GOMADINGEN. Buchenwälder und Wacholderheiden, Naturschutzgebiet (FFH) Großes Lautertal und Luftkurort, Premiumwanderweg und Haupt- und Landgestüt Marbach: Gomadingen hat einiges zu bieten. Und ist deshalb gleich 2008 mit fast der gesamten Gemarkungsfläche Teil des Biosphärengebiets Schwäbische Alb geworden. Fast. Denn 710 Hektar waren damals nicht in die neu geschaffene und von der Unesco anerkannte Modellregion eingebracht worden. Das wird sich nun im Zuge der Erweiterung des Biosphärengebiets ändern - auf Wunsch des Landes, des Regierungspräsidenten Klaus Tappeser, des Lenkungskreises und der Unesco. Die Gemeinde wird auch die letzten Flächen einbringen, damit zwischen Gomadingen und den Neubewerbern beziehungsweise Erweiterungswilligen keine weißen Flecken entstehen. Die sind in den Unesco-Kriterien nicht gewünscht.
Gomadingen lag bisher an der westlichen Außengrenze des Biosphärengebiets
Das Biosphärengebiet soll von 85.000 auf maximal 120.000 Hektar Fläche wachsen. Es gibt Gemeinden, die bereits Mitglied sind und mehr Fläche einbringen wollen, und es gibt Gemeinden, die ganz neu beitreten wollen. So zum Beispiel Engstingen und Hohenstein. Und da liegt der Knackpunkt. »Wir sind nicht darauf angewiesen, weitere Flächen einzubringen«, sagt Bürgermeister Klemens Betz. Bisher lag Gomadingen aber am Rand des Biosphärengebiets, in der aktuell laufenden Erweiterungsrunde könnte sich das aber ändern, eben wenn die Nachbarkommunen aufgenommen werden.
Deshalb wollen die (politisch) Verantwortlichen ganz Gomadingen ins Biosphärengebiet quasi eingemeinden. Denn das Biosphärengebiet soll eine geschlossene Fläche bilden, Inseln soll es nicht geben. Mehrstetten - wie das kleine gallische Dorf - soll die einzige Ausnahme bleiben, bei dem die Augen zugedrückt wurden. Das erklärte Volker Häring von der Biosphärengebiets-Geschäftsstelle auf Nachfrage von Rat Jonathan Wagner. »Wenn es mehr weiße Flecken werden, würde es schwierig werden«, sagte Häring. Das könnte im schlimmsten Fall die Aberkennung der Unesco-Auszeichnung nach sich ziehen. Die Gefahr dafür sei groß, »wir sollten es vermeiden, dass die Unesco ein Veto einlegt«.

Gomadingen hat mit 41 Hektar Kommunalwald Kernzone (plus 155 Hektar Staatswald) das Soll erfüllt. Die restlichen 710 Hektar sollen weder Kern- noch Pflegezone werden, sondern Entwicklungszone, in der keinerlei Einschränkungen bestehen - sei es bei der Bewirtschaftung oder Bauvorhaben. Die Entwicklungszone diene als Lebens- und Wirtschaftsraum der Bevölkerung, so Häring. Bei den betroffenen Gebieten handelt es sich um land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen: 670 Hektar Wald, der Rest dient der Landwirtschaft. Aufgeteilt sind sie auf drei Areale entlang der bisherigen Außengrenze Richtung Westen.
»Sie wissen, dass das was Gutes ist und man viele Zuschüsse bekommen kann, wenn man sich bemüht«, wirbt Klemens Betz im Gemeinderat für die Zustimmung. Auch wenn er Befürchtungen von Landwirten nachvollziehen könne, die auch Daniel Manz vorbrachte, er könne durch das Einbringen der restlichen Gomadinger Flächen keine Nachteile erkennen, es seien Flächen »die wir aus heutiger Sicht sowieso nicht entwickeln werden«, sagte Betz. Auch Volker Häring von der Biosphärengebiets-Geschäftsstelle attestiert dem Biosphärengebiet einen ausgezeichneten Namen, es sei ein Erfolgsmodell, durch das Gemeinden für öffentliche und private Projekte aus Fördertöpfen schöpfen könnten, die ihnen sonst nicht zur Verfügung stehen würden.
Ein Bonbon bekommt Gomadingen außerdem für die Solidarität mit den anderen beitrittswilligen Gemeinden und fürs Schutzgebiet, wenn die Gemeinde die 710 restlichen Hektar beisteuert: Der Mitgliedsbeitrag, den die Kommune jährlich zahlt, wird nicht steigen. Im Gegenteil: Er wird sinken - von derzeit 8.523 auf 6.744 Euro. Das könne zwar nicht ausschlaggebend für die Entscheidung sei, sagte Betz, sondern entscheidend seien der Wunsch der Landesregierung und weil es ansonsten riesengroße Probleme mit den MAB-Kriterien gebe. MAB steht für das Unesco-Programm »The Man and the Biosphere« (Der Mensch und die Biosphäre), das die Grundlage für Biosphärenreservate und deren Anerkennung bildet. Und: »Für mich ist das Biosphärengebiet zu 75 Prozent ein Infrastruktur-Programm und dient zu 25 Prozent dem Naturschutz«, sagt Klemens Betz, wenn das Verhältnis nicht sogar bei 80 zu 20 Prozent liege.
Ganz überzeugen ließen sich nicht alle Gemeinderäte. Bei drei Enthaltungen und einer Gegenstimme befürwortete aber letztlich die Mehrheit den Vorschlag, komplett Biosphärengemeinde zu sein und die restlichen 710 Hektar als Entwicklungszone ins Schutzgebiet aufzunehmen. (GEA)