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Acker mit Blumen zum Selbstschneiden in Bernloch in Gefahr

Seit 20 Jahren gibt es in Bernloch einen Acker mit Blumen zum Selbstschneiden. Ein von der Straßenmeisterei gezogener Graben könnte nun jedoch das Aus bedeuten.

Regina und Stefan Glück hoffen, dass sie trotz veränderter Parksituation ihr Blumenfeld in Bernloch weiterbetreiben können.
Regina und Stefan Glück hoffen, dass sie trotz veränderter Parksituation ihr Blumenfeld in Bernloch weiterbetreiben können. Foto: Maria Bloching
Regina und Stefan Glück hoffen, dass sie trotz veränderter Parksituation ihr Blumenfeld in Bernloch weiterbetreiben können.
Foto: Maria Bloching

HOHENSTEIN. Vom Frühling bis in den Herbst ist dieses Blumenfeld zwischen der B 312 und der Landesstraße als Zufahrt zur Bundesstraße am Ortsausgang von Bernloch eine Augenweide. Hier blühen Tulpen in allen Farben, dunkelrote und rosa Pfingstrosen, mit Tau benetzter Frauenmantel, gelbe und lila Gladiolen, bunte Dahlien und gelb leuchtende Sonnenblumen. Regina und Stefan Glück säen seit mehr als 20 Jahren jedes Frühjahr die Blumen aus und stecken in mühevoller Arbeit Zwiebeln in die Erde, die sie natürlich zum Winter hin wieder ausgraben. »Weil es uns sehr viel Freude macht und weil wir wissen, dass wir diese Freude weitergeben«, sagt die Bernlocherin.

Viel verdient, so betont sie, sei damit freilich nicht. Jeder darf kommen und sich Blumen schneiden, das Geld dafür wird ehrlicherweise ins Kässchen geworfen. Nach Abzug der Kosten hat das Ehepaar Glück bisher den Reinerlös an die Stiftung »Hilfe für kranke Kinder« der Uni-Klinik Tübingen gespendet, mehrere tausend Euro sind auf diese Weise in den vergangenen Jahren zusammengekommen.

»In den ganzen 20 Jahren ist hier nie etwas passiert«

Eine direkte Zufahrt zum Acker gibt es nicht, lediglich behelfsmäßig hat Stefan Glück vor einigen Jahren auf Anregung der Straßenmeisterei in Münsingen eine solche mittels Einsaat von Kleegras entlang der B 312 geschaffen. Dort jedoch, so räumt Glück ein, befindet sich auch die Unterquerung der Bundesstraße, die von vielen Rad fahrenden Schulkindern genutzt wird. Bisher sei diese Zufahrt von den Besuchern des Blumenackers trotz ausreichender Beschilderung so gut wie nicht beansprucht worden.

Vielmehr scherten diejenigen, die sich Blumen schneiden wollten, einfach kurz von der Landesstraße auf den ebenen, von Glück gepachteten Grünstreifen zwischen Blumenfeld und Straße aus, parkten hier kurzzeitig und führen wieder weg. Oder sie kämen einfach zu Fuß. »In den ganzen 20 Jahren ist hier nie etwas passiert. Wenn es hochkommt, parkten vielleicht mal drei Fahrzeuge auf einmal auf dem Grünstreifen.« Und das höchstens in einem Zeitraum von rund zehn Wochen im Jahr, in dem es Blumen auf dem Acker zu schneiden gibt. Das ist nun aber nicht mehr möglich.

Die Straßenmeisterei hat einen Graben zwischen Straße und Grünstreifen gezogen. Nun kann hier nicht mehr geparkt werden. Fahrzeu
Die Straßenmeisterei hat einen Graben zwischen Straße und Grünstreifen gezogen. Nun kann hier nicht mehr geparkt werden. Fahrzeuge werden jetzt direkt auf der Straße abgestellt. Foto: Maria Bloching
Die Straßenmeisterei hat einen Graben zwischen Straße und Grünstreifen gezogen. Nun kann hier nicht mehr geparkt werden. Fahrzeuge werden jetzt direkt auf der Straße abgestellt.
Foto: Maria Bloching

