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Bolberg, Buchen und Biosphäre: Was sich im Sonnenbühler Wald tut

Beim Waldumgang in Sonnenbühl hat der Gemeinderat einen Eindruck erhalten, wie es um den Kommunalwald bestellt ist und was sich dort in den kommenden Jahren tun wird.

Unterhalb des Bolbergs verläuft eine der Kernzonen, die Sonnenbühl für den Beitritt ins Biosphärengebiet ausweist.
Unterhalb des Bolbergs verläuft eine der Kernzonen, die Sonnenbühl für den Beitritt ins Biosphärengebiet ausweist. Foto: Cordula Fischer
Unterhalb des Bolbergs verläuft eine der Kernzonen, die Sonnenbühl für den Beitritt ins Biosphärengebiet ausweist.
Foto: Cordula Fischer

SONNENBÜHL. Drei Waldbilder, drei Puzzleteile: Zusammengesetzt ergeben sie nicht nur einen Eindruck davon, wie es um den Sonnenbühler Wald bestellt ist, sondern auch davon, wie er sich entwickeln wird. Denn in den kommenden Jahren wird im kommunalen Forst natürlich Holz geerntet, aber der Wald bekommt hier auch Raum, um - sich selbst überlassen - ein Refugium für allerlei seltene Tier-, Pflanzen- und Pilzarten zu werden. Dafür werden Flächen stillgelegt, um als Kernzone für das Biosphärengebiet, für das sich Sonnenbühl beworben hat, zu dienen und um den Förderkriterien des Klimaangepassten Waldmanagements zu genügen. Und das ist kein Pappenstiel: 203 Hektar - das sind 13 Prozent - werden nicht mehr bewirtschaftet. »Damit sind sie im Vergleich zu anderen Kommunen bei den Spitzenreitern«, lobt Kreisforstamtsleiter Franz-Josef Risse. Außerdem muss der Wald so umgebaut werden, dass er den sich verändernden klimatischen Bedingungen standhalten kann.

Buchen muss man nicht lang suchen im Sonnenbühler Gemeindewald: Es ist die mit 56 Prozent am stärksten vertretene Baumart. Der G
Buchen muss man nicht lang suchen im Sonnenbühler Gemeindewald: Es ist die mit 56 Prozent am stärksten vertretene Baumart. Der Gemeinderat schaut sich den Buchendauerwald an. Foto: Cordula Fischer
Buchen muss man nicht lang suchen im Sonnenbühler Gemeindewald: Es ist die mit 56 Prozent am stärksten vertretene Baumart. Der Gemeinderat schaut sich den Buchendauerwald an.
Foto: Cordula Fischer

Ein paar Zahlen verdeutlichen, welche Bedeutung der Wald für die Kommune hat. Sonnenbühl mit einer Gemarkungsfläche von 6.125 Hektar ist auf circa 2.300 Hektar von Wald bedeckt, davon gehören ungefähr 1.600 Hektar der Gemeinde. Und die häufigste Baumart ist die Buche mit 56 Prozent, die Fichte mit nur noch 16 Prozent ist dennoch wichtiger Faktor, um aus der Holzvermarktung Erlöse zu erzielen. In den einzelnen Beständen - außer in den von der ökonomischen Nutzung ausgenommenen - wird für einen Zeitraum von zehn Jahren geplant, welche und wie viele Bäume geerntet werden, wo neu angepflanzt wird, auf welche Baumarten man setzen will und mehr. Forsteinrichtung nennen das die Fachleute. Um statistische Werte zu ermitteln, haben sie auf einer Karte ein Raster angelegt, an jedem Punkt, an dem sich die Linien kreuzen und sich Wald befindet, haben sie sich den Waldzustand angeschaut. Und das war eine Menge Arbeit: Über 750 Punkte wurden abgeklappert.

Bergahorn wächst unter Buchen.
Bergahorn wächst unter Buchen. Foto: Cordula Fischer
Bergahorn wächst unter Buchen.
Foto: Cordula Fischer

Rund um den Bolberg konnte Forsteinrichter Tobias Traber exemplarisch zeigen, was den Sonnenbühler Wald mit all seinen Funktionen - ökonomisch, ökologisch, sozial und als Erholungsraum - ausmacht. Station eins: der Buchendauerwald. Wertvoll nicht nur für die Holzgewinnung. Die Rotbuche kommt nur in Europa vor. Deshalb kommt ihr besondere Bedeutung zu. Und die Sonnenbühler können sich glücklich schätzen, dass es so viele davon in ihrem Wald gibt. »Wo Buche ist, soll Buche bleiben«, sagt Traber. Gewünscht ist eine gute Durchmischung von alten und jungen Bäumen. Kahlschlag soll es nicht geben, nur punktuell sollen wenige Buchen geerntet werden. Bis das Wunschbild erreicht ist, wird es aber mehr als eine Dekade brauchen, mindestens eine Waldgeneration. Forstwirtschaft ist eine langfristige Aufgabe, bei der heute angelegt wird, wovon die Menschen in erst 100 und mehr Jahren profitieren können. Was im Buchenwald aber auch noch passiert: Berg- und Spitzahorn sollen unter dem Blätterdach gedeihen und groß werden. Und was da noch so kreucht und fleucht: Spanische Fahne, ein Schmetterling, Schwarzspecht und Hohltaube.

