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Aktuell Anbau

Safrananbau auf der Alb ist seit acht Jahren erfolgreich

Wie viele ungläubige Blicke Frank Bahnmüller geerntet hat, kann man nicht beziffern. Seit 2016 baut er Safran in Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb an, die Ernte kann sich sehen lassen. Zweifler dürften verstummt sein, die Qualität des Alb-Safran ist ausgezeichnet.

Was für ein betörender Duft: Frank Bahnmüller riecht an den gerade geernteten Safranblüten.
Was für ein betörender Duft: Frank Bahnmüller riecht an den gerade geernteten Safranblüten. Foto: Cordula Fischer
Was für ein betörender Duft: Frank Bahnmüller riecht an den gerade geernteten Safranblüten.
Foto: Cordula Fischer

SONNENBÜHL. Die Sonne strahlt. Und am Boden tun es ihr tausende lila-violette Blüten und treten in Konkurrenz mit dem leuchtend blauen Himmel. Bienen und Hummeln summen umher und machen an jeder zarten Blüte Station. Die Pflanze braucht die Bienen nicht", sagt Frank Bahnmüller. "Trotzdem tun wir damit etwas für die Artenvielfalt." Denn sonst finden Pollen und Nektar sammelnde Insekten zu dieser Jahreszeit und bei manchmal schon empfindlich kalten Temperaturen kaum noch Nahrung. Warum der Crocus Sativus, so der lateinische Name, keine Bestäuber benötigt, liegt daran dass er ein steriler Klon mit einem dreifachen Chromosomensatz ist, das haben Wissenschaftler vor einigen Jahren entschlüsselt. Die Pflanze vermehrt sich nur durch die Teilung der Knollen.

Ein ganzer Korb voll Krokus-Blüten.
Ein ganzer Korb voll Krokus-Blüten. Foto: Cordula Fischer
Ein ganzer Korb voll Krokus-Blüten.
Foto: Cordula Fischer

Frank Bahnmüller greift in seinen Korb, der schon gut gefüllt ist. Zwei Hände voll der wertvollen Ernte führt er zur Nase. »Riechen Sie mal«, sagt er. Es verbreitet sich ein betörender Duft, süß und blumig. Eine Stunde sind er und seine Frau Susanne Eißler schon auf dem Acker, gehen Reihe um Reihe ab und knipsen die voll erblühten Krokusse am Stiel ab. Susanne Eißler zeigt ihre Fingerspitzen. Die von Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand haben sich lila gefärbt. Die der anderen Hand sind gelb. Denn nach der Ernte auf dem Feld muss es zügig weitergehen, noch am selben Tag müssen die Fäden aus den Blüten gezogen werden. Und die haben bereits im frisch geernteten Zustand eine enorme Färbekraft.

Bald sind 1.000 Blüten im Korb. Jede zehnte gepflückte wird gezählt.
Bald sind 1.000 Blüten im Korb. Jede zehnte gepflückte wird gezählt. Foto: Cordula Fischer
Bald sind 1.000 Blüten im Korb. Jede zehnte gepflückte wird gezählt.
Foto: Cordula Fischer

Die Zähler an den Körben - bei jeder zehnten Blüte ein Klick - nähern sich der 100er-Marke. Also werden an diesem wunderschönen Herbstmorgen mehr als 1.000 Blüten in den Körbchen landen. So geht das seit Mitte Oktober jeden Tag, gleich ob es regnet, nebelig, kalt oder sonnig ist. Nur drei Tage lang halten sich die Blüten des Crocus Sativus, dann vergehen sie. »Deshalb muss man jeden Tag auf den Acker«, sagt Frank Bahnmüller. Und auch die Weiterverarbeitung daheim kann nicht aufgeschoben werden. Überhaupt ist alles Handarbeit. Das Beikraut auf dem Acker wird ohne Maschine entfernt, auf Dünger und Pestizide wird verzichtet, auch für Ernte und Verarbeitung gibt es kein Gerät.

Susanne Eißler bei der Safran-Ernte: Sie knipst die Krokus-Blüten am Stel ab.
Susanne Eißler bei der Safran-Ernte: Sie knipst die Krokus-Blüten am Stel ab. Foto: Cordula Fischer
Susanne Eißler bei der Safran-Ernte: Sie knipst die Krokus-Blüten am Stel ab.
Foto: Cordula Fischer

1.000 Blüten - das klingt viel und ist doch recht wenig, wenn man bedenkt, dass 250 Blüten für ein Gramm des roten Goldes benötigt werden, das die Familie bereits im siebten Jahr unter dem Namen Alb-Safran vermarktet. Denn Safran - das sind nur die drei roten Fäden, die die Krokusart in der Mitte ihrer Blüten bildet. Im bisher besten Erntejahr 2022 landeten auch schon mal 16.000 Blüten an einem Tag in den Körben.

