GAMMERTINGEN. Im vergangenen Jahr konnte das traute Pärchen Feldhausen-Harthausen beim bundesweiten Wettbewerb »Unser Dorf hat Zukunft« punkten. Unter sieben Teilnehmern erreichten die Gammertinger Albgemeinden auf Bezirksebene den ersten Platz. Damit war der Aufstieg in die Landesliga geschafft, es gilt nun fünf weitere Rivalen aus ganz Baden-Württemberg zu schlagen.
Worum geht's bei dem Wettbewerb? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) will ländliche Gemeinden stärken, der Landflucht entgegenwirken und den Dörfern Perspektiven geben. Landflucht gibt es auf der Gammertinger Alb schon mal nicht, Bauplätze gehen weg wie warme Wecken aus dem Harthausener Backhaus. Und werden sogar schon mal vor der Erschließung gekauft und bebaut, wie Franziska Rogg bei ihrer Präsentation vor der Bewertungskommission im Harthauser Bürgerhaus ausdrücklich erwähnte: Die Jugend will und soll bleiben.
Strammer Terminkalender
Die Bewertungskommission war angereist, um sich vor Ort einen Blick zu machen. Mit einem strammen Terminkalender: eine halbe Stunde Vorstellung im Bürgerhaus Harthausen, je eine Stunde für die Highlights in den beiden Gemeinden. Die Gemeinden haben sich rausgeputzt, aber nicht nur wegen der gestrengen Prüfer. Dass hier langfristig in lebenswerte und attraktive Ortszentren investiert wird, wird beim Umgang offensichtlich: »Leerstand gibt es bei uns nicht«, erklärte Ortsvorsteher Manfred Rogg. Baulücken werden geschlossen, allzu alte Gemäuer weichen neuen Bleiben für junge Familien, die Ortsmitten sind restauriert.
Das Hauptziel des Wettbewerbs ist es, zu zeigen, wie Dörfer attraktiv bleiben können. Ohne eine funktionierende Dorfgemeinschaft geht's schon mal nicht, da sind sich die Ortsvorsteher Manfred Rogg und Hans Steinhart einig. Die funktioniert hier, da gibt's keinen Zweifel. Beim Punkt Grundversorgung wird zum Beispiel ganz oben das Backhaus angegeben: Brot gibt's auf Bestellung, zum Selberbacken hat es immer geöffnet, 24/7. Wo der Schlüssel zum Abschließen sei, wisse er gar nicht, flachste Rogg. Lebensnotwendiges gibt es am Verkaufswagen oder - wichtiger - bei den Hofläden der Landwirte. Und der Weg nach Gammertingen ist auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht weit.
Sozial aktive Jugend
Und Eis gibt's an der Hütte des Jugendclubs »s'Häusle«. Die Eishütte ist auch so ein Juwel in der Bewerbung. Der Jugendclub »s' Häusle« finanziert mit den Einnahmen nicht die eigenen Feste, sondern hilft in der Not. Los ging's mit der Unterstützung des flutgebeutelten Ahrtals, das jüngste Projekt war die Unterstützung einer Nachsorgeklinik in Tannheim, rund 6.000 Euro wirft die Selbstbedienungseishütte bestückt mit Lautertal-Eis aus Indelhausen regelmäßig für einen guten Zweck ab.
Auf so eine jugendliche Basis kann man bauen, jeder Feld- und Harthäuser ist im Schnitt in 1,68 Vereinen Mitglied. Welcher Verein eine Veranstaltung organisiert, spielt dann keine große Rolle mehr: Es sind immer alle dabei, sagt Hans Steinhart. Mit den Arbeitsplätzen und damit der wirtschaftlichen Basis klappt es auch. Die beiden Gemeinden kommen zusammen auf 654 Einwohner, 202 Arbeitsplätze gibt es vor Ort (nicht alle Vollzeit).
Kinderbetreuung wichtiger Punkt
Wichtig für junge Familien - Stichwort Landflucht - ist die Kinderbetreuung. Es gibt eine Grundschule und einen Kindergarten, die Spielplätze sind in Topform, auch auf den Wanderwegen in der wunderschönen Landschaft. Hier ist übrigens unter anderen auch die Dorfjugend wieder aktiv. Die Gammertinger Alb spielt touristisch unter ihren Möglichkeiten, da wird das Biosphärengebiet oder das Obere Donautal anders vermarktet. Für Naturfreunde sind die Wege und Loipen oder der neue Dolinenpfad noch ein Insidertipp, und die sucht man ja gerade.
Die Prüfungskommission dürfte einen guten Eindruck mitgenommen haben, das Ergebnis wird in wenigen Tagen erwartet. Im Rennen in Baden-Württemberg liegen noch Prinzbach (Biberach), Grießen (Klettgau), Marbach (Herbertingen), Türkheim (Geislingen) sowie Rauenberg (Freudenberg). Nächstes Jahr könnte dann der Aufstieg in die Bundesliga wahr werden. (GEA)