Logo
Aktuell Bürgerentscheid

Engstingen hat entschieden: Feuerwehrhaus kommt in die neue Ortsmitte

In Engstingen wurde in einem Bürgerentscheid über den Standort des neuen Feuerwehrhauses entschieden. Die Engstinger folgten den Argumenten der Bürgerinitiative, der Feuerwehr und des Bürgermeisters: Das Gebäude, in dem künftig die Abteilungen Groß- und Kleinengstingen untergebracht werden, kommt in die Neue Ortsmitte.

Die Feuerwehr bekommt ihren gewünschten Standort.
Die Feuerwehr bekommt ihren gewünschten Standort. Foto: Steffen Wurster
Die Feuerwehr bekommt ihren gewünschten Standort.
Foto: Steffen Wurster

ENGSTINGEN. »Sind Sie dafür, dass das neue Feuerwehrhaus in der «Neuen Ortsmitte» an der Kleinengstinger Straße (gegenüber des Rewe-Markts) gebaut wird?«, lautete die Frage, die es beim Bürgerentscheid in Engstingen zu beantworten galt. Das Ergebnis ist klar: 1.840 Engstinger, also 62,4 Prozent, stimmten mit »Ja« und sprachen sich für den Vorschlag der von Thorsten Rehmann und Jürgen Elsner ins Leben gerufenen Bürgerinitiative aus, 1.094 hätten die Alternative »Festplatz« bevorzugt.

Dass es über den Standort eines profanen Zweckbaus zu einem Bürgerentscheid kommt, ist ungewöhnlich. Die Abstimmungsbeteiligung von 71,3 Prozent spricht aber dafür, dass das Thema die Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Wochen beschäftigt hat. Auch wenn der Abstimmungstermin gemeinsam mit den Europa- und Kommunalwahlen noch ein paar Prozente gebracht haben könnte.

Wie kam es überhaupt zum Bürgerentscheid? Eine banale Antwort ist, dass Engstingen ein Luxusproblem hat. Gleich zwei Standorte wurden von den Planungsbüros als geeignet betrachtet, der jetzige Sieger Neue Ortsmitte und der Festplatz hinterm Automuseum. Die zwei Alternativen liegen beide zentral zwischen den Teilorten Groß- und Kleinengstingen. Engstingen will weiter zusammenwachsen, die Abteilungen der Feuerwehr auch. Dass die Abteilungen künftig unter einem Dach untergebracht werden, war auch ohne Bürgerentscheid klar, und selbstverständlich gut erreichbar zwischen den Teilorten.

Welcher Standort der bessere sei, darüber gab es unterschiedliche Meinungen. Der Gemeinderat hätte den Festplatz bevorzugt, auch hier gab es eine Mehrheit, genauso deutlich wie jetzt im Bürgerentscheid: Zehn Ja- gegenüber fünf Nein-Stimmen, so sprachen sich die Räte für den Festplatz aus. Für den Festplatz, aber gegen den Wunsch der Feuerwehr, die es prominent in die neue Ortsmitte zieht.

Bei der Entscheidung der Gemeinderatsmehrheit spielten vor allem städtebauliche Aspekte eine Rolle. In der Neuen Ortsmitte wird der auf 70 Meter Breite geschätzte Neubau einiges an Platz belegen, der hier für andere Projekte, etwa ein Mehrgenerationenquartier, fehlen würde. Während der Festplatz seit Jahren brach liegt und einer sinnvollen Nutzung harrt - ohne Perspektive auf eine schnelle Bebauung, meinen zumindest die Räte. Ein »Feuerwehrquartier« mit Erweiterungsmöglichkeiten, dazu im Zuge der Erschließung eine Straße hoch zur Siedlung Berg nebst Rad- und Fußgängerweg, hätte der Ortsmitte insgesamt, nicht nur der »Neuen«, gutgetan.

