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Aktuell Prozess

Älbler hat Zwölfjährige zu sexuellen Handlungen genötigt

Amtsgericht Reutlingen verhandelt gegen 25-jährigen Älbler wegen mehrerer Straftaten.

Justitia an der Fassade des Amtsgerichts Reutlingen.  FOTO: ZENKE
Justitia an der Fassade des Amtsgerichts Reutlingen. FOTO: ZENKE
Justitia an der Fassade des Amtsgerichts Reutlingen. FOTO: ZENKE

KREIS REUTLINGEN. Eigentlich sollte der Fall am Dienstag im Amtsgericht zu Ende verhandelt werden, doch weil die auf Video gespeicherte polizeiliche Vernehmung des Opfers trotz mehrfacher Versuche auf dem Bildschirm nicht aufzurufen war, wird ein zweiter Sitzungstermin notwendig, kein Ruhmesblatt für die Justizverwaltung.

Worum geht es? Der in in einer Albgemeinde wohnende 25-jährige Angeklagte soll im Sommer 2020 ein im Hessischen lebendes zwölfjähriges Mädchen, das er in einem Erwachsenen-Chatkanal auf Facebook kennengelernt hatte, durch Drohungen dazu bewegt zu haben, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen und dem Angeklagten davon Bilder und Videos zu schicken.

Mutter entdeckt Videos

Insgesamt 14 verschiedene Anklagepunkte verlas Staatsanwältin Bettina Schmid. Dabei ging es auch um den Besitz und die Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Bilder und Videos und um Videotelefonate mit Formen sexualisierten Missbrauchs. Aufgeflogen war das alles nach mehreren Monaten. Die Mutter entdeckte Bilder und Videos auf dem Handy der Tochter und nahm es ihr weg.

Zu einer Anklage kam es aber erst, als im April 2023 die Mutter des Opfers feststellte, dass der Angeklagte erneut Kontakt zur Tochter aufgenommen hatte. Sie ging zur Polizei an ihrem Wohnort, die wiederum die Kollegen im Landkreis Reutlingen einschaltete. So kam es schließlich zu einer Hausdurchsuchung beim Beschuldigten, bei der mehrere Handys und ein Tablet – insgesamt neun Datenträger – beschlagnahmt wurden.

Richterin Insa Föhn wollte vom Angeklagten zunächst wissen, ob er sich überhaupt zum Sachverhalt äußern wolle. Sichtlich nervös und permanent an den Nägeln kauend, bejahte der junge Mann. Er werde einräumen, was zutreffe, aber vieles stimme auch nicht.

Auch er zeigt sich nackt

Kennengelernt habe er das Opfer in einer speziellen Facebook-Gruppe für Erwachsene: »Da man in diese Gruppe erst ab 18 reinkommt, habe ich mich darauf verlassen.« Schnell wurde der Nachrichtenaustausch jedoch reger und die beiden wechselten zu WhatsApp. Ein Bild von sich habe sie schon vorher bei Facebook eingestellt gehabt. Erst später, als sie ihm das Duschvideo schickte, sei ihm klar geworden, dass sie wohl jünger sei als gedacht.

Trotz intensiver Befragung seitens der Richterin beharrte der Älbler auf seiner Version, dass er nie Druck auf das Mädchen ausgeübt habe, ihm Bilder der Brust oder des Genitalbereichs zu schicken. Sie habe diese freiwillig geschickt, auch das Gesicht sei nicht zu sehen gewesen – »glaube ich«. Ein Problem sah er darin nicht, weil sie seiner Meinung ja über 18 Jahre alt war. Weshalb auch er sich bei Videotelefonaten ihr nackt gezeigt habe.

Er stritt ab, sie bedroht zu haben, ihm Bilder und Videos zu schicken, auf denen sie sich mit einer Bürste, Stiften und Flaschen im Schambereich manipuliert. »Ich habe sie nie bedrängt.« Das Duschvideo sei ebenfalls auf ihren Wunsch hin zustande gekommen. Und ihre Adresse habe sie ihm freiwillig nach einigen Chats genannt. Während der ganzen Zeit, in denen sie kommunizierten, sei sie stets allein in ihrem Zimmer gewesen.

Der Angeklagte räumte ein, dass das Mädchen ihm erzählt habe, sie werde in der Schule gemobbt. Dass sie sich an den Armen stark verletzte und das Blut über ihre Brüste verteilte, daran konnte er sich nicht erinnern.

Zugeschaltet per Videoschalte wurde dann die zuständige Polizeioberkommissarin, die in Hessen nach der Anzeige der Mutter mit dem Fall betraut war. Die Mutter hatte 2023 einen Chatverlauf abfotografiert, der belegen sollte, dass der Angeklagte wieder Kontakt mit der Tochter aufgenommen habe. Dies stritt der Angeklagte ab: Das Mädchen habe ihn auf dem Handy schon lange vorher geblockt. Das Handy sei zudem seit 2022 nicht mehr in seinem Besitz gewesen. Tatsächlich war von den Experten nicht mehr zu klären, wie das Profilbild und der Chatverlauf auf diesem Handy landeten.

Wohnung durchsucht

Gegenüber der Kommissarin hatte das Opfer angegeben, dass der Angeklagte von Anfang über ihr Alter informiert war. Nach einem anfänglich eher banalen Austausch seien die Chats immer mehr auf die sexualisierte Ebene gelangt. Der Angeklagte habe sie aufgefordert, Bilder und Videos zu schicken, da er ihre Adresse kenne. Er habe ihr gedroht, sie und ihre Familie bloßzustellen. Insgesamt seien es mehr als 30 Videos und 100 Fotos gewesen. Von ihm stamme auch die Aufforderung, sich die Arme aufzuritzen und ihr Blut über ihre Brüste zu verteilen.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten im April 2023 wurde der Mann mit Partnerin und einem zwei Wochen alten Baby angetroffen. Auf den sichergestellten Handys konnten nur noch das Duschvideo und ein Foto eines weiblichen Geschlechtsteils unter dem Dokumentennamen des Opfers nachgewiesen werden. Die zuständige Oberkommissarin erklärte, dass auf dem Duschvideo durchaus optisch erkennbar sei, dass es sich um eine Minderjährige handelte.

Als dritte Zeugin sagte die Polizeibeamtin aus, die die Tochter im Beisein der Mutter in Hessen befragt hatte. Sie betonte, dass es laut Aussage des Opfers der Angeklagte gewesen sei, der immer mehr sexualisierte Fotos und Videos wollte, und dies mit der Androhung, er würde persönlich vorbeikommen. Zudem seien auf allen Fotos Gesicht, Brust und Ge-schlechtsteile zu erkennen gewesen.

Zur Aussage des Opfers kam es dann nicht mehr. Der Angeklagte hatte auf Anraten seines Anwalts Maximilian Keller auf das persönliche Erscheinen des Opfers verzichtet. Da das Abspielen der Videoaufnahme des polizeilichen Verhörs aus technischen Gründen nicht klappte, gibt es nun einen zweiten Verhandlungstermin am 28. Februar. (ber)

 

IM GERICHTSSAAL

Richterin: Insa Föhn; Schöffen: Christine Speidel, Tobias Kern; Staatsanwältin: Bettina Schmid; Verteidiger: Maximilian Keller. (GEA)