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Ärztemangel und lange Wartezeiten: Unmut auf der Alb

Laut einer Umfrage im Zuge des BaWü-Checks blicken die Menschen skeptisch in die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Welche Erfahrungen haben die Bewohner auf der Alb gemacht und wie ist ihre die Stimmung?

Die Gesundheitsversorgung auf der Schwäbischen Alb bleibt für die Anwohner ein schwieriges Thema.
Die Gesundheitsversorgung auf der Schwäbischen Alb bleibt für die Anwohner ein schwieriges Thema. Foto: Nico Stengert/Adobe Stock
Die Gesundheitsversorgung auf der Schwäbischen Alb bleibt für die Anwohner ein schwieriges Thema.
Foto: Nico Stengert/Adobe Stock

MÜNSINGEN/HOHENSTEIN/ENGSTINGEN. Der wichtigste Geburtstagswunsch: »Bleib gesund!« Daran hat sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Was sich allerdings gewandelt hat, ist die Zuversicht der Menschen, dass das auch eintrifft. Im Zuge des BaWü-Checks - einer Umfrage des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSDZ) - hat das Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach Menschen zur Gesundheitsversorgung befragt. Mit ernüchternden Ergebnissen. Wie aus der Studie hervorgeht, ist die Mehrheit der Befragten unzufrieden mit der Gesundheitsversorgung und blickt skeptisch in die Zukunft. Besonders in den ländlichen Regionen machen sich die Menschen Sorgen über den Ärztemangel. Und auch lange Wartezeiten auf einen Termin trüben die Stimmung, wie die Umfrage zeigte.

Hautnah erleben das die Menschen auf der Alb. Wie Simone Lehmann, 60, aus Münsingen. Es fehle an einem Hautarzt, da müsse man dann nach Ehingen oder Reutlingen fahren, klagt sie. Auch einen »guten« HNO-Arzt würde sie vermissen. »Man muss schon weit fahren«, stellt sie fest. Zudem hat sie schon zweierlei Erfahrungen machen müssen, wie schwer es sein kann, von einem Arzt behandelt zu werden. Ihre Enkelin habe vier Monate auf einen Termin beim Augenarzt warten müssen. Und sie selbst habe kürzlich Probleme mit ihrem Rücken gehabt, wie sie erzählt, aber erst Tage später eine Behandlung bekommen. »Ich fühlte mich bescheiden. Ich brauche ja jetzt Hilfe, und nicht in ein paar Tagen.« Man fühle sich nicht ernst genommen, so die Münsingerin.

Hannelore und Rainer Böhm sind verstimmt.
Hannelore und Rainer Böhm sind verstimmt. Foto: Andreas Stephan
Hannelore und Rainer Böhm sind verstimmt.
Foto: Andreas Stephan

Ähnliche Erfahrungen machte das Ehepaar Hannelore und Rainer Böhm. Für Fachärzte müssten die beiden immer nach Reutlingen fahren, was »ärgerlich« sei. Schlimmer sei jedoch die Terminfindung. »Am Telefon bekommt man keinen Termin«, sagt die 64-Jährige, als sie von ihrem Lungenfacharzt berichtet. Man müsse persönlich vorbeikommen, um überhaupt für eine Behandlung eingetragen zu werden, auf die man dann vier bis sechs Monate warte. Auf einen Termin beim Augenarzt hätte Rainer Böhm gar zwei Jahre warten müssen, wie er erzählt. Und auch seine Frau wurde vertröstet. »Ich hatte einen schweren Husten mit Lungenentzündung«, sagt sie. Ein Jahr habe sie sich gedulden müssen. Bis dahin »war ich schon fast wieder gesund«. Sie prangert an: »Es muss doch möglich sein, einem schwer Kranken einen Termin zu geben.«

Heinz Döring kann sich nicht erklären, woran es hapert.
Heinz Döring kann sich nicht erklären, woran es hapert. Foto: Andreas Stephan
Heinz Döring kann sich nicht erklären, woran es hapert.
Foto: Andreas Stephan

»Grundsätzlich ist die Versorgung gut, aber man muss zu lange auf einen Termin warten«, meint auch der 83-jährige Heinz Döring. Beim Ohrenarzt habe der Gomadinger erst Ende November einen Termin. Und wenn man eine Untersuchung im MRT braucht, dann »muss man an drei oder vier Stellen fragen, damit man innerhalb eines Monats dran kommt«. Er könne sich nicht erklären, dass bei den Fachärzten alles so voll sei.

