HOHENSTEIN. Die Geschichte beginnt im Sommer 1924. Heute vor 100 Jahren, am 1. August, trafen sich im Gasthaus Stern in Ödenwaldstetten 42 Männer, die eines gemeinsam hatten: die Begeisterung für den Sport und den erklärten Willen, diese in einem Verein gemeinsam auszuleben. Euphorie und Einigkeit währten allerdings nicht lange. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 30 Pfennig pro Monat festgesetzt, was die Begeisterung bei etlichen offenbar schlagartig trübte. Die Zahl der Mitglieder jedenfalls halbierte sich innerhalb kürzester Zeit wieder.
Diejenigen, die bei der Stange blieben, richteten sich einen ersten Trainingsplatz ein. Der frisch gewählte Vorsitzende Georg Knoll war mit dem Rad nach Stuttgart gereist, um dort persönlich mit dem Kirchenbesoldungsamt zu verhandeln. Mit Erfolg: Der TSV Ödenwaldstetten bekam die Zusage, die etwa 300 Quadratmeter große Wiese hinter der Pfarrscheuer pachten und nutzen zu dürfen. Ein Foto aus den Anfangsjahren zeigt glückliche Turner, die vor und an ihren ersten selbst angeschafften Geräten posieren: 1925 wurden Reckstange und Barren gekauft.
Fakten, Anekdoten und Fotos aus den Anfangsjahren des Vereins bis heute hat ein Arbeitskreis zusammengetragen. Gut ein Jahr lang, berichtet Bernd Tress, hat sich die Gruppe einmal monatlich getroffen. In der Zwischenzeit hat jeder für sich im stillen Kämmerlein recherchiert, in Chroniken geblättert und Texte für die Festschrift geschrieben, die nun fertig gedruckt vorliegt, an die Vereinsmitglieder ausgegeben und demnächst auch im Ort öffentlich zum Mitnehmen ausgelegt wird. Tress ist einer von vier Vorständen, die den 360 Mitglieder starken Verein heute führen. Die Geschichte aufzuarbeiten und das Jubiläum im Herbst gebührend zu feiern (siehe Info-Box) ist ihm und seinen Mitstreitern ein großes Anliegen.
Jubiläumsfeierlichkeiten
Seinen 100. Geburtstag feiert der TSV Ödenwaldstetten heute nur im kleinen Kreis. Größere Veranstaltungen stehen dann im Herbst im Kalender. Am Feiertag, 3. Oktober, ist ein historischer Dorfrundgang geplant, der ab 14 Uhr zu den ehemaligen Sportplätzen und Trainingsstätten des Vereins führt. Eine Bilderausstellung in der Festscheune gibt Einblicke ins Vereinsleben von damals bis heute. Höhepunkt ist dann der offizielle Festakt am 16. November ab 18 Uhr in der Hohensteinhalle mit Grußworten, Ehrungen, Sketchen und Party mit DJ Joey. (ma)
Es waren keine einfachen Zeiten, in denen der Verein gegründet wurde. Von der nationalsozialistischen Machtergreifung an ruhte das Vereinsleben rund 20 Jahre lang. Mit der Neugründung des TSV 1953 ging auch eine Fusion einher: Der Schützenverein, der 1931 gegründet worden war, ging im TSV auf, der fortan ein Turn- und Schützenverein war. Die dritte Sparte, die schließlich die wichtigste und mitgliederstärkste werden sollte, kam in den 1960er-Jahren hinzu: 1967 trat die erste Fußballmannschaft für Ödenwaldstetten bei einem Turnier an. Schon damals kickten Auswärtige mit - und das ist bis heute so geblieben. 2010 wurde die Spielgemeinschaft (SGM) Oberstetten-Ödenwaldstetten gegründet, die im Jugendbereich bereits seit 1981 bestand. Aktuell spielt die SGM in der Kreisliga A.
Ein erstes großes Ereignis nach der Wiederaufnahme des Vereinslebens nach dem Krieg war die Fahnenweihe, die mit einem großen Heimatfest 1954 mit rund 1.000 Gästen und Umzug gefeiert wurde. Die Fahne zeigt das Symbol der Heimat, den Berg »Roßhäuptle«, dem der TSV 1954 ein Gipfelkreuz spendierte und inzwischen zweimal erneuerte, 1977 und 2014. Interessant ist auch, dass der Verein erst in den 1970er-Jahren begann, sich ein festes Domizil zu bauen. »Davor wurde auf verschiedenen Plätzen gekickt und auf der Pfarrwiese geturnt, im Winter auch in Scheunen und in der Garage vom Stern«, weiß Bernd Tress aus alten Aufzeichnungen und von Zeitzeugen, die ebenfalls viel zur Festschrift beigetragen haben.
1974 wurde der Sportplatz im Schreientäle eingeweiht, 1978 das dazugehörige Sportheim mit Duschen, Kabinen und Luftgewehrschießbahn. Das Großprojekt kostete Geld, das irgendwie reinkommen musste. Die zündende Idee: Gemeinsam mit der lokalen Brauerei Speidel wurde das Bockbierfest ins Leben gerufen, das bis heute zu den Highlights im Festkalender auf der Alb gehört und ein wichtiges finanzielles Standbein für den Verein geblieben ist. Seit 2015 hat das Fest mit dem Albtag, der das Bockbierfest um einen Tag verlängert, eine weitere Attraktion: Sonntags stehen Heimat und Natur im Vordergrund, es gibt Themenführungen, regionale Gerichte, einen Handwerkermarkt und eine Oldtimer-Schau.
Ein Meilenstein für die Schützen war der Bau einer unterirdischen Kleinkaliber-Schießbahn 1998. Vom Vereinsheim aus wurde sie - mit viel Eigenleistung, wie Bernd Tress betont - in den Berg hinein gebaut. Zu tun gibt es bis heute immer was, Renovierungen am Vereinsheim und an den Sportanlagen laufen permanent. Neue Fenster, so Tress, sind ebenso Thema wie die Sanierung der Umkleidekabinen und der Heizanlage. Mit der Hohensteinhalle steht dem Verein - wie auch den Vereinen aller anderen Ortsteile- eine attraktive Sportstätte zur Verfügung, die rege genutzt wird.
Das gilt vor allem für die Abteilung Turnen, die neben Angeboten für Erwachsene auch rege Kinder- und Jugendarbeit macht. Dabei kooperiert der TSV mit den Sportvereinen aus Bernloch, Meidelstetten und Oberstetten, immer donnerstags treffen sich in der Hohensteinhalle drei Gruppen: eine für Eltern und Kinder, eine für Vorschüler und eine dritte, die »Spiel und Spaß« für Kinder ab Klasse 2 bietet. Nachwuchs zu gewinnen und Mitglieder zu halten ist für den TSV wie für alle Vereine ein großes Thema. Schließlich hat der TSV nicht nur eine lange Geschichte, sondern auch eine Gegenwart und hoffentlich noch eine lange Zukunft.
Deshalb wird intensiv über Aktionen und Angebote nachgedacht, die über die klassische Jugendarbeit in den drei Abteilungen hinausgeht. Eine Dart-Gruppe - inoffiziell existiert sie schon, weil einige Fußballer sich dafür begeistern - ist genauso im Gespräch wie der Ausbau geselliger Angebote: Wenn's wieder in den Winter hineingeht, sind Spieleabende geplant. »Wir wollen uns noch mehr ins Ortsgeschehen einbringen und wieder ins Bewusstsein rücken, dass Vereine auch allgemeine Treffpunkte sind«, betont Bernd Tress. (GEA)