Jede Blüte enthält nur drei rote Stempelfäden.
Jede Blüte enthält nur drei rote Stempelfäden. Foto: Cordula Fischer
Jede Blüte enthält nur drei rote Stempelfäden.
Foto: Cordula Fischer

So sehr die Blüten duften - die frischen, gerade herausgezupften Safranfäden schmecken grasig, das typische Aroma des Luxus-Gewürzes entwickeln sie erst nach dem Trocknen und der zwei bis drei Monate dauernden Lagerung in einem verschlossenen Gefäß. »Deshalb verkaufen wir immer ein Jahr alten Safran«, sagt Frank Bahnmüller. Dann hat er die beste Qualität. Und die lässt er regelmäßig in einem unabhängigen Institut überprüfen. Die Bestätigung: Der Alb-Safran liegt deutlich über der Qualitätskategorie I. »Unser Alb-Safran kann locker mit dem aus dem Iran mithalten.« Der gilt als der Beste der Welt, aber auch in Afghanistan, Spanien, den Abruzzen in Italien wird er angebaut. Ebenso in Österreich und der Schweiz, in Deutschland kennt Frank Bahnmüller nur einen einzigen »Verrückten«, der das Experiment wagt. Auf der Schwäbischen Alb ist er mit dem Safran-Anbau weit und breit der einzige.

So kostbar wie Gold: Nur der rote Teil der Stempelfäden wird verwendet.
So kostbar wie Gold: Nur der rote Teil der Stempelfäden wird verwendet. Foto: Cordula Fischer
So kostbar wie Gold: Nur der rote Teil der Stempelfäden wird verwendet.
Foto: Cordula Fischer

40.000 Knollen hatte er 2016 gesetzt, mittlerweile werden durch die Vermehrung vielleicht um die 100.000 im Boden entstanden sein. Jede davon, die groß genug ist, treibt im Oktober und November zwei bis drei Blüten aus. Außerdem hat Frank Bahnmüller in diesem Jahr noch einen zweiten Acker mit 7.000 bis 8.000 Knollen angelegt. Dort ist die Blüte noch nicht so zufriedenstellend. Am Wetter allerdings lässt sich nichts ändern, das kalte und nasse Frühjahr war nicht förderlich, der September war zwar warm genug, »aber die Sonne hat gefehlt«. Auch auf dem Ursprungsfeld ist Bahnmüller in diesem Jahr noch nicht ganz glücklich mit dem Ertrag. Bedenkt man, dass seit 2018 keine neuen Knollen mehr hinzugekommen sind und sie bei den jetzt herrschenden optimalen Temperaturen noch mehr Blüten entwickeln werden, kann er aber optimistisch aufs Ernteende schauen. Wären da nicht die Mäuse, die in den unterirdisch wachsenden Knollen einen Leckerbissen sehen.

Bienen stehen auf den Safran, der Krokus braucht die bestäubenden Insekten aber nicht zur Vermehrung.
Bienen stehen auf den Safran, der Krokus braucht die bestäubenden Insekten aber nicht zur Vermehrung. Foto: Cordula Fischer
Bienen stehen auf den Safran, der Krokus braucht die bestäubenden Insekten aber nicht zur Vermehrung.
Foto: Cordula Fischer

Was sich aber bewährt hat, ist der Anbau in Dämmen. So wird die Sonnenenergie perfekt gespeichert und wärmt die Knollen. Der mit Kalkstein durchsetzte Boden - auch das war anfangs nicht klar -, ist gut geeignet, denn Staunässe mag der Krokus nicht. Und auch den manchmal strengen Alb-Winter überstehen die Pflanzen unbeschadet. Fünf Jahre hat sich Frank Bahnmüller ursprünglich gesetzt. Wenn die Erntemenge weniger würde oder die Knollen nicht überleben, hätte er das Experiment für gescheitert und beendet erklärt. Nach nun acht Jahren aber hat sich der Mut, etwas Neues zu versuchen, bezahlt gemacht.

Beim Safran ist alles Handarbeit - vom Anbau über die Ernte bis zur Weiterverarbeitung.
Beim Safran ist alles Handarbeit - vom Anbau über die Ernte bis zur Weiterverarbeitung. Foto: Cordula Fischer
Beim Safran ist alles Handarbeit - vom Anbau über die Ernte bis zur Weiterverarbeitung.
Foto: Cordula Fischer

Die Weiterverarbeitung ist eine Sache für sich. Die ganze Familie, und wenn es zu viel wird auch Bekannte, helfen dabei, die Stempelfäden zu ziehen. In den Alb-Safran kommen nur die roten Teile, die unteren gelben und weißen Enden werden abgeknipst. Auch das ist ein Qualitätsmerkmal. Frank Bahnmüller rät dazu, immer nur ganze Fäden zu kaufen. Für Pulver werden häufig auch die hellen Teile vermahlen. Die geben Volumen aber kein Aroma. Und auf orientalischen Märkten angebotener, offen gelagerter und zu kleinem Preis angepriesener Safran ist oft keiner, sondern besteht aus Färberdistel. Die macht Speisen zwar auch schön gelb, aber hat eben nicht die typische Safran-Würze. »Es gibt keinen günstigen Safran«, sagt Frank Bahnmüller.

