ENGSTINGEN. Es ist ein Ärgernis: Lange Bauarbeiten, eine marode Straße wird saniert, mit all dem Ärger und der Einschränkungen für die Anwohner. Und kurze Zeit später wird der makellose neue Belag wieder aufgerissen, wieder Bauarbeiten und das neue Sträßle hat schon wieder einen Flicken. So geschehen auch in Engstingen in der Schwefelstraße. Die Sanierung der Straße in Kleinengstingen war eines der großen Projekte der Albgemeinde, der Posten tauchte über Jahre im Haushaltsplan auf. Im vergangenen Herbst war geschafft, der letzte Bauabschnitt vollendet, die Schwefelstraße wieder fit für die kommenden Jahrzehnte. Dann kam die Telekom.
Erklärung der Telekom
Die Telekom nahm auf GEA-Anfrage Stellung: "Wir können bestätigen, dass es tatsächlich gegen Ende des vergangenen Jahres eine Störung in der Nähe des betroffenen Bereichs gab. Diese Störung trat kurz nach Abschluss der Straßenbauarbeiten auf, allerdings war die Auswirkung zunächst an einem anderen Ort zu beobachten, weshalb ein direkter Zusammenhang nicht sofort erkannt wurde. Das Straßenbauvorhaben in diesem Gebiet wurde in zwei Schritten durchgeführt: Der erste Teil erfolgte vor zwei Jahren, der zweite Teil wurde zum Ende des letzten Jahres abgeschlossen.
Genau am Übergang zwischen diesen beiden Bauabschnitten kam es zu einem Defekt an einem unserer Kabel. Solche Schäden sind nach umfangreichen Bauarbeiten nicht unüblich, da die Kabel durch die Bauaktivitäten stark beansprucht werden können. Wir bestätigen, dass wir im Januar an der Steinbühlstraße Ecke Schwefelstraße neben der Straße gegraben haben, um den Defekt zu beheben. Allerdings möchten wir darauf hinweisen, dass es vor Ort noch weitere offene Gruben gibt, die nicht zu unseren Arbeiten gehören."
So weit, so ärgerlich. Die Telekom hat einen Grundversorgungsauftrag, wenn's Telefon oder der Internetanschluss nicht funktioniert, muss sie tätig werden. Was Bürgermeister Mario Storz aber wirklich ärgert, ist die Vorgeschichte zu der Störungsbehebung. »Bei Straßenbauprojekten werden alle Beteiligten eingeladen. Da treffen sich die Gemeinde und ihr Planer mit den Baufirmen und auch allen, die Leitungen im Untergrund haben«, erklärt der Bürgermeister. Mittlerweile hat sich das gut etabliert, die Infrastrukturunternehmen haben ja auch ein Interesse daran, zu arbeiten, wenn die Straße schon offen ist.
»Das klappt mit der Netze BW, das klappt mit dem Breitbandversorger BLS - mit der Telekom aber nicht.« Netze BW und BLS würden jede Möglichkeit nutzen, ihre Kabel kostengünstig unter den Boden zu bekommen. Bei der Telekom sei das Interesse an vorausschauender Planung aber gering. »Da bekommt man oft nicht einmal einen Rückruf.« Und wenn bei einem Ortstermin, das gab's auch in der Schwefelstraße, ein Vertreter der Telekom erscheint, hat der oft wenig Fachkenntnis und schon gar keine Befugnisse. »Der Termin hat nicht so gut geklappt«, sagt Storz vorsichtig. Auch das geballte Fachwissen von Planern und Fachfirmen, die Lösungsvorschläge geliefert haben, habe bei der Telekom keine Reaktionen ausgelöst. »Wir wollen vor Ort jemand mit Kompetenz und Entscheidungsbefugnis«, sagt der Bürgermeister, »nicht die Vertretung der Krankheitsvertretung.«
In der Schwefelstraße war eigentlich jedem Beteiligten klar, dass hier über kurz oder lang wieder gegraben werden muss. Die Telekom-Leitungen verlaufen zum Teil oberirdisch aufgespannt an Holzmasten: »21. Jahrhundert ist das nicht«, sagt der Bürgermeister. Die Kabel, die bei den Arbeiten unter der Erde zum Vorschein kamen, waren offensichtlich am Ende ihrer Lebensdauer, brüchig und spröde. Das beauftragte Tiefbauunternehmen hat sie vorsichtig aus- und kopfschüttelnd wieder eingebaut, behutsam in offenen Halbschalen. Dass es dann kurz darauf zu Störungen kommen würde, sei absolut vorhersehbar gewesen. Und genau so ist es auch passiert. Die Störungssuche gestaltete sich schwierig, vielleicht auch, weil die Telekomler, die sich mit den Oberlandkabeln befassen, mit den Untergrund-Kollegen nicht so eng wie gewünscht zusammenarbeiten.
Den Ärger bekommt das Rathaus ab
Den verständlichen Ärger der Bürger bekommt das Rathaus ab. »Wir tun alles, um sowas zu vermeiden«, versichert Storz, »aber im Tagesgeschäft haben wir den schwarzen Peter.« Er stellt klar, dass das ständige Gebuddel nicht von schlechter Planung in der Gemeinde herrührt. Die Verwaltung kostet das Verhalten der Telekom viel Zeit und Nerven. Storz hat jetzt seinen Zeitaufwand zusammengestellt und der Telekom eine Rechnung geschickt. 525 Minuten oder 8,75 Arbeitstage hat er für den Koordinationsaufwand mit der Telekom in Sachen Schwefelstraße aufgelistet. 831,25 Euro hat der Storz der Telekom dafür in Rechnung gestellt, auf eine Antwort wartet er noch.
E-Mails und Telefonate mit dem Planer, der Telekom und Anwohnern sowie Ortstermine kosten Zeit. »Das kann nicht unsere Aufgabe sein«, sagt der Rathauschef, der auch auf die Baustelle und vor Ort Entscheidungen fällen muss, wenn die Telekom zwar Kabel verlegen will, das Material aber nicht termingerecht auf die Baustelle bringt. »Die Tiefbauer haben ihre Termine, die können nicht tagelang rumstehen und auf Kabel warten.« Eine Baugrube wurde aufgefüllt, »zwei Tage später war das Kabel da«, erzählt er als Beispiel - der Schotter musste wieder raus, zumindest wurde noch nicht asphaltiert. Weil die Schwefelstraße kein Einzelfall ist, möchte Storz auch für die Rathausmannschaft deutlich klarstellen: »Wir verschlafen da nichts.« (GEA)