PFRONSTETTEN. Was hat ihn vor 16 Jahren nach Pfronstetten gezogen? Was hat ihn so lange dort gehalten? Und was zieht ihn jetzt weg? Auf alle drei Fragen hat Reinhold Teufel klare, authentische Antworten. Nach seiner Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst sammelte Teufel Berufserfahrung als Hauptamtsleiter in Langenenslingen und im Bauamt der Stadt Burladingen. "Als Handwerker denkt man, wenn man's lange genug macht, über Selbstständigkeit nach." Und als Verwaltungsmann übers Bürgermeisteramt. "Allerdings nicht um jeden Preis. "Ich bin ein heimatverbundener Mensch - damit hat sich die Zahl der in Frage kommenden Gemeinden erheblich reduziert", sagt der Inneringer.
Sich für Pfronstetten zu entscheiden, bedeutete damals auch, ein schweres Erbe anzutreten: Teufels Vorgänger Michael Waibel ging als Skandalbürgermeister in die Geschichte ein und war nach vier Jahren im Amt schließlich vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. »Die schwierige Situation zu ordnen«, sagt Teufel, habe ihn gereizt. »Das ist spannender als wo hinzukommen, wo schon alles funktioniert.« Den Bauhof neu aufzustellen und mit Roland Kurz seinen Wunsch-Leiter zu verpflichten, war eines seiner ersten und wichtigsten Projekte. Der Neubau war umstritten, heute ist jeder froh darüber, dass der Pfronstetter Bauhof Aufgaben übernimmt, die in anderen Gemeinden an Externe vergeben werden. Hoch- und Tiefbau, verschiedene Handwerksberufe - die Mitarbeiter sind breit aufgestellt, »das spart Kosten und Wartezeiten«.
»Für eine dritte Amtszeit hat mir letztlich eine gewisse Idee gefehlt«
Auch im Rathaus hat Teufel einiges neu geordnet. An Tag eins als Bürgermeister traf er lediglich eine Vorzimmerdame, eine Kassenverwalterin mit Halbtagsjob an und zwei weitere Mitarbeiter - das war's. »Jeder hat irgendwie alles gemacht.« Kein Dauerzustand, aber immerhin einer, der drei Jahre anhielt. Dann zog der erste Kämmerer ins Pfronstetter Rathaus ein. Über die zweite Amtsperiode setzt Teufel die Überschrift »Infrastruktur«. Beim Breitbandausbau war und ist die Albgemeinde vorne dabei. Corona hat viel gebremst, unter anderem das Projekt Dorfgemeinschaftshaus Aichelau, das eigentlich 2022 hätte abgeschlossen sein sollen. Jetzt wird's 2025.
Für eine dritte Amtszeit, sagt Reinhold Teufel, »hat mir letztlich eine gewisse Idee gefehlt«. Möglich wäre der Ausbau erneuerbarer Energien gewesen. Dass ihn das gereizt hätte, ist ein offenes Geheimnis, der Bürgerentscheid über die Verpachtung kommunaler Flächen sorgte für Schlagzeilen - und eine eindeutige Tendenz: Die Pfronstetter wollen keine Windräder auf ihrer Gemarkung. »Die Bürger haben es nicht mitgetragen, das muss man akzeptieren«, sagt er. Das Thema Windkraft sei aber nur einer von mehreren Aspekten gewesen, die letztlich zu seiner Entscheidung geführt hätten, sich nicht erneut zu bewerben.
Gerne mehr erreicht hätte er auch auf dem Feld der interkommunalen Zusammenarbeit mit den Nachbarn aus Zwiefalten und Hayingen. Vorstellbar wäre für ihn beispielsweise eine gemeinsame Kämmerei gewesen. Geworden ist daraus bis dato nichts. Schade, findet Teufel, der ein Fan größerer Strukturen ist: Den gemeinsamen Gutachterausschuss der Alb-Gemeinden, der nun zentral im Münsinger Rathaus sitzt, ist für ihn ein leuchtendes Beispiel. Die Zusammenarbeit gefährdet aus seiner Sicht die Eigenständigkeit der Gemeinden nicht, ganz im Gegenteil, sie ist für ihn ein probates Mittel, um die Eingemeindung zu verhindern.
