ST. JOHANN. Der Schwäbische Albverein unterhält insgesamt 28 Aussichtstürme. Jeder von ihnen ist einzigartig. So auch die 23 Meter Hohe Warte, die vor 100 Jahren auf dem höchsten Punkt St. Johanns in 820 Metern Höhe gemeinsam mit einem Ehrenmal erbaut wurde. »Nicht nur wegen der schönen Aussicht mit Blick in die Ferne und dem Gefühl von Freiheit, sondern auch, um an zivile Opfer und gefallene Albvereinsmitglieder im Ersten Weltkrieg zu erinnern«, betonte Thomas Keck, stellvertretender Präsident des Schwäbischen Albvereins, im Rahmen der Gedächtnisfeier.
Der Bau und vor allem seine Finanzierung seien ein »schwieriges Unterfangen« gewesen. So kurz nach dem Krieg kam die Erschaffung dieses Turms einem Wunder gleich. »Menschen hatten zu knapsen, trotzdem spendeten sie und halfen beim Bau«. Für Keck ein Zeichen von Gemeinschaftssinn, Zusammengehörigkeitsgefühl und Verbundenheit zum Schwäbischen Albverein. Seit 100 Jahren findet jedes Jahr das Gedenken an verstorbene Albvereinsmitglieder im Oktober statt, am Sonntag nun auf dem Platz vor dem frisch sanierten Turm.
Sanierungskosten 60.000 Euro
Laut Werner Schrade, Vorsitzender des Ermsgaus, lagen die Kosten für die »nicht einfache Maßnahme« der Sanierung bei unter 60.000 Euro und damit deutlich unter der Kostenschätzung. Da der Schwäbische Albverein viele Aussichtstürme und Wanderheime zu unterhalten hat, wurde ein Spendenkonto errichtet mit dem Ziel, 10.000 Euro zu sammeln. Letztendlich kamen 19.300 Euro zusammen, am Sonntag wurden die 20.000 Euro vollgemacht.
Ohne Ehrenamt, so machte Bürgermeister Florian Bauer deutlich, wären sowohl der Bau als auch die jetzige Renovierung nicht machbar gewesen. Das »St. Johanner Wahrzeichen« stehe also für Engagement, vor allem aber heute mehr denn je für Frieden und Freiheit. »Angesichts der Kriege in der Ukraine und in Israel alles andere als eine Selbstverständlichkeit«, so Bauer. Stolz und unverrückbar stehe die Hohe Warte an ihrem Platz, während sich in den vergangenen 100 Jahren die Welt um den Turm verändert habe. Bauer sah in ihm deshalb ein Zeichen von Zeitlosigkeit und Beständigkeit, darüber hinaus eine Mahnung für die Werte des Schwäbischen Albvereins mit Freude am Wandern und Bewahrung der Natur. Er selbst sei schon als kleiner Bub mit seinem Vater oft hierhergekommen und habe die »atemberaubende Aussicht« genossen. Für ihn sei die Hohe Warte ein Ort der Begegnung, des Austauschs, des Innehalten, des Gedenkens und der Erinnerung.
»Eine Zufluchtsstätte in schwierigen Zeiten - Pfarrer Johannes Eißler«
Erbaut für die Opfer des Ersten Weltkrieges, später ergänzt für die Verstorbenen im Zweiten Weltkrieg, haben Turm und Ehrenmal laut Keck nun eine »ergänzende Neudeutung« für alle Opfer von Krieg und Gewalt erhalten. »Ganz aktuell zieht sich eine blutige Spur des Schreckens durch unsere Welt«, sagte er. Über Generationen hinweg stand Europa unter dem Eindruck der beiden Weltkriege und setzte sich mit einem »Nie wieder Krieg« ein fundamentales Ziel. Doch im Februar 2022 zerbrach diese Hoffnung, seither führe die Ukraine einen Überlebenskampf gegen den russischen Aggressor und für Freiheit und Demokratie. »Dieser verzweifelte Mut verdient unseren Respekt, dieses Schicksal unsere Solidarität«, so Keck. »Unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen – zu Hause und in der ganzen Welt«. Pfarrer Johannes Eißler bat um diesen Frieden und bezeichnete die Hohe Warte als »Zufluchtsstätte in schwierigen Zeiten«, als ein Statussymbol, das »ein Stück Heimatgefühl vermittelt«.
Unter den zahlreichen Gästen befanden sich auch Nachkommen von Hans Widmann, der als damaliger Obmann des Erms-Gaus einen großen Verdienst am Bau von Turm und Ehrenmal trug. Sie waren eigens zur Gedächtnisfeier aus Mainz, aus der Eiffel und aus dem Odenwald angereist.