentners und forderte einen Freispruch.
Geldstrafe von 2.400 Euro
Diesem Antrag folgte die Richterin nicht. Sie verurteilte den 81-Jährigen zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro, 600 Euro mehr als die Anklage gefordert hatte. Sie warf dem Älbler vor, nach dem Motto »Augen zu und durch, ich kann nur gewinnen« gehandelt zu haben. Es sei utopisch, einem Rendite-Versprechen von bis zu 60 Prozent Glauben zu schenken. Und es ergebe keinen Sinn, vermeintliche »Bonuszahlungen« von Fremden, die man nicht behalten darf, auf ausländische Konten zu transferieren. Dass ihm da keine Zweifel gekommen seien, sei nicht nachvollziehbar, so die Richterin. Es versteht sich von selbst, dass sie noch eine sogenannte Wertersatzeinziehung anordnete, will heißen, dass der Verurteilte die zu Unrecht erworbenen 25.000 Euro nicht behalten darf.
Die Verhandlung wurde von der Klasse 8 der örtlichen Realschule verfolgt. Der eine oder andere Schüler wird diese Geschichte bestimmt den Großeltern erzählen und sie vor ähnlichem Handeln warnen. Der Kriminalbeamte, der als Zeuge ausgesagt hatte, informierte das Gericht, dass diese Art von Betrug in der Region derzeit zunehme. (GEA)
IM GERICHTSSAAL
Richterin: Julia Felbinger Staatsanwalt: Lisa Schall Rechtsanwalt: Stephan Lormann