ZWIEFALTEN. Er war 28 Jahre lang Bürgermeister in Zwiefalten und 34 Jahre lang Mitglied der CDU-Kreistagsfraktion. Am vergangenen Freitag, 28. März, ist Karl Ragg im Alter von 96 Jahren gestorben.
Es waren bewegte Zeiten, in denen Ragg kommunalpolitisch wirkte. 1962 kandidierte er erstmals für das Amt des Bürgermeisters in Zwiefalten und setzte sich auf Anhieb gegen vier Mitbewerber durch. Zwiefalten wurde zur Heimat des Mannes, der in Tuttlingen Abitur gemacht hatte. Seine Frau Maria kannte er seit Schulzeiten, gemeinsam mit ihr zog er acht Kinder groß. Nach zweimaliger Wiederwahl trat er 1990 in den Ruhestand, für sein außergewöhnliches Engagement wurde ihm im selben Jahr die Ehrenbürgerwürde verliehen. Bereits zwei Jahre vorher war Ragg mit dem Bundesverdienstkreuz am Band ausgezeichnet worden.
Die Gemeindereform im Jahr 1975 gehörte wohl zu Raggs größten Herausforderungen als Bürgermeister. Es galt, die Ortsteile Baach mit Attenhöfen, Gauingen, Gossenzugen, Hochberg, Mörsingen, Sonderbuch und Upflamör zur Gesamtgemeinde Zwiefalten zusammenzuführen. Auch die Kreisreform fiel in seine Zeit, von 1965 an gehörte er dem Kreistag Münsingen an, bis der Landkreis Münsingen aufgelöst wurde. Von 1972 bis 1990 saß Ragg dann in Reutlingen am Kreistagstisch. Über die Grenzen seiner Gemeinde hinauszudenken war ihm wichtig: 1975 gründeten die Nachbarkommunen Zwiefalten, Hayingen und Pfronstetten einen Gemeindeverwaltungsverband.
Freibad und Völkerverständigung
»Wichtige Meilensteine seiner Amtszeit waren zudem der Bau der Münsterschule, die Zwiefalten als Schulstandort sicherte, sowie das Höhenfreibad«, erinnert Alexandra Hepp, die Raggs Arbeit nach Hubertus-Jörg Riedlinger als Amtsnachfolgerin und Bürgermeisterin von Zwiefalten fortführt.
Ragg war es wichtig, Kindern auf dem Land Bildungsmöglichkeiten zu eröffnen, die hier fortan einen Realschulabschluss machen konnten. Als es Mitte der 1960er- Jahre darum ging, ein Lehrschwimmbecken einzurichten, bewies Ragg Weitblick. Er dachte größer und traf, gemeinsam mit dem Gemeinderat, eine Entscheidung, über die sich bis heute sowohl Einheimische als auch Gäste freuen: Zwiefalten besitzt ein schön gelegenes Höhenfreibad, auf weiter Flur das einzige in der Region.
Geboren im Jahr 1929, gehörte Ragg selbst noch zu denen, die in den Krieg ziehen mussten. Die deutsch-französische Aussöhnung war ihm eine Herzensangelegenheit: Die 1965 begonnene und 1973 offiziell besiegelte Partnerschaft mit der französischen Gemeinde La Tessoualle förderte und pflegte er mit großem Einsatz. Auch die Vereine in Zwiefalten konnten stets auf seine Unterstützung zählen, er wirkte federführend im Geschichtsverein, war Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Zwiefalten/Pfronstetten und sang im Zwiefalter Liederkranz.
Ein Anliegen war ihm auch die enge Verbindung zwischen Gemeinde und Bundeswehr. Gemeinsam mit Erwin Fundel, dem Vorsitzenden der TSG Zwiefalten, erkannte Ragg die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung, 1978 schlossen die TSG und die Bundeswehr eine Partnerschaft. »Mit Karl Ragg verliert Zwiefalten einen verdienten Kommunalpolitiker und geschätzten Menschen, der stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger hatte«, betont Bürgermeisterin Alexandra Hepp. (ma)