»Beruflich hat es mich gereizt, nochmal was Neues zu machen«
"Im privaten Umfeld bin ich eher veränderungsscheu", sagt der Familienmensch Teufel, »Beruflich hat es mich gereizt, nochmal was Neues zu machen«. Mit 54 Jahren, meint er, sei dafür der bessere Zeitpunkt als erst mit 62 nach einer dritten Amtszeit. Eine erste Amtszeit woanders? Das hätte er sich in Trochtelfingen vorstellen können, wo er im vergangenen Jahr als Bürgermeister kandidierte - und als fairer Verlierer vom Platz ging. Plan B: Sich frei machen und neu definieren. Das hat Teufel getan, er wird künftig freiberuflich tätig sein. Sein Büro im Rathaus hat er geräumt, Akten auf die Bühne geschafft und Platz im Regal geschaffen. "Den kann jetzt mein Nachfolger mit Ordnern füllen."
Am 26. September wird er offiziell verabschiedet - und wird den Stab im beinahe wörtlichen Sinne an Manuel Maier weitergeben. Pfronstetten hat keine Amtskette, dafür hat der geschichtsinteressierte Schultes im Laufe seiner Jahre hier etwas viel Interessanteres gefunden und zu einer Art Amtszeichen erhoben: den »Aichstetter Dorfprügel«. Das ist eine primitive, aber wahrscheinlich ziemlich effektive Waffe, mit der sich die Aichstetter Feinde vom Leib hielten. Sonntags, weiß Teufel, gingen die Aichstetter früher geschlossen nach Tigerfeld in die Kirche, weil sie keine eigene hatten. Um ihr Hab und Gut in Sicherheit zu wissen, ließen sie einen Wächter zurück. Alle, die diese Aufgabe in den vielen Jahren hatten - und das waren nicht wenige - haben sich mit ihren Initialen auf dem Prügel verewigt. »Ich werde meine auch reinschnitzen lassen«, sagt Teufel und schmunzelt. Selbst traut er sich das mit Blick auf angeblich mangelndes handwerkliches Geschick eher nicht zu.
Auch sein neuer Arbeitsplatz wird also keine Werkbank, sondern weiterhin ein Schreibtisch sein, allerdings steht der im alten Kinderzimmer der Tochter. Rathäuser wird Teufel aber auch in Zukunft regelmäßig betreten: Freiberuflich will er neben Unternehmen vor allem auch Kommunalverwaltungen entlasten. Als Berater also? Den Begriff hört Teufel nicht so gern, er bezeichnet sich lieber als »Kümmerer« oder »Projektabwickler«. Seine Expertise sieht er vor allem im Bereich Bauen - die Verfahren werden immer komplexer und langwieriger, die Personaldecke im Verwaltungsbereich immer dünner. Offenbar stößt Teufel da in eine Marktlücke: Es gibt nicht nur erste Interessenten, sondern schon unterzeichnete Verträge, sodass er bereits am 1. September mit seiner neuen Tätigkeit beginnen wird. Zuvor gibt's Urlaub auf dem Campingplatz. »Irgendwann hat meine Frau einfach einen Wohnwagen gekauft - das war die beste Entscheidung ever«, sagt Teufel, der das »kultivierte Vagabundentum« liebt.
»Es gab Wochen, in denen ich keinen Abend daheim war«
Selbst- und nicht mehr fremdbestimmt arbeiten: Das wird anders, und es wird gut, glaubt er und blickt trotzdem mit Wohlwollen auf die vergangenen Jahre zurück: "Versammlungen und Vereinsveranstaltungen haben Spaß gemacht, aber eben auch viel Zeit gebunden, es gab Wochen, in denen ich keinen Abend daheim war." Künftig ist Teufel Herr seiner Zeit. Die will er auf dem Rad, ums Haus rum und im eigenen Wäldle verbringen, "i freu mi drauf, a bissle zu wuala". Ein neues Hobby ist das Singen im Kirchenchor, ein altes das Kicken, das er nun auf ein gelenk- und bänderschonenderes Level runterzoomt. Statt in der Alt-Herren-Mannschaft spielt Teufel künftig entschleunigtes "Walking Football" ohne Laufen daheim in Inneringen. "Böse Zungen sagen: "Für Dich ändert sich da nichts, viel gesprungen bist Du auch bisher nicht", erzählt er schmunzelnd.
Teufel ist nicht nur Vereins-, sondern auch Parteimitglied im CDU-Kreisverband Sigmaringen. »Als Wahlbeamter habe ich mich bisher eher zurückgenommen, jetzt kann ich mich zu parteipolitischen Themen offener äußern«. Er ist Vorsitzender des Bezirksverbands Württemberg-Hohenzollern der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV), »das würde ich gerne auch weitermachen, wenn es gewünscht ist«. (GEA)