Denn laut Glück hat die Straßenmeisterei ohne Ankündigung Anfang Mai mit Baggern und mehreren Mitarbeitern zwischen dem Grünstreifen am Acker und der Straße einen rund 100 Meter langen, 80 Zentimeter tiefen und 1,20 Meter breiten Graben gezogen, der nicht überfahren und kaum übertreten werden kann. »Die Pfingstrosen beginnen nun zu blühen und die ersten Besucher kommen bereits. Sie lassen ihr Fahrzeug einfach auf der Straße stehen, dadurch entsteht jetzt erst recht eine Gefahrensituation«, befürchtet Regina Glück. Im ersten Moment sei sie sehr frustriert gewesen, wollte die Bewirtschaftung des Ackers aufgeben. »Aber uns liegt diese Sache sehr am Herzen und wir wissen, dass das vielen anderen Menschen genauso geht. Deshalb wollen wir nicht resignieren«. Diana und Winfried Maulbetsch wohnen in Bernloch, kommen oft kurz vorbei, um sich mit frischen Blumen zu versorgen.

»Schildbürgerstreich auf Kosten des Steuerzahlers.«

»Bisher war die Situation optimal. Man wich kurz auf den Grünstreifen aus, hat Blumen geschnitten und dann seine Fahrt fortgesetzt. Jetzt wurde ein Problem geschaffen, das es vorher gar nicht gab«, sagt Winfried Maulbetsch und spricht von einem »Schildbürgerstreich auf Kosten des Steuerzahlers«, zumal an dieser Stelle nun auch so gut wie kein Bankett mehr am Straßenrand zu finden ist. Auch Timo Meister, der regelmäßig auf dem Acker Blumen holt, sieht in der Grabenaktion »Beamtenwillkür«.

Tobias Halm, Leiter des Straßenbauamts beim Landratsamt Reutlingen, verteidigt die vorgenommene Maßnahme, die vor allem der Verkehrssicherheit geschuldet sei. »Wir müssen in diesem Einfahrtsbereich zur Bundesstraße die Parksituation in den Griff bekommen«. Er verstehe die Verärgerung des Ehepaars Glück, suche deshalb derzeit auch nach anderen Möglichkeiten zum Parken. »Der von Stefan Glück angelegte und beschilderte Grasweg entlang der Bundesstraße ist sicherlich die beste Lösung. Wir klären aber gerade mit dem Regierungspräsidium ab, ob eine Zuwegung von der Landesstraße auf das Blumenfeld wie bisher möglich ist«.

Eine Zuwegung im Außenbereich bedarf aber einer Sondernutzung. Sollte diese vom Regierungspräsidium erteilt werden, könnte der Graben laut Halm auf einer Länge von zehn Metern wieder zugeschüttet und eine Parkmöglichkeit auf dem bisher genutzten Grünstreifen geschaffen werden. Die Erfolgsaussichten dafür sieht er aber als gering an: »Damit würden wir einen Präzedenzfall schaffen und eigentlich will man eine solche Zuwegung nicht haben.«

»Wer jetzt nicht mehr kommen kann, weil es zu umständlich ist, der kann Blumen auch gerne bestellen und sie bei uns zu Hause abholen«

Bürgermeister Simon Baier zeigte sich etwas irritiert von der Vorgehensweise der Straßenmeisterei: »Wir wussten gar nichts von der Maßnahme und hätten uns schon gewünscht, dass wir zumindest darüber im Vorfeld informiert worden wären.« Baier hat sich mit dem Straßenbauamt in Kontakt gesetzt, weil auch die Gemeinde an einer guten Lösung dieses Problems interessiert ist.

Regina und Stefan Glück hoffen, dass ihr Blumenfeld dennoch genutzt wird, und weisen auf die ausgeschilderten Zufahrts- und Parkmöglichkeiten hin. »Wer jetzt nicht mehr kommen kann, weil es zu umständlich ist, der kann Blumen auch gerne bestellen und sie dann bei uns zu Hause abholen«, bieten sie jenen Kunden an, die schlecht zu Fuß sind. (GEA)