TÜBINGEN. Zwei gebürtige Albaner (44 und 43 Jahre alt) und ein 40-jähriger Italiener müssen sich derzeit vor dem Landgericht Tübingen für einen Überfall auf einen Gastwirt von der Alb verantworten, ein weiterer Tatbeteiligter ist weiterhin auf der Flucht (wir berichteten). Während der letzten beiden Verhandlungstage wurde etwas deutlicher, welche Rolle der 44-Jährige spielte.
Dieser Mann war offenbar der Tippgeber für den Überfall. Er hielt sich letztes Jahr öfters in der Albgemeinde auf. Dort hatte er eine Geliebte, Anfang 30, die am Mittwoch als Zeugin geladen war, aber wenig Erhellendes beitragen konnte. Vor Ort erfuhr der 44-Jährige wohl, dass das Überfall-Opfer Gehälter für Aushilfskräfte vor der Auszahlung zu Hause in einer Schreibtisch-Schublade aufbewahrte.
Geliebte in der Albgemeinde
Der überfallene Mann sagte am Donnerstag aus. Einerseits verwies der 82-jährige Gastwirt auf Aussagen, die er zuvor den ermittelnden Polizisten gegenüber getätigt hatte, andererseits relativierte er manche dieser Aussagen. Immerhin erkannte der Mann auf ihm vorgelegten Fotos einige der aus seinem Haus geraubten Gegenstände wieder. Zu mehreren im Bild gezeigten, beschrifteten Briefumschlägen, die Geld enthielten, sagte er: »Das ist meine Handschrift!« Allerdings enthielt die dokumentierte Diebesbeute auch Gegenstände, die der Mann nicht als sein Eigentum identifizierte, darunter wertvolle Geldmünzen, die, so der 82-Jährige, nicht zu seiner Sammlung gehörten. Die geraubte Geldsumme betrug etwas mehr als 12.000 Euro.
Zur Tat am frühen Morgen des 6. Juni 2024 sagte der Gastwirt aus, er sei gegen zwei Uhr im Bett gelegen, erschrocken aufgewacht und habe Lichtkegel an Wand und Decke gesehen. Kurz darauf hätten ihn zwei Männer mit Masken über den Gesichtern aufs Bett gedrückt und mit etwas Spitzem hantiert. Bei einem der beiden sei ein roter Bart unterhalb der Maske erkennbar gewesen.
Die Räuber kamen nachts
Dieser Mann, der »stabilere« der zwei Angreifer, habe ihm kurze Fragen gestellt: »Koffer, wo Koffer?« Der Schmächtigere der beiden habe ihn mit einer Schusswaffe in Schach gehalten. Der 82-Jährige gab an, die beiden hätten sich »in einer Balkansprache« miteinander verständigt und ihn dazu genötigt, in den Nebenraum zu gehen und dort den Schreibtisch zu öffnen.
In der Schublade hätten sie, neben dem Geld, den Schlüssel zum Tresor gefunden, den der Größere öffnete. In diesem Zusammenhang habe er bemerkt, dass der Mann, der den Tresor öffnete, eine Pistole im Hosenbund stecken hatte. Die beiden hätten beide Stockwerke des Hauses ausgeraubt und ihn anschließend mit seinen eigenen Hosenträgern und mit Klebeband gefesselt sowie ihm einen Streifen über den Mund geklebt.
Aus eigener Kraft befreit
Es habe rund eine Stunde gedauert, bis er sich befreien konnte. Weil beide Telefone nicht gingen, habe er ein Hemd angezogen und habe dann die Nachbarn wach geklingelt, um daraufhin die Polizei zu verständigen. Untersuchungen ergaben einen länglichen Kratzer am Arm, der von jenem spitzen Gegenstand herrühren könnte, mit dem einer der Männer anfangs hantierte. Dies könnte eine Spritze gewesen sein.
Der 82-Jährige gab an, nicht mehr zu Hause schlafen zu können. Selbst das Bett auszutauschen, habe nichts gebracht. Der 44-jährige Angeklagte entschuldigte sich auf Deutsch und übergab dem Opfer Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro. (GEA)