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Staatssekretär Arne Braun auf Tour durch die Region

Zum dritten Mal reist Kulturstaatssekretär Arne Braun durchs Ländle und macht dreimal Station in der Region.

Was wird aus dem Schloss Grafeneck? Auch darüber wurde beim Besuch von Staatssekretär Arne Braun gesprochen.
Was wird aus dem Schloss Grafeneck? Auch darüber wurde beim Besuch von Staatssekretär Arne Braun gesprochen. Foto: Cordula Fischer
Was wird aus dem Schloss Grafeneck? Auch darüber wurde beim Besuch von Staatssekretär Arne Braun gesprochen.
Foto: Cordula Fischer

GOMADINGEN/LICHTENSTEIN. Unterschiedlicher hätten die Orte und die Themen nicht sein können, auf die Kulturstaatssekretär Arne Braun bei seiner »Tour de Länd« gestoßen ist, die ihn auch in die Region führte. Er machte Station an Schloss und Gedenkstätte Grafeneck, Schloss Lichtenstein und Ostereimuseum in Sonnenbühl-Erpfingen. Konfrontiert wurde er dabei mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, damit verbunden auch Aufträge, die er mit nach Stuttgart nehmen wird.

Eine Figurengruppe erinnert an das Langzeitprojekt von Künstler Jochen Meyder, der 10.654 Tonfiguren geschaffen hat. Jede steht
Eine Figurengruppe erinnert an das Langzeitprojekt von Künstler Jochen Meyder, der 10.654 Tonfiguren geschaffen hat. Jede steht für eines der Opfer, die in Grafeneck ermordet wurden. Alle Figuren sind mittlerweile an die Orte gegangen, aus denen die Opfer kamen. Foto: Cordula Fischer
Eine Figurengruppe erinnert an das Langzeitprojekt von Künstler Jochen Meyder, der 10.654 Tonfiguren geschaffen hat. Jede steht für eines der Opfer, die in Grafeneck ermordet wurden. Alle Figuren sind mittlerweile an die Orte gegangen, aus denen die Opfer kamen.
Foto: Cordula Fischer

Hingehen, anschauen, zuhören: 16 »außergewöhnliche Kulturorte« besuchte Braun von Montag bis Donnerstag. Nach der Klosterbaustelle »Campus Galli« stand eine Stippvisite im Landkreis Reutlingen an. Sein erster Weg führte zur Gedenkstätte Grafeneck. In Grafeneck begann im Januar 1940 der systematische und planmäßige Mord an Menschen mit Behinderung, die aus damaligen Heil- und Pflegeanstalten, Kliniken, Einrichtungen aus ganz Baden-Württemberg und anderen Teilen Deutschlands in den »Grauen Bussen« dorthin deportiert und nach ihrer Ankunft in Gaskammern umgebracht wurden.

Gedenkstätten-Mitarbeiterin Kathrin Braun mit einem Zettel, den ein Besucher geschrieben und in der gemauerten Wand der Gedenkst
Gedenkstätten-Mitarbeiterin Kathrin Braun mit einem Zettel, den ein Besucher geschrieben und in der gemauerten Wand der Gedenkstätte hinterlassen hat. Foto: Cordula Fischer
Gedenkstätten-Mitarbeiterin Kathrin Braun mit einem Zettel, den ein Besucher geschrieben und in der gemauerten Wand der Gedenkstätte hinterlassen hat.
Foto: Cordula Fischer

10.654 Menschen wurden Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Verbrechen. Gedenkstättenleiter Thomas Stöckle gab einen Überblick über die Geschichte, über Vermittlungs- und Bildungsarbeit, über Erinnerungskultur und sprach gemeinsam mit Rüdiger Böhm, seit Anfang des Jahres Vorsitzender des Vereins der Gedenkstätte Grafeneck, auch die aktuelle Situation an, die Zukunft des Schlosses betreffend. Hier, nachdem es »für Zwecke des Reiches« beschlagnahmt worden war, hatten, so Stöckle, die Täter der Vernichtungsanstalt – Ärzte, Polizei, Verwaltungsfachleute – ihre Dienst-, Aufenthalts- , Schlaf- und Wohnräume.

Gedenkstättenleiter Thomas Stöckle erklärt, was 1940 in Grafeneck passiert ist und was die Aufgabe der Gedenkstätte ist.
Gedenkstättenleiter Thomas Stöckle erklärt, was 1940 in Grafeneck passiert ist und was die Aufgabe der Gedenkstätte ist. Foto: Cordula Fischer
Gedenkstättenleiter Thomas Stöckle erklärt, was 1940 in Grafeneck passiert ist und was die Aufgabe der Gedenkstätte ist.
Foto: Cordula Fischer

Immobilienbesitzerin des Schlosses ist die Samariterstiftung. Das Gebäude ist für deren Kerngeschäft - also die Alten- und Behindertenpflege - nicht mehr nutzbar. Die Idee ist, hier ein Bildungszentrum mit Schulungsräumen und Bibliothek einzurichten. Für die Gedenkstätte wäre ein Archiv sinnvoll. Das Projekt liegt seit Jahren auf Eis, obwohl es vom Land eine Förderzusage über 1,4 Millionen Euro sowie der großen Kirchen in Baden-Württemberg über 200.000 Euro gibt. Stand 2023 würde die Samariterstiftung eine halbe Million Euro beisteuern, der Bund will sich mit noch einmal 2,1 Millionen Euro beteiligen. Wichtig sei, dass das Land Verantwortung übernehme, sagt Rüdiger Böhm. Im Grundbuch sei dem Land ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Der e. V. mit einem Haushalt von 260.000 Euro kann das Projekt nicht allein stemmen. Aber im Abstimmungsprozess holpere es, eine »verfahrene Situation«. Böhm drängt auf eine schnelle Klärung noch für dieses Jahr, noch vor der Landtagswahl 2026, nimmt die demokratischen Parteien in die Pflicht.