Die Safran-Ernte läuft. Frank Bahnmüller und seine Frau Susanne Eißler sind auf dem Acker in Sonnenbühl und haben ihre Körbe sch
Die Safran-Ernte läuft. Frank Bahnmüller und seine Frau Susanne Eißler sind auf dem Acker in Sonnenbühl und haben ihre Körbe schon mit einigen Blüten gefüllt. Foto: Cordula Fischer
Die Safran-Ernte läuft. Frank Bahnmüller und seine Frau Susanne Eißler sind auf dem Acker in Sonnenbühl und haben ihre Körbe schon mit einigen Blüten gefüllt.
Foto: Cordula Fischer

Sind die Fäden entfernt, müssen sie getrocknet werden, am Ende dürfen sie nur noch 20 Prozent Feuchtigkeit enthalten. Frank Bahnmüller hat's buchstäblich in den Fingerspitzen: Je nachdem, wie der Faden bricht, hat er genügend Feuchtigkeit, aber eben auch 80 Prozent seines Gewichts verloren. Für den Alb-Safran kommt ein Dörrapparat zum Einsatz, in anderen Ländern werden die Fäden auf einem Blech über Feuer geröstet oder in die Sonne gelegt. »Aber dabei geht aus meiner Sicht viel Aroma und das Ätherische des Safrans verloren.« Frank Bahnmüller hat getüftelt, die optimale Trocknungstemperatur liegt bei 48 Grad. Je nach Menge sind die Fäden dann nach vier bis sechs Stunden fertig, um zum Reifen in Gläser verpackt zu werden.

Die Safran-Blüte findet immer im Herbst statt.
Die Safran-Blüte findet immer im Herbst statt. Foto: Cordula Fischer
Die Safran-Blüte findet immer im Herbst statt.
Foto: Cordula Fischer

Nicht nur die Sonne in diesen letzten Oktobertagen ist gut für den Vitamin-D-Spiegel und damit Balsam für die Seele. Auch das exotisch-orientalische Aroma des Safran trägt zum Wohlgefühl bei: Er wirkt stimmungsaufhellend, antidepressiv, angstlösend, auch weitere gesundheitliche Effekte werden ihm zugeschrieben. Wenn das kein Grund ist, sich ein feines Safran-Risotto zu kochen! Oder wie Susanne Eißler einen Rührteigkuchen damit würzen, Spargel in Butter und Safran anbraten, eine Panna Cotta damit verfeinern, ihn ans Kartoffelgratin geben oder zwei bis drei Fäden dem Kaffee zufügen. Bei ihr gibt es kaum etwas, das mit Safran nicht noch besser würde.

Am Genussweg in Erpfingen hat Frank Bahnmüller ein Demonstrationsfeld angelegt. Dort blüht gerade der Safran-Krokus. Die Station
Am Genussweg in Erpfingen hat Frank Bahnmüller ein Demonstrationsfeld angelegt. Dort blüht gerade der Safran-Krokus. Die Stationen am Genussweg können noch bis zum 10. November entdeckt werden. Foto: Cordula Fischer
Am Genussweg in Erpfingen hat Frank Bahnmüller ein Demonstrationsfeld angelegt. Dort blüht gerade der Safran-Krokus. Die Stationen am Genussweg können noch bis zum 10. November entdeckt werden.
Foto: Cordula Fischer

Wer mehr über den Alb-Safran erfahren will, kann Frank Bahnmüller und Susanne Eißler ab Donnerstag, 31. Oktober, bis Sonntag, 3. November, auf der Lifestyle-Messe schön & gut in Münsingen im Alten Lager, heute Albgut, in Halle S7 treffen und sich mit Alb-Safran und den weiteren mit dem Gewürz veredelten Produkten wie Nudeln, Öl, Essig, Salz, Honig und Einkorn geschliffen versorgen. Außerdem lohnt noch bis zum 10. November ein Ausflug nach Sonnenbühl zum Genussweg. An der Erpftalhalle in Erpfingen hat Bahnmüller ein Demonstrationsfeld angelegt, dort lässt sich der noch blühende Crocus Sativus bewundern. (GEA)

Frank-Bahnmüller und Susanne Eißler auf dem Safran-Feld. Jeden Tag muss geerntet werden.
Frank-Bahnmüller und Susanne Eißler auf dem Safran-Feld. Jeden Tag muss geerntet werden. Foto: Cordula Fischer
Frank-Bahnmüller und Susanne Eißler auf dem Safran-Feld. Jeden Tag muss geerntet werden.
Foto: Cordula Fischer