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Aktuell Organspende

Mutter und Frau spendeten diesem Engstinger eine Niere

Von Kindheit an mit Nierenproblemen konfrontiert, durchlebte Peter Brendle eine schwere Zeit. Seine Mutter und später seine Frau spendeten ihm jeweils eine Niere. Heute ist er nicht mehr auf Dialyse angewiesen und kann wieder unbeschwert durchs Leben gehen.

Peter Brendle und seine Frau Gabriele sind ein Herz und eine Seele.
Peter Brendle und seine Frau Gabriele sind ein Herz und eine Seele. Foto: Ifigenia Stogios
Peter Brendle und seine Frau Gabriele sind ein Herz und eine Seele.
Foto: Ifigenia Stogios

ENGSTINGEN. Peter Brendle aus Engstingen kann wieder aufatmen. Dank zweier Organspenden, sowohl seine Mutter als auch seine Frau spendeten ihm jeweils eine Niere, konnte er neue Lebensqualität gewinnen. Am Tag der Organspende erzählt er dem GEA seine Geschichte. 

»Ich kam mit einem verkümmerten Harnleiter zur Welt«, erzählt er. Das ist eine Fehlbildung, die den Urin-Abfluss aus der Niere in die Blase behindert. Die Folge: chronischer Nierenstau. Bereits in jungen Jahren musste er zahlreiche Operationen über sich ergehen lassen – insgesamt waren es bislang 25 Eingriffe.

Die Ärzte sagten seiner Mutter, dass er später mal auf Dialyse angewiesen sein werde. Als der Engstinger in die vierte Klasse ging, wagten Mediziner einen großen Meilenstein. Sein Harnleiter wurde durch ein Stück seines Dünndarms ersetzt. Für diesen damals europaweit ersten Eingriff reiste eigens ein Spezialist aus Amerika an. Weltweit war Brendle zu diesem Zeitpunkt erst der dritte Patient, der mit dieser Methode operiert wurde.

Mutter spendet Niere

Bis zu seinem 28. Lebensjahr ging es Brendle gesundheitlich gut und er konnte ein normales Leben führen. »Ich habe meine Ausbildung gemacht und gearbeitet«, erinnert sich der 56-Jährige, der bei der Firma Bosch in Reutlingen tätig ist. Doch mit der Zeit häuften sich die Entzündungen, und die Nierenfunktion verschlechterte sich.

»Meine Mutter hat sich untersuchen lassen, ob sie als Spenderin infrage kommt«, so der Engstinger. 1998 erhielt er schließlich die Niere von ihr. »Das Organ hat 25 Jahre gehalten. Während dieser Zeit war ich selten krank.« Die zweite Niere, die nicht mehr leistungsfähig war, konnte er erstmal behalten. »Man kann mit nur einer funktionsfähigen Niere gut leben«, sagt der 56-Jährige. Für seine Mutter, die heute 84 Jahre alt ist, verlief die Organspende reibungslos.

Nierenwerte verschlechtern sich

Im Jahr 2021 verschlechterte sich Brendles Gesundheitszustand erneut. Die Nierenwerte sanken dramatisch. »2023 war es dann so schlimm, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte.« Im Juni desselben Jahres führte kein Weg mehr an einer Dialyse vorbei. Doch es gab einen Hoffnungsschimmer: Seine Frau erklärte sich bereit, ihm eine Niere zu spenden.

Kennengelernt haben sich die beiden im Jahr 2009 bei der Fasnet. »Ich war als Hexe unterwegs und er als Hurgele«, erinnert sich Gabriele Brendle und schmunzelt. Schon damals engagierte sich Peter Brendle für den Narrenverein Großengstingen. Er war Schriftführer, inzwischen ist er Vorstand. Vor zehn Jahren heirateten die Zwei und die Karlsruherin zog der Liebe wegen nach Engstingen. Weil sie ein Herz für Tiere hat, machte sie sich stark für den Tierschutzverein Münsingen. Nun ist sie zweite Vorsitzende. Außer der Leidenschaft fürs Ehrenamt verbindet das Ehepaar die Art und Weise, wie sie mit ihren gesundheitlichen Problemen umgehen. »Ich habe ihm von meinem Rheuma und der Schuppenflechte erzählt«, sagt die 60-Jährige. Sie ergänzt: »Wir haben von Beginn an sehr offen über unsere Krankheiten gesprochen.«

Schwierigkeiten überwunden

Weil Gabriele Brendle an einer Autoimmunkrankheit leidet, gab es die Befürchtung, nicht spenden zu können. Doch letztendlich verlief alles reibungslos. Allerdings »mussten wahnsinnig viele Untersuchungen gemacht werden«, berichtet die 60-Jährige. Was jetzt anders war als bei der Organspende von Mutter zu Sohn: die nicht übereinstimmenden Blutgruppen. Vor über zehn Jahren wäre das noch ein Problem gewesen, jetzt ist die Hürde überwindbar. Mit einer Blutwäsche, die der Empfänger bekommt, werden alle Antikörper herausgefiltert. Dann kann die OP stattfinden. »Das ist pure Aktion für den Körper, danach fühlte ich mich kraftlos«, erzählt Peter Brendle.

"Alles andere als kraftlos fühlte sich hingegen Gabriele Brendle. "Ich bin nicht ins Schwächeln gekommen oder in ein Loch gefallen. Ich habe mich kein einziges Mal vor dem Prozess der Organspende gefürchtet. Dass die OP kein Spaziergang sein wird, war mir schon klar, aber ich wollte meinen Mann nicht mehr leiden sehen." Kurz vor der Transplantation musste sie noch die Ethikkommission von ihrem Vorhaben überzeugen. Die bestand aus "fünf Ärzten und einem Pfarrer, die mir Fragen gestellt haben. Sie mussten überprüfen, wie gut aufgeklärt ich war". Als auch sie das grüne Licht gaben, stand der Organspende nichts mehr im Weg.

Täglich 15 Tabletten

Knapp eine Woche nach dem Eingriff konnte Gabriele Brendle das Krankenhaus verlassen. Nur die ersten drei Tage seien hart gewesen. »Ich war gefühlt am ganzen Körper verkabelt und völlig neben der Spur.« Danach ging es bergauf. Ihr Mann musste drei Wochen in der Klinik bleiben. Alle vier bis sechs Wochen muss er jetzt sein Blut untersuchen lassen. »Davor bin ich bisschen angespannt«, verrät er. »Es kam sogar schon vor, dass seine Nierenwerte, wenn auch minimal, besser als meine waren«, sagt Gabriele Brendle.

Täglich muss Peter Brendle 15 Tabletten schlucken und sich regelmäßig spritzen, weil er aufgrund der vielen Medikamente auch unter Diabetes leidet. Zusätzlich habe er eine 30 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an Hautkrebs zu erkranken. »Deshalb trage ich auch im Sommer lange Hosen«, sagt er.

Ansonsten führt Peter Brendle ein weitgehend sorgenfreies Leben. »Jetzt können wir wieder an den Wochenenden mit unserem Wohnmobil wegfahren«, sagt Gabriele Brendle und ihre Augen strahlen. »Ich bin dankbar, dass ich meinen Mann wieder zurück habe und dass sich unsere Lebensqualität deutlich verbessert hat.« (GEA)