KREIS REUTLINGEN. In Trochtelfingen gibt's das Bürgerauto TroMobil. Carsharing ist auch im Angebot. Auch Busse fahren sowie die Schwäbische Alb-Bahn mit Haltepunkten in Mägerkingen, Trochtelfingen, bei Alb-Gold und auf der Haid. Aber für Arbeitnehmer, die auf dem täglichen Weg zum Job sind, sind viele dieser Angebote nicht ausreichend. »Wir haben in Trochtelfingen viele Pendlerbewegungen, viele Firmen und Arbeitnehmer, die hier herkommen oder in Verdichtungsräume pendeln«, sagt Bürgermeisterin Katja Fischer. Nicht nur im Städtle ist das so, sondern auch in vielen anderen ländlichen Kommunen und Städten. Nun gibt es ein neues Angebot im Landkreis Reutlingen, das Pendlern dabei hilft, passende Mitfahrgelegenheiten zu finden. Dahinter steckt die Mitfahrplattform Pendla, die der Landkreis Reutlingen als siebter Kreis in Baden-Württemberg einführt. Für Kommunen und Nutzer ist das Angebot kostenlos. Und da die Nachbarlandkreise Zollernalb und Sigmaringen mit im Boot sind, ergeben sich dadurch auch Chancen, weitere Strecken nicht allein, sondern mit mehreren Mitfahrenden zurückzulegen.
Ein Blick in die Statistik: Pendler sind zumeist allein im Auto unterwegs, jeder Wagen ist mit im Durchschnitt 1,2 Personen besetzt, sagt Landrat Dr. Ulrich Fiedler. Da sind Blechlawinen auf den Straßen in den Landkreis hinein, hinaus und innerhalb der Kreisgrenzen programmiert. Wer täglich vor Beginn und nach Ende der Hauptarbeitszeit dort unterwegs ist, kennt das Bild. 34.887 Pendler kommen aus anderen Landkreisen zur Arbeit in den Kreis Reutlingen, 43.176 pendeln aus dem Landkreis hinaus, und 82.496 sind täglich innerhalb der Kreisgrenzen zur Arbeit unterwegs. Macht täglich 160.559 Pendler, die sich zumeist im eigenen Auto und darin allein auf den Weg machen. Insgesamt könnten mit dem neuen Angebot über die drei Landkreise Reutlingen, Sigmaringen und Zollernalbkreis hinweg an die 186.000 Pendler erreicht werden.
Straßen entlasten, Lärm und CO2-Emissionen reduzieren
»Für uns ist« die Einführung der Mitfahrplattform Pendla »ein ganz wichtiger Schritt in unseren fortwährenden Bestrebungen, nachhaltige Mobilitätsformen anzubieten«, sagt Landrat Dr. Ulrich Fiedler. Sie ist neben ÖPNV, den der Landkreis permanent optimiere, Bereitstellung von E-Scootern, Anmeldebussen und anderen Angeboten ein zusätzlicher Baustein, um die Straßen zu entlasten, Lärm und CO2-Emissionen durch Verringerung des Individualverkehrs zu reduzieren und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Außerdem schone das den Geldbeutel der Nutzer, die das eigene Auto daheim stehen lassen. Ein Fünftel der Emissionen seien auf den Pendlerverkehr zurückzuführen. Im Landkreis Sigmaringen ist die Mitfahrplattform Pendla bereits seit einem Jahr am Start. Laut Landratsamt gibt es dort - Stand März 2024 - »1.850 aktive Nutzerinnen und Nutzer«.
Immerhin. Vielleicht klappt's ja digital. Ein analoges Projekt und neue Version des »Daumen-Express«, das aus dem EU-Programm Leader geförderte Projekt »Mitfahrbänkle Schwäbische Alb«, das in St. Johann, Gomadingen, Münsingen und Mehrstetten startete und organisiertes Trampen ermöglichen sollte, wurde nicht angenommen und war kein Erfolg, zum Teil bedingt durch den Ausbruch der Pandemie. Da mochte sich kaum jemand zu einem Fremden in ein Auto setzen. Und ob jemand anhält, bleibt ihm selbst überlassen. Bedeutet: Wer zur Arbeit wollte, konnte sich kaum darauf verlassen, auch tatsächlich mitgenommen zu werden. »Zu unkonkret«, sagt der Landrat. Die neue Möglichkeit über die Mitfahrplattform sei zwar ebenfalls niedrigschwellig, aber verlässlicher und verbindlicher.
Kostenlos registrieren
Wie funktioniert Pendla? Es ist quasi eine Dating-Plattform für die Bildung von Fahrgemeinschaften. Um den Online-Dienst zu nutzen, benötigt man Smartphone, Tablet oder PC. Felix Schlenker aus dem Reutlinger Kreisamt für nachhaltige Entwicklung erläutert: "Die Registrierung bei Pendla erfolgt über die Startseite des Landkreises Reutlingen und ist kostenlos." Alle Kommunen im Landkreis seien angeschlossen und erhalten auf der Web-App eine eigene Startseite. Die registrierten Nutzer können Start- und Zielpunkt, Uhrzeit und Wochentage angeben, ebenso, ob sie Mitfahrer oder Mitnehmer sein wollen - auch beides gleichzeitig geht. "Welche Kosten für die Mitfahrt anfallen, wird individuell in jeder Fahrgemeinschaft vereinbart. Der Matching-Algorithmus der Pendla-Plattform sorgt dafür, dass Menschen mit ähnlichen Routen einander als potenzielle Fahrgemeinschaft vorgeschlagen werden - es ist also kein aufwendiges Suchen nach passenden Fahrern oder Mitfahrern nötig", so Schlenker. Die Vermittlung ist ebenfalls kostenlos.
Die Einführung der Mitfahrplattform sei zudem eine wichtige Maßnahme für die betriebliche Mobilität des Landratsamts Reutlingen, mit dem neben allen Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises auch Mitarbeitende bei der nachhaltigen Mobilität auf ihrem Arbeitsweg unterstützt werden sollen, sagt Landrat Fiedler. Für die Bereitstellung von Pendla zahlt der Landkreis Reutlingen einen Cent pro Monat pro Einwohner. Eine erste Auswertung, wie die Plattform angenommen wird, soll Ende des Jahres vorliegen.
Alle Informationen zur Mitfahrplattform gibt es auf der Homepage des Landkreises Reutlingen im Themenbereich »Nahverkehr und Mobilität« oder direkt unter www.kreis-reutlingen.de/mitfahrplattform. Mit einer Plakataktion wird der Landkreis auf die Suchmaschine für Pendler aufmerksam machen. (GEA)