MÜNSINGEN. Bürgermeister Mike Münzing spricht vom »fünfzehnten Stadtteil Münsingens«. Gefühlt gehört Gruorn dazu, juristisch ist es allerdings nicht ganz so einfach. Die denkmalgeschützte Kirche im Dorf auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz wird derzeit saniert, die Stadt tritt als Bauherrin in Erscheinung, vergibt in dieser Funktion die Aufträge und verwaltet das Konto. Eigentümerin ist allerdings die Bundesrepublik Deutschland.
Die Kosten der Sanierung – sie ist mit rund einer Million Euro veranschlagt – werden auf viele Schultern verteilt. Mit 360.000 Euro gibt das Land den größten Batzen. Der Bund in Form der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) beteiligt sich mit 300.000 Euro, der Landkreis mit 50.000 Euro. Weitere Fördermittel kommen vom Landesdenkmalamt sowie von der Stadt (50.000 Euro) und vom Komitee zur Erhaltung der Kirche in Gruorn, das gezielt um Spenden für die Sanierung geworben hat.
Erfahrene Restauratoren gehen an die Arbeit
Kleinere Aufträge darf der Bürgermeister selbst vergeben, größere bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats. So war’s jetzt im Falle der Zimmerarbeiten: Den Zuschlag erhielt die Gammertinger Firma Holzbau Ott für knapp 245.000 Euro. Hinzu kommen Gerüstbau (rund 40.000 Euro) und Klempnerarbeiten (knapp 26.000 Euro).
Gefragt war in diesem besonderen Fall, wie Stadtbaumeister Alfred Schnürch erläuterte, ein »restaurationserfahrener Betrieb«. Ott bringt diese Qualifikation mit, die nötig ist, um den Dachstuhl überm Chor zu sanieren. »Er hat diverse Verformungen und drückt aufs Gewölbe«, so Schnürch. So sind bereits Risse im Mauerwerk des Chors entstanden. Defekte Hölzer müssen ersetzt, die Deckenbalken und ihr Längsträger angehoben werden, um das Gewölbe zu entlasten.
Die Arbeiten werden dadurch erschwert, dass der Naturschutz ein zeitliches Limit setzt: Erst wenn die Fledermäuse, die hier ihr Sommerquartier haben, umgezogen sind, dürfen die Handwerker loslegen. Das werde im Oktober der Fall sein, so Schnürch.
Kleinere Maßnahmen im Zuge der Sanierung wurden bereits gemacht. So wurde beispielsweise der unpraktische, mit vielen Stufen versehene Chorboden aus Walzbeton entfernt. Darunter hervorgekommen ist ein älterer Sandsteinboden, der laut Schnürch allerdings in schlechtem Zustand ist. Auch hier wurde, um die Fledermäuse möglichst wenig zu stören, überwiegend von Hand gearbeitet, laute Maschinen wie Flex und Bohrhammer waren tabu, erläuterte Schnürch.
Die Bauarbeiten werden archäologisch begleitet, um mögliche Funde aus früheren Zeiten fachlich zu beurteilen und gegebenenfalls zu bergen oder zu konservieren. Ein zentraler Bestandteil der Sanierung ist auch die die Restaurierung der gotischen Ausmalungen und Aposteldarstellungen an den Chorwänden. Die Wandoberflächen werden gereinigt, Risse im Mauerwerk verpresst, Steine, wo konstruktiv erforderlich, ergänzt. (GEA)