Ein junges Spitzahorn-Bäumchen.
Ein junges Spitzahorn-Bäumchen. Foto: Cordula Fischer
Ein junges Spitzahorn-Bäumchen.
Foto: Cordula Fischer

Station 2: die Biosphärengebietskernzone. Die Lage Sonnenbühls am Albtrauf kommt der Gemeinde zugute. Unwegsames Gelände ist schwer zu bewirtschaften. An zwei Stellen, unter anderem am exponierten, 880 Meter hohen Bolberg, zeigten die Forstleute, wo sich künftig, wenn Sonnenbühl mit insgesamt 4.000 Hektar Fläche ins Biosphärengebiet aufgenommen wird, eine der drei Kernzonen entlangzieht. Zwei liegen in Genkingen, eine in Willmandingen. Hangneigung: 50 bis 60 Prozent. Hier wurde Holz geerntet und dabei wurden nicht unbeachtliche Erlöse erzielt. »Hier verzichten sie bewusst auf Ertrag«, sagt Traber. Revierleiter Andreas Rein erklärt aber: Am Steilhang haben die Waldarbeiter einen schlechten Stand, die Rückeentfernung ist weit, die Bäume aus dem Hang zu bekommen, sei aufwendig und teuer. Auf Einkünfte verzichten - das kann sich keine Kommune leisten. Aber durch die Stilllegung dieser Waldflächen gewinnt Sonnenbühl auch: Ökopunkte zum Beispiel. Bürgermeister Uwe Morgenstern nennt eine Summe des Gegenwerts: 1,5 Millionen Euro. Kein Vergleich zur letzten Holzernte von vor drei Jahren an der Bolhalde, die 9.500 Euro in die Kasse spülte. Im Übrigen bringt auch das Klimaangepasste Waldmanagement Geld: etwas mehr als 100.000 Euro. Die Artenvielfalt hat einen Nutzen, und die Außenwirkung dieser Maßnahme ist nicht zu unterschätzen. Außerdem erwarten sich die Fachleute einen Erkenntnisgewinn. Urwald für die Wissenschaft.

Dieser Baum wird nicht abgesägt: Es ist einer der Habitatbäume, die die Förster markiert haben. Das ist Pflicht im Rahmen des Fö
Dieser Baum wird nicht abgesägt: Es ist einer der Habitatbäume, die die Förster markiert haben. Das ist Pflicht im Rahmen des Förderprogramms Klimaangepasstes Waldmanagement. Foto: Cordula Fischer
Dieser Baum wird nicht abgesägt: Es ist einer der Habitatbäume, die die Förster markiert haben. Das ist Pflicht im Rahmen des Förderprogramms Klimaangepasstes Waldmanagement.
Foto: Cordula Fischer

Station 3: Nadelbäume. Unter hohen Fichten lässt sich sehen, dass diese Baumart auf über 800 Metern noch gut dasteht. Fichtennachwuchs müssen die Bäume ohne menschliche Hilfe produzieren, gepflanzt werden stattdessen Tannen, Douglasien und Kiefern. »Wir wollen keine großen Monokulturen.« Fichten sollen in Gruppen inmitten von Laubwald vorkommen, insgesamt der Nadelholzanteil stabil bleiben.

Fichten gedeihen noch gut in Höhen über 800 Metern, neue werden aber nicht mehr gepflanzt.
Fichten gedeihen noch gut in Höhen über 800 Metern, neue werden aber nicht mehr gepflanzt. Foto: Cordula Fischer
Fichten gedeihen noch gut in Höhen über 800 Metern, neue werden aber nicht mehr gepflanzt.
Foto: Cordula Fischer

Raus aus dem Wald, rein in den Sitzungssaal: Mit vielen Zahlen und Daten gespickt erläuterte Tobias Traber anschließend die Forstneueinrichtung, also das Werk, das Ziele von 2025 bis 2034 für die Gemeinde als Waldbesitzer enthält. Die will mit einer schwarzen Null operieren, die am Ende unterm Strich steht. Um die 100.000 Erntefestmeter Holz sollen geschlagen werden. Punktlandung: In ähnlicher Höhe wurde der Hiebsatz der vorherigen Forsteinrichtung erfüllt, durch den Schneebruch 2019 und die Stürme von 2023 und 2024 lag die sogenannte zufällige Nutzung bei 27 Prozent. Der Gemeinderat hat die Forsteinrichtung abgesegnet. Und damit die Weichen für den Sonnenbühler Wald der Zukunft gestellt. (GEA)

Unterhalb des Bolbergs liegt eine der Kernzonen, die die Gemeinde Sonnenbühl ins Biosphärengebiet einbringt.
Unterhalb des Bolbergs liegt eine der Kernzonen, die die Gemeinde Sonnenbühl ins Biosphärengebiet einbringt. Foto: Cordula Fischer
Unterhalb des Bolbergs liegt eine der Kernzonen, die die Gemeinde Sonnenbühl ins Biosphärengebiet einbringt.
Foto: Cordula Fischer