Vorgeschichte des Bürgerentscheids

Engstingen hat im Jahr 2020 einen Feuerwehrbedarfsplan beschlossen. In diesem Plan wird der Neubau eines gemeinsamen und zentral gelegenen Feuerwehrhauses für die Abteilungen Großengstingen und Kleinengstingen vorgeschlagen. Die bestehenden Gebäude entsprechen nicht mehr den Anforderungen, keines bietet Raum für Erweiterungen, beide liegen nicht verkehrsgünstig. Ein Neubau zwischen den Ortsteilen, der auch das Zusammenwachsen der Abteilungen fördern soll, bot sich also an. Die Planungen für die Erschließung der Neuen Ortsmitte haben eine längere Vorgeschichte. Die »beleuchteten Wiesen«, erschlossene, aber nicht bebaute Grundstücke, liegen dem Gemeinderat schon lange auf der Seele. Mittlerweile hat die Gemeinde die meisten Grundstücke in der Neuen Ortsmitte erworben. Allerdings noch nicht alle, deswegen gibt es noch keine städtebauliche Planung für das Areal.

Der Gemeinderat hat sich trotzdem mit der Frage eines Standorts für ein neues Feuerwehrhaus befasst. Bei öffentlichen Sitzungen in den Jahren 2021 und 2022 sowie bei einer Klausurtagung mit Feuerwehr und Kreisbrandmeister im März 2022. Eine nach der Klausurtagung von Planungsbüros erstellte Machbarkeitsstudie ergab, dass zwei Standorte geeignet sind: in der Neuen Ortsmitte gegenüber des Rewe-Markts oder auf dem Festplatz beim Automuseum.

Der Gemeinderat hat sich auf Basis der Studie und der vorangegangenen Beratungen in öffentlicher Sitzung mit zehn Ja- gegenüber fünf Nein-Stimmen für den Festplatz entschieden. Feuerwehr und Bürgermeister Mario Storz sprechen sich für die Neue Ortsmitte aus. Dagegen regte sich Widerstand, der Bürgerentscheid »Standort Feuerwehrhaus in der Neuen Ortsmitte« wurde auf den Weg gebracht, durch Beschluss des Gemeinderats. Am 15. Mai fand zu dem Thema eine Einwohnerversammlung statt, informiert wurde auch durch eine Broschüre.

Am 9. Juni haben sich die Engstinger mit 1.840 Ja- zu 1.094 Nein-Stimmen für den Standort Neue Ortsmitte entschieden. (wu)

Die Feuerwehr legte, was sie auch tun muss, zuerst Wert auf die Erfüllung ihres Auftrags. Vor allem die bessere Verkehrsanbindung wurde hoch gewichtet, mit sicheren Zu- und Abfahrten im stressigen Einsatzfall und einer noch besseren Erreichbarkeit für die Ehrenamtlichen. Aber auch die Symbolik spielte ausdrücklich eine Rolle in der Begründung des Bürgerentscheids. Bürgermeister Mario Storz hatte sich hinter die Feuerwehr gestellt und hervorgehoben, dass ein gut sichtbares Feuerwehrhaus über die Wehr hinaus ein verbindendes Element sein könne. Die Feuerwehr gehöre als wichtige Institution sichtbar in die Mitte der Gesellschaft und der Gemeinde, meint Storz.

Sowohl die Gemeinderatsmehrheit als auch die Feuerwehr haben sich über Jahre sorgfältig mit der Standortfrage befasst, keiner hat sich die Entscheidung leicht gemacht. Auch die Bürger nicht, wie die sehr hohe Wahlbeteiligung gezeigt hat. Beide Alternativen haben ihre Vor- und Nachteile, beiden würden gleichermaßen Herausforderungen in der Zukunft mit sich bringen. »Ich kann mit beiden Standorten leben«, sagte ein Engstinger vor Ende der Auszählung im Rathaus. Oder wie es Bürgermeister Storz sagte: »Nun gilt es, gemeinsam am Standort Neue Ortsmitte die Planungen voranzubringen.« (GEA)