MÜNSINGEN. Früher waren die Räume im ehemaligen Gefängnis dem kargen Büßen und der Entbehrung gewidmet. Seit Nina und Carsten Speidel das Gebäude ihr Eigen nennen dürfen, hat sich jedoch einiges geändert. Und dennoch: trotz einiger aufwendigen Sanierungsarbeiten ist der Charme der Vergangenheit, aber auch die Beklemmung in den ehemaligen Zellen hinter den schweren Eichentüren nach wie vor spürbar.
Die beiden Münsinger Hobbyfotografen Svantje Kinzelmann und Jens Hoffmann bringen nun Farbe an die bisher schon weiß gestrichenen oder an die verbliebenen grauen Wände, aber auch in düstere Räume. Sie erzählen damit eine ganz andere Geschichte, als die Vergangenheit des ehemaligen Gefängnisses schreibt – eine Geschichte der Natur- und Landschaftsschönheit sowie der Leidenschaft für den besonderen Augenblick, der mit der Kamera spontan oder in beständigem Warten eingefangen wird. In sieben Räumen hängen rund 50 Bilder, allesamt Dokumentationen der Alb und auch von anderen Landschaften, aus einer Perspektive heraus, die den Betrachter zum Staunen bringt.
Mit viel Liebe zum Detail und einem Gespür für das Besondere fangen die beiden Fotografen die Stimmungen der Natur zu allen Tages- und Nachtzeiten und zu jeder Jahreszeit ein – vom sanften Sonnenaufgang bis hin zu den stillen Momenten, die nur am frühen nebligen Morgen sichtbar werden. Warum nimmt jemand in aller Herrgottsfrühe die Kamera zur Hand, um bei Tagesanbruch oder klirrender Kälte zu fotografieren? »Die Faszination liegt darin, einen flüchtigen Augenblick festzuhalten«, sagen sie. Das zeitige Aufstehen, das geduldige Warten auf das perfekte Licht, das sich langsam über die Alb legt – all das haben sie zu lieben und zu schätzen gelernt. Es ist die Leidenschaft, die sie antreibt.
Deshalb liegen sie stets auf der Lauer, um den ersten goldenen Strahl, den aufsteigenden Nebel oder das bunte, fallende Herbstlaub einzufangen. Für beide ist Fotografieren mehr als ein Hobby: Es ist eine Art, ihre Umgebung bewusster wahrzunehmen, die Schönheit im Alltäglichen zu erkennen und Erinnerungen festzuhalten. Die Ausstellung im Münsinger Gefängnis bietet den Besuchern die Gelegenheit, in eine andere Zeit und eine andere Welt einzutauchen. Die kargen Zellen erinnern an vergangene Härten, doch die Fotografien von Kinzelmann und Hoffmann zeigen, wie die Natur immer wieder neue Geschichten schreibt – voller Farben, Licht und Leben.
Der Kontrast zwischen den historischen Mauern und den lebendigen Bildern macht diese Ausstellung zu einem besonderen Erlebnis. Sie lässt die Schönheit der Alb mit all ihren kleinen Augenblicken und großen Momenten aus einer neuen Perspektive entdecken. Als Erinnerung können Besucher von sich ein Porträt in einer Zelle anfertigen lassen. Alle ausgestellten Fotografien sind käuflich zu erwerben. Gleichzeitig dürfen Ausstellungsbesucher am Zustandekommen eines Fotokalenders 2026 ihren Beitrag leisten. In einem Raum wurden dafür von den Fotografen 52 Fotos zusammengestellt - jeweils vier für jeden Monat und vier für das Titelbild -, aus denen man sich seinen individuellen Wunschkalender gestalten kann. Die 13 Bestplatzierten ergeben schließlich den neuen Kalender, der zugunsten des Fördervereins zum Erhalt der Münsinger Martinskirche verkauft werden soll. Gefängnisinhaberin Nina Speidel ist hier die Vorsitzende und hatte die Idee, diese Ausstellung zugunsten der Martinskirche zu veranstalten.
Ausstellung
Vernissage ist am Sonntag, 6. Juli, um 13 Uhr mit dem Münsinger Künstler Edgar Braig. Öffnungszeiten: an den Sonntagen 13. Juli, 20. Juli und 27. Juli von 13 bis 18 Uhr, am Samstag, 2. August von 16 bis 20 Uhr sowie am Sonntag, 3. August von 11 bis 18 Uhr, mit Porträt hinter der Zellentür von 14 bis 16 Uhr. (in)