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Aktuell Tierschutz

1.000 Streunern soll geholfen werden: Wie die Katzenaktion in Münsingen läuft

MuT will generalstabsgerecht geplant 1.000 Streuner einfangen, kastrieren und versorgen

Streunern geht es nicht immer so gut, wie es manchmal aussieht.  FOTO: STRATENSCHULTE/DPA
Streunern geht es nicht immer so gut, wie es manchmal aussieht. FOTO: STRATENSCHULTE/DPA
Streunern geht es nicht immer so gut, wie es manchmal aussieht. FOTO: STRATENSCHULTE/DPA

MÜNSINGEN. Katzen einfangen und kastrieren, das klingt erst einmal recht brutal. Tatsächlich ist es eine hilfreiche und notwendige Maßnahme, um den zahlreichen Streunern – mehr oder weniger besitzerlosen, freilaufenden Katzen – zu helfen.

In Münsingen wird in der verlängerten zweiten Aprilwoche eine hier beispiellose Aktion stattfinden. In allen Ortsteilen plant die Stadt gemeinsam mit der Tierschutzorganisation »Mensch und Tier« (MuT) in einer verlängerten Woche bis zu 1.000 Katzen einzufangen, zu kastrieren und falls notwendig medizinisch zu versorgen.

Helfer aus dem ganzen Land

»Mensch und Tier« konnte zahlreiche ehrenamtliche Helfer gewinnen, um an der aufwendigen Aktion mitzuwirken. Darunter zahlreiche Tierärzte aus der Region, die die Eingriffe vornehmen werden.

1.000 Katzen, die innerhalb einer Woche versorgt werden müssen: Das erfordert fast schon militärische Planung. MuT wird ein Basislager in Münsingen einrichten. Im Vorfeld haben die Katzenschützer bisher etwa 80 Hotspots identifiziert und ausgekundschaftet, in denen gefangen werden soll. Die Spots verteilen sich über alle Münsinger Teilorte, mit Fokus auf die ländlichen Bereiche. »In der Kernstadt werden wir nicht aktiv«, beruhigte MuT-Vorstand Svenja Große-Kleffmann Katzenhalter. Denn bei der Aktion geht es eben um Streuner, verwilderte Tiere, die sich ohne Herrchen oder Frauchen durchschlagen. Wie viele es davon gibt, weiß niemand. Auf Höfen wurden bei kleineren Kastrationsaktionen schon bis zu 30 Tiere eingefangen, damit hatten weder Tierschützer noch Hofbesitzer vorher gerechnet.

Wilde Katzen leiden oft an Mangelernäherung

MuT hat sich ein Bild verschafft und die Zustimmung der Grundstücksbesitzer eingeholt. Ob am Schluss 1.000 Katzen zusammenkommen oder ein paar mehr oder weniger, wird sich zeigen. »Die Katzen müssen auch da sein«, sagt Große-Kleffmann. Und in die Fallen gehen müssen sie auch, ob die Köder oder der gute alte Baldrian funktionieren, wird sich weisen.

Verwilderte Katzen kommen nur auf den ersten Blick alleine zurecht, tatsächlich leiden sie an einer Vielzahl von Beschwerden von Mangelernährung bis zu Katzengrippe und Zahnausfall. Und die geschickten Jäger dezimieren nicht nur Mäuse, sondern auch bedrohte Arten, ob mit Federn oder Fell.

Klar ist den Katzenfreunden, dass auch so eine Mammutaktion das Problem nicht auf einen Schlag lösen wird: »Wir wollen auf das Thema aufmerksam machen, ein Problembewusstsein schaffen«, sagt Große-Kleffmann.

Der Verein ist noch recht jung, hat sich erst Ende 2023 gegründet. Dass er in der Lage ist, die Tausend-und-eine-Katzen-Aktion zu stemmen, sagt einiges über den Willen und das Organisationsgeschick der bereits 78 Mitglieder plus weiterer Ehrenamtlicher aus.

Kastrationen kosten Geld, 60 Euro für ein Männchen, 80 Euro für eine Kätzin. Die Stadt Münsingen steuert 5.000 Euro bei, 10.000 Euro kommen vom Regierungspräsidium, rund 80.000 Euro trägt der Verein – kein Pappenstiel. Für die Aktion haben sich zahlreiche Helfer gemeldet, die Freiwilligen kommen aus ganz Baden-Württemberg, reisen zum Teil mit dem Wohnmobil an. Verstärkung wird trotzdem noch gesucht, jeder wird möglichst entsprechend seiner Fähigkeiten und Neigungen eingesetzt.

Kosten von 100.000 Euro

Die Fangplätze, die Hotspots, hat MuT bereits im Blick. Dort werden die Fallen gestellt und bleiben unter Beobachtung, die Tiere sollen möglichst wenig Zeit in den Drahtfallen verbringen. Die MuT-Aktiven haben Erfahrungen mit Fangaktionen, Große-Kleffmann ist zuversichtlich, dass unnötiger Stress vermieden werden kann. Bereits tätowierte und kastrierte Tiere werden wieder entlassen, die anderen zu den wartenden Tierärzten gebracht. »Und vielleicht findet sich ja die eine oder andere vermisste Katze, die wieder nach Hause gebracht werden kann«, sagt Große-Kleffmann.

Wartezeiten werden in Kennels überbrückt, große Käfige mit Platz für die Transportbox, ein Katzenklo und Futterstelle. Jede Katze wird registriert mit einer Beschreibung, Fundort, Geschlecht und etwaigen Auffälligkeiten. Mit einem tragbaren Ultraschallgerät kann geprüft werden, ob Katzen trächtig sind – trächtige Tiere kommen zu einer der rund 150 wartenden Pflegestellen.

Wenn sie fit sind, kommen sie schnell wieder zum Fundort auf »ihren« Hof zurück und werden dort künftig gefüttert. Sie werden auch tätowiert und, falls schwarz, auch gechippt, schwarze Tinte im schwarzen Ohr sieht man schlecht.

Für den Verein ist Münsingen auch ein Lernprozess, im Herbst sind weitere Aktionen auf der Alb geplant. (GEA)

 

UNTERSTÜTZER GESUCHT

Wer die Aktionswoche mit Fahrten oder in den Fang-Teams unterstützen möchte, eine Pflegestelle anbieten kann oder die Aktion mit Spenden unterstützen will, kann sich beim Verein »Mensch und Tier« melden. (GEA) 0163 2603569 www.tierschutzverein-mut.de