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Erster Windenergiedialog in Trochtelfingen: Gegner und Befürworter treffen aufeinander

Es war der Auftakt zu mehreren Infoveranstaltungen: Befürworter und Gegner von Windenergieanlagen tauschen ihre Argumente für und gegen den Bau von Windrädern aus.

Die Bürgerinitiative Gegenwind Steinhilben zeigte an ihrem Infostand Gründe auf, warum sie gegen Windkraftanlagen rund um Trocht
Die Bürgerinitiative Gegenwind Steinhilben zeigte an ihrem Infostand Gründe auf, warum sie gegen Windkraftanlagen rund um Trochtelfingen ist. FOTO: BLOCHING
Die Bürgerinitiative Gegenwind Steinhilben zeigte an ihrem Infostand Gründe auf, warum sie gegen Windkraftanlagen rund um Trochtelfingen ist. FOTO: BLOCHING

TROCHTELFINGEN. Emotional wurde am Mittwochabend in der Eberhard-von-Werdenberg-Halle über das Für und Wider von Windkraftanlagen rund um Trochtelfingen diskutiert. Die Informationsveranstaltung war gut besucht von Befürwortern und Gegnern.

»Wir wollen uns der Windenergie nicht komplett verschließen, aber auch kein pauschales Ja geben«, betonte Bürgermeister Christoph Niesler. Also nicht einfach abwarten, bis irgendwas kommt, sondern mit einem Flächennutzungsplan die Möglichkeit haben, steuernd einzugreifen. Denn Windkraftanlagen, so Lena Bremekamp von der Stabsstelle Energiewende und Klimaschutz im Regierungspräsidium Tübingen, können grundsätzlich überall im Außenbereich beantragt und errichtet werden. Allerdings gebe es harte und weiche Tabuzonen wie Siedlungsbereiche und Abstände zur Wohnbebauung. Die Potenziale für Windenergie rund um Trochtelfingen bezeichnete Bremekamp als »erheblich«. Jetzt müsse das ganze Plangebiet betrachtet und dann die tatsächliche Flächenauswahl ausgewiesen werden. Denn Ziel sei es, den Windkraftausbau trotz der Aspekte rund um Immissionsschutz, Abstand zu Wohngebäuden und Artenschutz deutlich zu beschleunigen.

Untersuchungen laufen

Bereits im September 2018 wurde laut Stadtplaner Clemens Künster eine Standortkonzeption erstellt und diese dann auch im Gemeinderat nicht öffentlich vorgestellt, im November 2018 erfolgte der Aufstellungsbeschluss für den Flächennutzungsplan. Corona verzögerte das Thema, im September 2021 wurde die überarbeitete Standortkonzeption fertiggestellt. Danach werden artenschutzrechtliche Untersuchungen mit Vogelhorstkartierungen erforderlich, mit deren Ergebnis im Herbst dieses Jahres zu rechnen ist. »Wir stehen noch am Beginn eines ergebnisoffenen Verfahrens. Es gibt noch keine Konzentrationszone«, betonte Künster. Erst wenn die Abschichtung aller Prüfkriterien erfolgt ist und auch gemeindespezifische Kriterien wie etwa der Abstand zu Wohnbauflächen festgelegt sind, werden diese in den Flächennutzungsplan übernommen. Die Bürgerschaft, so die Botschaft von Künster, hat hier Mitwirkungsmöglichkeiten. Und bevor ein förmliches Verfahren eingeleitet wird, soll es noch eine weitere Informationsveranstaltung geben.

Teilweise wurden bereits artenschutzrechtliche Untersuchungen durchgeführt, manche müssen noch erbracht werden. Grundsätzlich ist die Kommune Planungsträger im Außenbereich und kann über den Flächennutzungsplan steuern. »Sie darf aber keine Verhinderungsplanung vornehmen«, betonte der Stadtplaner, denn bestimmte Kontingente werden von der Politik gefordert. Während das Zwischenergebnis der Standortkonzeption von einer Suchfläche mit 362 Hektar im Bereich Mägerkingen ausging, hat die Überarbeitung eine deutlich größere Suchfläche von 4 904 Hektar in alle Richtungen rund um Trochtelfingen ergeben. »Nach der Vogelhorstkartierung sehen wir dann, was davon übrig bleibt«, sagte Künster. Diese Flächen, aber »nicht einzelne Standorte und Maßnahmen« werden dann im Flächennutzungsplan als Konzentrationszonen ausgewiesen.

Im Jahr 2019 wurden zwei unterschiedliche Untersuchungen zur Vogelhorstkartierung durchgeführt, in diesem Jahr ist es eine weitere. »Flächendeckend wird das gesamte Plangebiet plus drei Kilometer darüber hinaus untersucht.« Insgesamt sind das laut Artenschutzgutachter Matthias Klemm von der Firma Bioplan 280 Quadratkilometer, die von sieben Gutachtern auf der gesamten Alb von Holzelfingen über Sonnenbühl bis hin zum Großen Lautertal untersucht werden. »Wir machen das sorgfältig und versuchen, dass uns kein geschützter Greifvogel durch die Lappen geht«, beteuerte Klemm. Denn schließlich, so betonte auch Ordnungsdezernatsleiter Claudius Müller vom Landratsamt Reutlingen, soll vermieden werden, dass Rotmilane durch Windkraftanlagen zu Schaden kommen. Entscheidend sei hier, wie schnell es gelinge, funktionierende Abschaltvorrichtungen in Betrieb zu setzen. Erste erfolgreiche Pilotversuche habe es bereits gegeben, ein Serieneinbau sei allerdings noch Zukunftsmusik.

Zur Energiewende beitragen

Verschiedene Investoren haben bereits mehrfach ihr Interesse an einem Bau von Windkraftanlagen rund um Trochtelfingen bekundet. Das will die Bürgerinitiative »Gegenwind Steinhilben« verhindern. Stephan Rudolph zählte als Grund den Schutz von Mensch, Natur und Lebensqualität auf. Permanent würden die negativen Auswirkungen verharmlost, eine Wirtschaftlichkeit von Windkraft als Energieerzeugung sei aber nicht gegeben. »Ein Flächennutzungsplan ist kein Steuerungselement, sondern eine Einladung für ein Maximum an Windkraftanlagen«, so Rudolph. Dabei seien diese weder naturverträglich, noch ökologisch oder nachhaltig, Landschaft und Lebensqualität würden belastet. Thomas Goerlich vom BUND Trochtelfingen hielt dagegen und warf der Bürgerinitiative vor, unberechtigterweise Ängste zu schüren. »Wir wollen Strom und Heizung, aber nichts von der Produktion sehen. Das funktioniert so nicht.« Kirchturmpolitik sei hier fehl am Platz, auch Trochtelfingen müsse etwas zur Energiewende beitragen.

Luca Bonifer vom Dialogforum Energiewende BUND und Nabu betonte, dass das Augenmerk auf den konfliktärmsten Standorten mit den wenigsten Auswirkungen liege. »Die Standortfindung ist deshalb das A und O.« Sachverständiger Christian Eulitz relativierte die Auswirkungen von Infraschall. Wenn beweisbare Belastungen vorliegen, könne die Genehmigungsbehörde Nachbesserungen fordern. Christiane Freitag vom Forum Energiedialog Baden-Württemberg moderierte den Abend und zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf, der durchaus hitzig war. »Dieser Austausch war wichtig. Es gab sicher vieles, das noch nicht geklärt werden konnte, weil noch keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen.« (GEA)