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Pfronstetter Familie Arnold hat den Georgenhof übernommen

Die Pfronstetter Unternehmerfamilie Arnold hat das Freizeitheim Georgenhof gekauft. Wie die Pläne für das Ensemble aussehen.

Die neue Mannschaft auf dem Georgenhof: Roland Arnold, Thomas Waldbüsser, Markus Wahl, Andrea Tarrach, Elke Conrad und Marco Tar
Die neue Mannschaft auf dem Georgenhof: Roland Arnold, Thomas Waldbüsser, Markus Wahl, Andrea Tarrach, Elke Conrad und Marco Tarrach bringen den St. Georgenhof auf Zack. Foto: Steffen Wurster
Die neue Mannschaft auf dem Georgenhof: Roland Arnold, Thomas Waldbüsser, Markus Wahl, Andrea Tarrach, Elke Conrad und Marco Tarrach bringen den St. Georgenhof auf Zack.
Foto: Steffen Wurster

PFRONSTETTEN. In einem Fensterglas ist der Namenspatron festgehalten: St. Georg hoch zu Ross, er tötet den bösen Drachen. Nach dem Heiligen ist der St. Georgenhof zwischen Aichstetten und Hayingen benannt und er wacht seit dem 19. Jahrhundert über das weitläufige Anwesen.

Der Georgenhof hat eine wechselhafte Geschichte. Zuletzt wurde er von der BruderhausDiakonie als Freizeitheim bewirtschaftet. 2023 bot die gemeinnützige Stiftung das Gut zum Verkauf an, »die BruderhausDiakonie konzentriert sich verstärkt auf ihren Stiftungszweck, auf die Arbeit mit Klientinnen und Klienten«, schrieb damals Klaus Fischer, Leiter der Region Reutlingen, Arbeit und berufliche Bildung, in einer Pressemitteilung. Erst zum Jahreswechsel 2024/25 verabschiedete sich die BruderhausDiakonie von ihrem Freizeitheim. Den Zuschlag hat die Familie Arnold aus Pfronstetten erhalten, die Übergabe ist mittlerweile abgeschlossen.

Die Arnolds haben mit dem idyllisch gelegenen Hof einiges vor. Eine »Begegnungsstätte in der Region« soll der Hof werden, sagt Roland Arnold. Die Tradition soll fortgeführt werden - der CVJM Münsingen war schon mit 110 Gästen zu Besuch -, darüber hinaus hat Arnold noch einige andere Ideen.

St. Georg, der Drachentöter, gab dem Hof seinen Namen.
St. Georg, der Drachentöter, gab dem Hof seinen Namen. Foto: Steffen Wurster
St. Georg, der Drachentöter, gab dem Hof seinen Namen.
Foto: Steffen Wurster

Für Roland Arnold, Gründer und Geschäftsführer der Paravan GmbH in Pfronstetten, ist der Georgenhof »eine Herzensangelegenheit«. Sein Bruder Anton treibt schon seit längerer Zeit die Äcker und Wiesen des Hofs um, und wird es auch weiter tun. Es besteht also eine fast familiäre Bindung. »Es hätte sich auch irgendein Investor einkaufen können, der hier ein Luxus-Ressort auf die Beine stellen will«, sagt Arnold. Nicht in seinem Sinne - obwohl Paravan mittlerweile ein auf dem Gebiet behindertengerechter Fahrzeuge und komplexer Rollstühle das weltweit führende Unternehmen ist, bleibt er der Heimat verbunden.

Der Georgenhof hätte tatsächlich das Potenzial für ein Luxus-Ressort. Er liegt abgelegen noch ein gutes Stück weg von einer kleinen Ortsverbindungsstraße, selbst für die Alb ist es hier ruhig, außer Vogelgezwitscher ist nichts zu hören. Ein echtes Schmuckstück, aus dem es nun etwas zu machen gilt. Das Konzept steht: Aus dem Freizeitheim wird ein Erlebnisheim, Zielgruppen sind wie bisher auch kirchliche Organisationen wie der CVJM, Vereine, Schulen, Parteien oder Orchester, die in Ruhe proben wollen. Der Unternehmer Arnold hat aber noch andere potenzielle Kunden im Blick. Für Unternehmen kann er sich Workshops, Tagungen, Teambuilding-Events oder Produktpräsentationen vorstellen. Im privaten Bereich biete sich der Hof für größere Familienfeiern wie Hochzeiten an.

Raum für Events und Teambildung

Eines wird es nicht geben: ein Restaurant oder einzelne Gästezimmer. »Wir werden nicht in Konkurrenz zu Hotels oder Gasthäusern treten, wir wollen das Angebot in der Region mit Partnern erweitern«, verspricht Arnold. Catering und mehr kommt aus der Umgebung, von regionalen Anbietern, aus regionalen Produkten. Übernachtungsmöglichkeiten für Einzelreisende gibt es, der Georgenhof hat Gruppen im Blick.

Dass die Arnold-Familie eng mit der Paravan GmbH verbunden ist, schlägt sich ebenfalls nieder. Paravan bietet Mobilitätslösungen für Menschen mit Behinderung an, von maßgeschneiderten Rollstühlen bis zu Fahrzeugen, die zum Beispiel auch ohne funktionierende Arme oder Beine gesteuert werden können. Die Paravan-Kunden kommen von weit her und sie bleiben über einen längeren Zeitraum. Die Bedürfnisse müssen erkannt werden, die Fahrzeuge angepasst, in der Paravan-Fahrschule werden sie mit ihrem fahrbaren Untersatz vertraut gemacht. Roland Arnold will auf dem Georgenhof den Kunden und ihren Begleitern Ruheräume zur Verfügung stellen, »damit sie auch mal runterkommen können«. Hier können Wartezeiten überbrückt, der Tag verbracht werden, etwa während die Schützlinge der Begleitpersonen mit der Fahrschule unterwegs sind.

