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Aktuell Vernissage

Zwei Eninger Künstler im direkten Vergleich

Im Paul-Jauch-Haus in Eningen sind bis zum 13. Juli die Zeichnungen von Paul Jauch und Hermann Emmert nebeneinander zu bewundern.

Mit dem Blick eines Künstlers und geübter Hand zeichnete Hermann Emmert 1921 eine Ansicht aus Dinkelsbühl.
Mit dem Blick eines Künstlers und geübter Hand zeichnete Hermann Emmert 1921 eine Ansicht aus Dinkelsbühl. Foto: Gabriele Böhm
Mit dem Blick eines Künstlers und geübter Hand zeichnete Hermann Emmert 1921 eine Ansicht aus Dinkelsbühl.
Foto: Gabriele Böhm

ENINGEN. An der Bleistiftzeichnung einer Szenerie aus Dinkelsbühl, die Hermann Emmert 1921 anfertigte, lassen sich der gekonnte Einsatz von Techniken, Blickwinkel, Lichtwinkel, Perspektive und Komposition erkennen. Am Sonntag fand mit rund 50 Gästen die Vernissage zur Ausstellung »Linie & Landschaft« statt, in der im Paul-Jauch-Haus 21 Werke der beiden Eninger Künstler Hermann Emmert und Paul Jauch zum direkten Vergleich nebeneinander gehängt wurden. Konzipiert wurde die Ausstellung vom Paul-Jauch-Freundeskreis, auf die Idee gebracht durch die Emmert-Präsentation in der Buchhandlung Litera im Herbst 2024. »Häufig haben die Emmert-Bilder keine Jahreszahl und keinen Titel«, sagte Helga Walz. Für die beschwingte musikalische Umrahmung sorgten »Harry and Friends«.

Vorsitzender Wolf-Dieter Baumann begrüßte die Kunstinteressierten im Saal der Musikschule, in den die Veranstaltung wegen des drohenden Gewitters verlegt worden war. Geplant für die Ansprachen war eigentlich der Garten des Jauch-Hauses und nicht das Gebäude selbst, das sich laut Baumann in einem prekären Zustand befindet. »Die Ausstellung selbst ist genehmigt, jedoch nicht eine solche Menschenmenge«, sagte er. Und versprach: »Der Freundeskreis ist aber weiterhin aktiv und nicht zu bremsen.«

Auf der Alb verwurzelt

»Beide Künstler sind auf der Alb verwurzelt und waren oft mit einem Zeichenblock in der Natur unterwegs«, sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Barbara Dürr und regte an, doch einmal selbst die reizvollen Malplätze aufzusuchen. In seinem Einführungsvortrag erinnerte Hermann Pfeiffer, der über Paul Jauch veröffentlicht hat, an die zahlreichen Ausstellungen, die in der letzten Dekade über den Künstler stattfanden. 1870 in Schwenningen geboren, kam Jauch nach dem frühen Tod des Vaters durch die Umsiedlung seiner Mutter mit ihren vier Kindern in ihre Heimatgemeinde Eningen an die Achalm. Gerne bewegte sich der ausgebildete Dekorationsmaler und Autodidakt wandernd durch die Landschaft, versuchte sich zunächst in der Aquarell- und Ölmalerei und stellte dann fest, dass ihm das Zeichnen näher war: »Ich gelangte zu der Überzeugung, dass das bescheidene Bleistiftmaterial mit all seinen Härtegraden eine unerschöpfliche Fundgrube für technische Ausdrucksmöglichkeiten bietet«, schrieb Jauch.

Emilie und Paul Jauch.
Emilie und Paul Jauch. Foto: Privat
Emilie und Paul Jauch.
Foto: Privat

Hermann Emmert, so Pfeiffer, sei in Eningen erst durch die Litera-Ausstellung 2024 wieder ins Bewusstsein gelangt. »Viele haben mir seitdem ihre Bilder von Emmert gezeigt und beschrieben«, berichtete Albrecht Andres, Inhaber der Buchhandlung. Grundlage seiner damaligen und der aktuellen Ausstellung sind die Werke, die durch einen Glücksfall vor der Entsorgung im Container gerettet werden konnten. Frank Hausmeier vom Heimat- und Geschichtsverein Eningen hatte daraufhin aus den Tagebuchaufzeichnungen und schriftlichen Erinnerungen Hermann Emmerts einen Flyer zusammengestellt.

Im Weltkrieg an der Front

Emmert kam 1894 in Schmalfelden im Hohenloher Land zur Welt. Schon früh musste er mit seinen Geschwistern auf dem Bauernhof mit Gastwirtschaft und Bäckerei der Eltern mithelfen, berichtete Pfeiffer. Inspiriert von seinem Onkel ergriff Emmert den Lehrerberuf. 1912 erhielt er in Blaubeuren seine erste Stelle und erkundete wandernd die Schwäbische Alb. Im Ersten Weltkrieg musste der Pädagoge an die Front, wurde verwundet und geriet in englische Gefangenschaft. Die Zeit dort habe er genutzt, um sich zeichnerisch und malerisch weiterzubilden.

So kannte man ihn: Hermann Emmert auf einem privaten Bild.
So kannte man ihn: Hermann Emmert auf einem privaten Bild. Foto: Privat
So kannte man ihn: Hermann Emmert auf einem privaten Bild.
Foto: Privat

Emmert entschloss sich, den künstlerischen Weg weiterzuverfolgen. Nach dem Krieg studierte er neben seiner Lehrerstelle abends an der Kunstakademie und Technischen Hochschule Stuttgart und von Herbst 1922 bis Sommer 1923 in einem Vollstudium. 1923 gewann er den Akademiepreis mit seinem Don Quichote-Zyklus. Die früh entwickelte Sehnsucht nach der Alb führte Emmert 1926 zu einer erfolgreichen Bewerbung auf eine Planstelle für Zeichen- und Turnunterricht in Eningen. »Eningen ist mir die Zweite, die schönere Heimat geworden«, schrieb er.

Russische Gefangenschaft

1933 heiratete er Hedwig Mayer, mit der der zwei Kinder hatte. »Im Juni 1941 erreichte ihn erneut der Dienst an der Waffe«, berichtete Pfeiffer. Emmert kam in russische Gefangenschaft und kehrte 1946 nach Eningen zurück, wo er wieder seinen Lehrauftrag übernahm. Im Januar 1985 verstarb der Künstler in Eningen. Baumann nahm anschließend betroffen Bezug auf die beiden Weltkriege, die Emmert hatte durchleben müssen. »Gerade in der heutigen Zeit fällt es besonders schwer, das zu hören.«

Wie Jauch beschrieb sich auch Emmert als Zeichner, nicht als Maler. Wer die Werke vergleichen möchte, sei eingeladen, etwas Zeit mitzubringen und im Detail zu betrachten, wie die beiden Künstler mit dem weicheren oder härteren Bleistift umgingen und ihn für exakte Linien, Schraffuren oder Gitter und mit leichterem oder stärkeren Aufdrücken einsetzten. (GEA)

Öffnungszeiten

Die Ausstellung "Linie & Landschaft" kann vom 22. Juni bis 13. Juli jeden Sonntag im Paul-Jauch-Haus in Eningen, Eitlinger Straße 5 besichtigt werden. Geöffnet ist immer von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. (gb)