Erinnerungs- und Bildungsarbeit in Grafeneck ist auch Demokratiearbeit.
Erinnerungs- und Bildungsarbeit in Grafeneck ist auch Demokratiearbeit. Foto: Cordula Fischer
Erinnerungs- und Bildungsarbeit in Grafeneck ist auch Demokratiearbeit.
Foto: Cordula Fischer

»Meine Aufgabe ist es, das nun zu moderieren.« Dazu gehören Gespräche mit »Menschen, die Entscheidungen treffen«, mit Landtagsverwaltung, Landeszentrale für politische Bildung, Verein, Samariterstiftung, Gedenkstätte, Finanzministerium, eingeschaltet ist auch Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung der Landesregierung. Auch der Landkreis soll mit im Boot sein, der sich um Förderung aus dem Projekt Aller.Land beworben hat. Ziel: mit kulturellen, künstlerischen und kreativen Aktionen das Zusammenleben in ländlichen Räumen zu fördern und durch die Mitgestaltung der Bürger die Demokratie zu stärken. Demokratie-Bildung und -Stärkung: Das würde gut zu Grafeneck und zur momentanen politischen Entwicklung passen, sagt Böhm.

30.000 bis 40.000 Menschen besuchen jährlich die Gedenkstätte Grafeneck.
30.000 bis 40.000 Menschen besuchen jährlich die Gedenkstätte Grafeneck. Foto: Cordula Fischer
30.000 bis 40.000 Menschen besuchen jährlich die Gedenkstätte Grafeneck.
Foto: Cordula Fischer

In Baden-Württemberg gebe es keine zentrale Gedenkstätte. Für Grafeneck sei es sinnvoll, sichtbar zu werden über ein Label, vielleicht als Anlaufstelle für Schulklassen, machte Braun einen Vorschlag, um mehr Öffentlichkeit herzustellen, ähnlich wie bei den KZ-Gedenkstätten Dachau (Bayern) oder Buchenwald (Sachsen). Während Verein und Gedenkstätte sich an die demokratischen Parteien wenden sollen, nimmt Braun dies ebenfalls als Auftrag mit, damit diese das Thema in ihre Wahlprogramme aufnehmen können. Es müsse eine politische Lösung gefunden werden, sagt Arne Braun, der die Arbeit in Grafeneck als »unfassbar wichtige Aufgabe« versteht. »Was wir hier machen, gehört zu einer funktionierenden Demokratie«, sagt Thomas Stöckle. Damit sich nicht wiederholt, was 1940 in Grafeneck geschehen ist.

Zweite Station von Kulturstaatssekretär Arne Braun ist Schloss Lichtenstein.
Zweite Station von Kulturstaatssekretär Arne Braun ist Schloss Lichtenstein. Foto: Cordula Fischer
Zweite Station von Kulturstaatssekretär Arne Braun ist Schloss Lichtenstein.
Foto: Cordula Fischer

Der Besuch in Grafeneck hat Arne Braun bewegt. Schnell umschalten hieß es auf der rund 20 Minuten langen Fahrt zum Schloss Lichtenstein. Dort erwartete Philip Graf von Urach Arne Braun und seine Begleiter, zu denen auch die Landtagsabgeordneten Cindy Holmberg (Grüne) und Manuel Hailfinger (CDU) aus dem Wahlkreis Hechingen-Münsingen gehörten, und nahm die Gruppe mit auf eine Führung durchs Schloss und sogar in sonst nicht zugängliche Räume. Atemberaubend der Blick vom Turm über die Region - noch ohne Windräder am Hohfleck - trotz Höhenangst des Grafen und des Staatssekretärs. Die zogen sich dann noch zu einem Gespräch außerhalb des öffentlichen Protokolls zurück, wobei es sicher um die große touristische Bedeutung der Schlosses und dessen Zukunft ging.

Privatführung mit dem Herrn des Schloss-Schlüssels.
Privatführung mit dem Herrn des Schloss-Schlüssels. Foto: Cordula Fischer
Privatführung mit dem Herrn des Schloss-Schlüssels.
Foto: Cordula Fischer

Passend zur Osterzeit beendete Arne Braun seine »Tour de Länd« im Landkreis Reutlingen im Ostereimuseum in Sonnenbühl-Erpfingen, nicht nur um nachzuschauen, wie dort eine Schenkung von Kultusministerin Theresa Schopper präsentiert wird. Auch dieses Haus hat seine Vergangenheit, seine Gegenwart, was fehlt, ist ein Konzept für seine Zukunft. (GEA)

Letzte Station auf Arne Brauns »Tour de Länd« im Kreis Reutlingen ist das Ostereimuseum in Sonnenbühl-Erpfingen.
Letzte Station auf Arne Brauns »Tour de Länd« im Kreis Reutlingen ist das Ostereimuseum in Sonnenbühl-Erpfingen. Foto: Gemeinde
Letzte Station auf Arne Brauns »Tour de Länd« im Kreis Reutlingen ist das Ostereimuseum in Sonnenbühl-Erpfingen.
Foto: Gemeinde