Das Donatzhaus ist ein besonderes Schmuckstück.
Das Donatzhaus ist ein besonderes Schmuckstück. Foto: Steffen Wurster
Das Donatzhaus ist ein besonderes Schmuckstück.
Foto: Steffen Wurster

Die Paravan-Kunden benötigen oft therapeutische Betreuung. Auch die könnte auf dem Georgenhof künftig zu finden sein. Und wenn ein erfolgreiches Unternehmen den Grundstein legt, könnte sich hier auch ein Zentrum für die lokale Versorgung bilden. Wenn es Physiotherapeuten und Ärzte gibt oder ein Wellness-Paket nach einem harten Fahrschultag angeboten wird, kann das für jeden interessant sein. Eben wieder die »Begegnungsstätte auf der Alb«, wie Arnold es nennt.

Ideen für ein Gesundheitszentrum

Der Georgenhof erstrahlt bereits in neuem Glanz. Die historischen Gebäude werden mit viel Fingerspitzengefühl aufgearbeitet, der Hof steht unter Denkmalschutz. Vor Ort kümmert sich das Verwalterehepaar Marco und Andrea Tarrach. Marco Tarrach tingelte als Motorsportfotograf über die europäischen Rennstrecken und hat dabei Roland Arnold kennengelernt. Die Ruhephase in der Rennszene hat er bisher schon mit handwerklichen Arbeiten überbrückt. »Der kann alles, schreinern, zimmern, Elektrik und Sanitär«, sagt Arnold. Andrea Tarrach ist das Organisationstalent im Georgenhof, kochen kann sie auch. Und weil es den Beiden auf dem Georgenhof so gut gefällt, haben sie das Zigeunerleben im Motorsport an den Nagel gehängt. Unterstützt werden die beiden von Elke Conrad. Sie kennt den Hof, hat hier bereits für die BruderhausDiakonie gearbeitet. Und dann sind da noch die Hausmeister Markus Wahl und Thomas Waldbüsser, die mit anpacken, falls weitere Hände gebraucht werden.

Mit dem Bauernhaus des Polterjörg fing alles an.
Mit dem Bauernhaus des Polterjörg fing alles an. Foto: Steffen Wurster
Mit dem Bauernhaus des Polterjörg fing alles an.
Foto: Steffen Wurster

Bei der Renovierung ist viel Fingerspitzengefühl notwendig, es gilt, den Charakter des Georgenhofs zu erhalten. Der Hof hat eine spannende Vergangenheit. Uralt ist er nicht, begonnen hat es 1863 mit dem Aussiedlerhof eines streitbaren Bauern, des Georg »Polterjörg« Schneider aus Aichstetten. Der hatte es sich mit seinen Dorfgenossen wohl so gründlich verdorben, dass er den Schritt in die Wildnis wagte. Dass er den neuen Besitz nach dem ebenfalls streitbaren Heiligen Georg benannte, spricht für sich. Und das erste Gebäude hat er so gebaut, dass es zum größten Teil auf Tigerfelder, der Toilettenanbau aber auf Aichstetter Grund steht. Sein Bauernhaus steht noch und kann mit sieben Zimmern und 22 Betten gemietet werden, auf welcher Markung das Klo ist, ist heute nicht mehr so wichtig.

Klo jenseits der Gemarkungsgrenze

Dem Polterjörg und seinem Nachfolger machte die raue Alb das bäuerliche Leben nicht leicht. 1920 wurde der Hof an den Fabrikanten Alfred Schradin verkauft. Schradin hatte mit Ackerbau nicht viel am Hut, der »gschtopfte« Reutlinger baute den Hof zum Privatgestüt um und ließ sich eine Villa errichten, mit prominenter Unterstützung: Architekt Paul Bonatz hat auch den jetzt unter Belagerung stehenden alten Stuttgarter Hauptbahnhof entworfen. Das Bonatzhaus, die Villa, ist frei von Bauzäunen, zehn Zimmer und 26 Betten harren der Gäste, ungestört vom Baulärm von Stuttgart 21. Schradin hat den Georgenhof maßgeblich erweitert. Neben Bauern- und Bonatzhaus kann ein Zeltplatz genutzt werden, in der Ferienwohnung hat sich das Ehepaar Tarrach niedergelassen. In den früheren Stallungen und Scheunen sind Festsäle eingerichtet.

Viel schöner geht's nicht. der Georgenhof im Frühjahr.
Viel schöner geht's nicht. der Georgenhof im Frühjahr. Foto: Steffen Wurster
Viel schöner geht's nicht. der Georgenhof im Frühjahr.
Foto: Steffen Wurster

1931 schließlich kaufte Robert von Mendelssohn, Bankier aus Berlin und Verwandter des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, das Anwesen. Die Familie mit jüdischen Wurzeln suchte vor und während der Nazizeit einen Zufluchtsort weit weg von der Hauptstadt. Erst 1972 verkaufte die Familie von Mendelssohn den Hof, das »Haus am Berg« übernahm, seit 2004 gehört Haus am Berg zur BruderhausDiakonie.

Mit dem Kauf durch die Familie Arnold wird ein neues Kapitel eingeläutet. Zum einen enger an der Region, gleichzeitig weltoffener, moderner. Eine E-Ladesäule steht schon und die Bäume blühen jetzt auch auf der Alb. (GEA)