GAMMERTINGEN. Im Gammertinger Gemeinderat gab es einige Wechsel, die neu gewählten Mitglieder haben Gestaltungsmacht, müssen sich aber auch mit der Fortschreibung älterer Beschlüsse befassen. Viel Pflicht statt Kür und Debatte gab es bei der aktuellen Sitzung des Gremiums. Dabei ging es durchaus um für die Laucherttalstadt einschneidende An-gelegenheiten.
- Breitbandausbau
Für die Bundesrepublik ist es ein Milliardenprojekt, für die Kommunen immer noch eines im Bereich von Millionen: der Breitbandausbau im ländlichen Raum. Um die Ballungszentren muss man sich keine großen Sorgen machen. Dort stehen die großen Anbieter Schlange. Anschlüsse für einen Wohnkomplex rechnen sich, die Zahl der später Gebühren zahlenden Nutzer pro Meter verlegtem Kabel passt.
Auf dem flachen Land sieht es anders aus, wenige Gebührenzahler, viele Meter Kabel, das interessiert gewinnorientierte Unternehmen wenig. »Es ist ein Marktversagen der großen Unternehmen«, meinte Volker Höschle, Kaufmännischer Leiter der Breitbandversorgung im Landkreis Sigmaringen (BLS) im Gemeinderat. Damit es auch auf dem Land mit dem schnellen Internet klappt, hat der Bund Förderprogramme aufgelegt. Das »Graue-Flecken-Programm« wurde mittlerweile vom »Dunkelgrauen Fleckenprogramm« abgelöst. In den grauen Flecken herrschte mit einer Übertragungsrate von unter 100 Mbits digitale Tristesse, im Dunkelgrauen tappst man mit unter 500 Mbits im Download durchs Netz. Besonders für Unternehmen, die schnell immer mehr wachsende Datenmenge verarbeiten müssen, ist das ein Problem. Besonders in einem Flächenland wie Baden-Württemberg, das seine Stärke gerade aus den Mittelständlern zieht.
Die technische Lösung sind Glasfaserkabel zu jedem Haushalt und jedem Unternehmen und das kostet immer mehr Geld. Für das Rund-um-sorglos-Paket für Gammertingen hatte die BLS 2022 noch 16,5 Millionen Euro angesetzt, wegen Kostensteigerungen, aber auch einer präziseren Planung, erläuterte Planungsingenieur Mark Latkowski, wird jetzt von 26,9 Millionen Euro ausgegangen. Pro Hausanschluss wurden einst 15.000 Euro angesetzt, jetzt geht die BLS von 17.700 Euro aus. Wobei die Spannen zwischen 10.000 und 20.000 Euro lägen, berichtete Latkowski. In Gammertingen handelt es sich um rund 1.500 Anschlüsse.
Die gute Nachricht: 90 Prozent davon tragen Bund und Land, die Förderzusagen liegen vor. Latkowski geht von einer vorsichtigen Planung aus, bei den Vergaben in anderen Kommunen hat sich gezeigt, dass insbesondere die Planung günstiger werden könnte, als kalkuliert. Um die geht es im nächsten Schritt, Anfang 2029 könnte das Netz stehen.
Weil neben Baukosten auch die Zinsen gestiegen sind, lässt sich das ursprünglich angedachte 70:30-Finanzierungs-Modell nicht halten. Bund und Land fördern den Breitbandausbau ungedeckelt mt 90 Prozent der Kosten, 10 Prozent müssen die Kommunen beitragen. Diese 10 Prozent sollten zu 30 Prozent aus dem Gemeindehaushalt, zu 70 Prozent über einen Kredit bei der BLS finanziert werden. Der Gemeinderat hat nun dem Vorschlag der BLS zugestimmt, dass der Kreditanteil kleiner wird.
Die Gemeinde wird jetzt 50 Prozent des Eigenanteils direkt übernehmen, der Kreditanteil sinkt auf ebenfalls 50 Prozent. Nach dem neuen Modell beträgt der Eigenanteil der Kommune 1,7 Millionen statt 0,6 Millionen Euro. Letztlich wird die Investition der Stadt durch die Pachteinnahmen finanziert, Netzbetreiber wird voraussichtlich die NetCom BW sein.
- Freiflächen-PV einen Schritt weiter
Der Bau zweier Freiflächen-Photovoltaikanlagen geht in die nächste Runde. Im Gewann Brand in Bronnen entsteht eine 6,7 Hektar große Anlage, eine weitere mit 26,5 Hektar noch auf der Gemarkung Gammertingen, aber nahe Feldhausen. Vorhabensträger in Bronnen sind die Stadtwerke Tübingen, bei Feldhausen auf dem Birklesberg die Enerparc AG. Der Gemeinderat hat die Vorplanung gebilligt, die Pläne liegen vom 4. November bis 6. Dezember aus. Die Öffentlichkeit kann sich in dieser Zeit zu den Vorhaben äußern.
- MTW für Gammertingen
Die Abteilung Gammertingen der Freiwilligen Feuerwehr braucht einen neuen Mannschaftstransportwagen (MTW), beim alten läuft der TÜV ab, eine Reparatur lohnt nicht. Feuerwehr und Verwaltung haben mehrere Alternativen ins Auge gefasst, es wird ein vergleichsweise kleiner VW T 6.1 werden. Mit 69.415 Euro passt er in die Finanzplanung der Stadt und er kann bis zum Ende des Jahres auch geliefert werden. »Der T 6.1 ist vollkommen ausreichend«, sagte Kommandant Daniel Zeiler. Die Anschaffung wird mit 13.000 Euro vom Land gefördert.
Auf der Wunschliste der Feuerwehr fürs kommende Jahr steht ein Tragkraftspritzenfahrzeug mit Wassertank (TSF-W) für die Abteilung Harthausen. Das Fahrzeug wird rund 340.000 Euro kosten und muss deswegen europaweit ausgeschrieben werden, beim MTW reichte eine Anfrage bei diversen Autohäusern. Das TSF-W wird erst 2025 ausgeschrieben, Grund sind höhere Förderquoten ab 2025. Auch die angedachte Beschaffung einer Drehleiter soll davon profitieren.
- Beitritt zum Arbeitgeberverband
Die Stadt Gammertingen tritt dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) bei. Die Gemeinde verspricht sich davon laufende Informationen in tarif-, arbeits- und sozialrechtlichen Fragen. Zudem steht der KAV bei Rechtsstreitigkeiten seinen Mitgliedern zur Seite. Die Stadt ist mit 270 Beschäftigten – nicht alle in Vollzeit – ein bedeutender Arbeitgeber, und mit allen Fällen des Personalwesens von der Einstellung bis zum Ausscheiden betraut. Der Mitgliedsbeitrag beläuft sich auf 1.271 Euro jährlich. (wu)