Sascha Müller sieht das Problem beim fehlenden Ärztenachwuchs.
Sascha Müller sieht das Problem beim fehlenden Ärztenachwuchs. Foto: Andreas Stephan
Sascha Müller sieht das Problem beim fehlenden Ärztenachwuchs.
Foto: Andreas Stephan

Auf die Frage, ob er den Eindruck habe, bei einem akuten gesundheitlichen Problem schnell genug von einem Facharzt behandelt werden zu können, hat Sascha Müller aus Hohenstein eine klare Antwort: »Nein, bei keinem eigentlich.« Der 54-jährige hat Probleme mit Kopfschmerzen und ein viertel Jahr auf einen Termin gewartet. »Das Problem ist auch, dass man so lange nicht krankgeschrieben wird«, gibt er zu bedenken. Man fühle sich nicht gut, wenn man so lange warten müsse. Außerdem würde er gerne seinen Rheumatologen wechseln, aber das gehe nicht, »weil keine Termine vergeben werden«. Aber er erkennt an: »Die Ärzte sind überlastet. Es gibt zu viele kranke Bürger für zu wenig Ärzte.« Einen Lösungsansatz hat er jedoch gleich parat: »Menschen motivieren, Medizin zu studieren. Und vielleicht auch weg vom Numerus clausus. Denn die Noten in bestimmten Fächern sagen nichts über die Talente und Fähigkeiten aus, die man braucht.«

Hans-Peter Bauer findet klare Worte zur Situation.
Hans-Peter Bauer findet klare Worte zur Situation. Foto: Andreas Stephan
Hans-Peter Bauer findet klare Worte zur Situation.
Foto: Andreas Stephan

Ein weiteres Problem erkennt Hans-Peter Bauer, 66, aus Engstingen. Er bezeichnet die Gesamtsituation als »schlecht«. »Bei Fachärzten geht überhaupt nichts«, poltert er. Termine gebe es gar nicht. Eine Ursache dafür hat für sich ausgemacht: »An Privatpatienten ist mehr verdient. Und wenn immer mehr gespart wird, wird die Situation nicht besser.«

Es gibt auch positive Stimmen: Richard Schrade ist zufrieden.
Es gibt auch positive Stimmen: Richard Schrade ist zufrieden. Foto: Andreas Stephan
Es gibt auch positive Stimmen: Richard Schrade ist zufrieden.
Foto: Andreas Stephan

Richard Schrade, 77, aus Münsingen findet dagegen die medizinische Versorgung »gut«. Er habe noch nie Probleme gehabt. Auf seinen Hausarztwechsel habe er zwar ein halbes Jahr warten müssen, »aber mein Gott, was ist schon ein halbes Jahr warten auf einen Arztwechsel. Das ist nicht schlimm.«

Ähnlich positiv gestimmt ist Gertrud Klum, 77, aus Gomadingen. Sie merkt zwar auch an, dass man vor allem beim Augenarzt »elend lange warten muss« und ihr sei bewusst, dass es nicht alle Fachärzte in naher Umgebung zu finden sind. Aber sie meint: »Man kann nicht alles haben.« In Münsingen sei sie sehr zufrieden, da es hier das Ärztezentrum gäbe. »Und das muss erhalten bleiben.« Falls sie ein akutes Problem hätte, sei sie zuversichtlich, dass sie schnell versorgt werde. (GEA)

Der BaWü-Check

Der BaWü-Check ist eine Umfrage des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger. Der Zusammenschluss von 55 Tageszeitungen beauftragt in regelmäßigen Abständen das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD), das dann 1.000 Bürger im Land zu der Arbeit der Landesregierung befragt. Die Themen reichen von der Flüchtlingssituation, über Bildungspolitik - bis hin zur Gesundheitsversorgung.